Das Bild zeigt Stromleitungen und Abgase von Industrieanlagen.
/ 29. August 2021

Im Jänner soll die ökosoziale Steuerreform kommen. Ein CO2-Preis, umgesetzt über CO2-Steuern oder einen Emissionshandel, soll den Treibhausgasausstoß verteuern. Das soll dazu führen, dass klimaschädliche Treibhausgasemissionen reduziert werden und die Kosten der Umweltverschmutzung stärker von den Verursacher:innen getragen werden. Während CO2-Preise somit ein wichtiges Instrument im Kampf gegen den Klimawandel sind, zeigt die Forschung, dass CO2-Preise unerwünschte verteilungsökonomische Auswirkungen haben: Haushalte mit niedrigem Einkommen zahlen relativ zu ihrem Einkommen mehr als reichere Haushalte. Dazu kommt, dass CO2-Preise keine Rücksicht auf die tatsächliche Verfügbarkeit von klimafreundlichen Alternativen nehmen. Haben Haushalte beispielsweise keinen Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, so müssen sie trotzdem den CO2-Preis für die notwendige Nutzung ihres PKWs zahlen. Entscheidend für eine notwendige sozial-ökologische Steuerreform ist daher die Rückverteilung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung. Wir haben verschiedene Rückverteilungsmaßnahmen verteilungsökonomisch analysiert und auf ihre Treffsicherheit abgeklopft. 

CO2-Steuern: Treffsichere Rückverteilung über Maßnahmenmix

Für die Studie wurde ein Maßnahmenpaket bestehend aus mehreren Teilen simuliert und einer CO2-Steuer von EUR 150 pro Tonne CO2-Äquivalent gegenübergestellt (s. Tabelle unten). Erstens sollen zwei Härtefallboni die Steuerleistung für Haushalte mit besonders niedrigem Einkommen auf je EUR 500 pro Jahr für Treibstoffe und Raumwärme deckeln. Insgesamt würde die Steuerleistung somit maximal EUR 1.000 pro Jahr betragen. Zweitens sollen Mieter:innen, die keinen direkten Einfluss auf den Heizungstausch haben, mit einem Wohnkostenbonus von EUR 110 pro Jahr unterstützt werden. Drittens soll es für Haushalte mit einer schlechten Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz einen Mobilitätsbonus von EUR 310 pro Jahr geben. Zusätzlich soll ein sozial gestaffelter Ökobonus Haushalte mit niedrigem Einkommen unterstützen: Haushalte mit einem Nettojahreseinkommen (inkl. Sozialleistungen) von weniger als EUR 20.000 sollen rund EUR 240 pro Jahr erhalten. Der Ökobonus reduziert sich bis zu einem Nettojahreseinkommen von EUR 25.000 auf die Hälfte. Haushalte mit einem Nettojahreseinkommen von über EUR 25.000 würden somit rund EUR 120 pro Jahr erhalten. Sämtliche Maßnahmen sind dabei bedarfsgewichtet und beziehen sich auf Einpersonenhaushalte. Größere Haushalte bekommen also entsprechend höhere Transfers. Das Maßnahmenpaket würde insgesamt rund 2,7 Mrd. Euro an die Haushalte rückverteilen. Das entspricht den simulierten Einnahmen aus einer CO2-Steuer von 150 Euro pro Tonne im Haushaltssektor. Die Reform wäre damit budgetneutral.

 

Die Ergebnisse der Simulation zeigen eine hohe Treffsicherheit des Maßnahmenpakets. Insgesamt profitierten rund 60 % der Haushalte von der Reform. 60 % der ländlichen Haushalte haben nach der Reform mehr Geld zur Verfügung als vor der Reform. Bei den Mieter:innen sind es 75 % und bei Haushalten im untersten Einkommensfünftel sogar 85 %. Damit ermöglicht das Maßnahmenpaket eine ökologisch wirkungsvolle CO2-Bepreisung, während Rücksicht auf Haushalte mit niedrigem Einkommen und fehlenden umweltfreundlichen Alternativen genommen wird. Um die Wirkung der CO2-Steuer weiter zu verbessern sollten außerdem umweltfreundliche Alternativen, vor allem im Bereich der Mobilität, geschaffen werden. 

Gezielte Entlastung mittels Maßnahmenpaket: Insgesamt profitieren fast 60 % der Haushalte von der Steuerreform. Im ersten Einkommensfünftel sind es sogar 84 %. 

Allgemeine Steuer- und Beitragssenkungen wenig treffsicher

In der Studie wurde zudem eine mögliche Rückverteilung über eine Senkung der Lohn- und Einkommensteuer bzw. über Senkungen der Sozialversicherungsbeiträge analysiert. Konkret wurde dazu eine Erhöhung der Negativsteuer sowie der Steuerfreigrenze simuliert, um die Steuerreform möglichst im unteren Einkommensbereich wirken zu lassen. Auch eine Senkung der Krankenversicherungsbeiträge um 3 Prozentpunkte wurde simuliert.

Eine Rückverteilung der Einnahmen aus der CO2-Steuer über das Lohn- und Einkommensteuersystem entlastet ärmere Haushalte unzureichend. Mittlere und hohe Einkommensgruppen profitieren deutlich stärker von Steuersenkungen.

Die Ergebnisse zeigen, dass die untersten Einkommensgruppen nur unzureichend unterstützt werden können: Die durchschnittliche Unterstützung liegt im untersten Einkommensfünftel sowohl bei der Steuersenkung als auch bei der Senkung der Sozialversicherungsbeiträge unter der durchschnittlichen Steuerleistung. Viele Haushalte mit niedrigem Einkommen verlieren also durch die Reform. Dagegen profitieren vor allem Haushalte im mittleren und oberen Einkommenssegment von der Reform. Im Schnitt würden Haushalte im reichsten Einkommensfünftel rund 4,5-mal stärker von der Beitragssenkung profitieren als Haushalte im ärmsten Einkommensfünftel. Für eine ökosoziale Steuerreform ist eine Rückverteilung über das Steuer- und Beitragssystem daher nicht geeignet. Zudem fehlt im Vergleich zum Maßnahmenpaket die gezielte Unterstützung von stark betroffenen Haushalten, sowie von Haushalten, denen keine umweltfreundlichen Alternativen zur Verfügung stehen. 

Eine Rückverteilung der Einnahmen aus der CO2-Steuer über die Senkung von Sozialversicherungsbeiträgen entlastet ärmere Haushalte unzureichend. Reiche Haushalte profitieren dagegen sehr stark durch die Beitragssenkung.

CO2-Steuer allein reicht nicht

CO2-Preise sind eines von vielen Instrumenten im Kampf gegen die Klimakrise. Damit Menschen umweltfreundlicher handeln, brauchen sie die entsprechenden Alternativen. Öffi-Systeme und Fernwärmenetze müssen ausgebaut werden. Auch der Rad- und Fußverkehr muss attraktiver und sicherer gemacht werden, etwa indem neue Radwege mit baulicher Trennung errichtet werden. Ein weiteres Problem von CO2-Preisen liegt außerdem darin, dass sie umweltschädliches Verhalten zwar teurer machen aber nicht verbieten. CO2-Preise müssen daher eine angemessene Höhe haben, um zu wirken, wobei diese Höhe von Haushalt zu Haushalt und von Unternehmen zu Unternehmen variieren wird. Eine Alternative dazu können Regulierungen darstellen. Beispielsweise könnten als Alternative zu CO2-Steuern auf Treibstoffe auch einfach Verbrennungsmotoren verboten werden oder autofreie Zonen in Städten geschaffen werden. CO2-Steuern sollten daher immer nur als ein Element von vielen Elementen begriffen werden. 

 

Die ganze Studie gibt's hier zum Download:

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