Vermögensverteilung in Österreich
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  Gastbeitrag
/ 10. September 2019

Vermögen ist ein großes Tabu, denn über Geld spricht man nicht. Das gilt aber nicht nur für den persönlichen Austausch, sondern auch für die Forschung. Es gibt viel mehr Daten zu sozial schlechter gestellten Menschen als zu Vermögen. Das änderte sich erst mit der europaweiten Erhebung zur Finanzsituation und Konsum der Haushalte (HFCS – Household Finance and Consumption Survey). Diese Erhebung liefert erste Anhaltspunkte für die Vermögen in Österreich.

Vermögen in Österreich

Laut einer aktuellen Studie der Nationalbank ist das Einkommen noch ungleicher verteilt als man glauben möchte. Das reichste Prozent besitzt in Österreich rund 50 % des Nettovermögens, restliche Vermögen ist auf die Übrigen 99% (ca. 3,86 Millionen Haushalte) aufgeteilt.

Wer mehr als 500.000 Euro an Vermögen besitzt, gehört zu den reichsten 10 % in Österreich. Bei Befragungen glaubt keiner dieser Haushalte, wirklich zu den reichsten zu gehören, sie ordnen sich wie die überwiegende Mehrheit (70%) in der Mitte ein.

Daraus folgt: Bei den Vermögen gibt es keine breite Mittelschicht, wie wir sie von den Einkommen kennen. Der Reichtum ist bei wenigen Superreichen konzentriert.

Die reichsten Haushalte besitzen vermehrt Unternehmensbeteiligungen, Wertpapiere und Zinshäuser, in der ärmeren Hälfte ist es meist ein Auto und ein Sparbuch.

Beim Beitrag von vermögensbezogenen Steuern zum gesamten Steueraufkommen liegt Österreich in der OECD an drittletzter Stelle, nur knapp vor der Slowakei und Estland. Vermögensbezogene Steuern trugen 2016 in Österreich rund 1,3% zum Steuerkuchen bei, 1965 waren es noch rund 4 %.

Was sind die Fakten zu Vermögen in Österreich?

Es gab lange so gut wie keine Daten zu Vermögen in Österreich. Aber seit 2010 erhebt die Österreichische Nationalbank im Zuge des europaweiten Househoulds Finance and Consumption Survey (HFCS) im Zuge einer Umfrage die Vermögensverhältnisse in Österreich (zuletzt 2017).

Die wenigen wirklich Reichen sind in der Studie allerdings nicht erfasst. Ein großer Teil war wohl gar nicht in der Stichprobe und zum anderen ist die Teilnahme freiwillig, was das Fehlen der Reichsten in der Studie auch erklären kann.

Aufgrund der schwierigen Datenlage zu Vermögen in Österreich haben Forscher der Johannes Kepler Universität Linz die Daten mit statistischen Verfahren und unter Berücksichtigung von anderen Erhebungen an die Realität angenähert. Das Ergebnis ist eine vorsichtige Schätzung, es sind selbst in diesem Ergebnis keine MilliardärInnen enthalten. Aber es sind die besten verfügbaren Daten zur Vermögenslage in Österreich.

Darüber hinaus gibt es noch Vermögenserhebungen von Banken und Medien, wie zum Beispiel die Reichenlisten des Magazin Forbes oder die globale Vermögenserhebung der Credit Suisse.

 

Vermögen in Österreich: Was wird diskutiert?

Auf der persönlichen Ebene gilt: Über das eigene Vermögen wird in Österreich ungern gesprochen und die meisten schätzen sich selbst falsch ein, was ihre Position entlang der Vermögensverteilung betrifft. Wenn es um das Vermögen der Anderen geht, ist es oft eine Mischung aus Neid und Bewunderung die die Diskussion antreibt. In der wissenschaftlichen Diskussion sind die Fakten anerkannt, was die ungleiche Verteilung der Vermögen in Österreich angeht. Umstritten ist, inwieweit diese ein gesellschaftliches und ökonomisches Problem darstellen und ob eine höhere Besteuerung von Vermögen wünschenswert wäre.

Fakten zu Vermögen in Österreich

Talking Point

Faktencheck

Eine Vermögenssteuer trifft auch den Mittelstand.

Bei einem Freibetrag von einer Million Euro zahlen nur die reichsten 4%, bei einem Freibetrag von 500.000 Euro sind es die reichsten 10%. (Ferschli et al, 2017) Es gibt bei den Vermögen gar keinen Mittelstand.

Vermögende sind ohnehin schon so belastet. Eine Vermögenssteuer ist ein Standortnachteil.

Österreich hat den drittniedrigsten Anteil von vermögensbezogenen Steuern am Gesamtsteueraufkommen (2020: 1,4 %). Zum Vergleich: In Großbritannien liegt dieser Wert bei 11,78%. (OECD, 2020)

Vermögensbesteuerung kostet Arbeitsplätze.

Vermögenskonzentration geht, auf Grund höherer Sparquoten von Vermögenden, auf Kosten der Massenkaufkraft und gefährdet dadurch Arbeitsplätze.

Vermögenssteuern liefern keinen nennenswerten Beitrag zum Steueraufkommen.

Je nach Steuermodell wird das Aufkommen einer Vermögenssteuer auf bis zu 8,8 Milliarden Euro im Jahr geschätzt. (Heck et al., 2020)

Die Vermögenskonzentration ist gar kein Nachteil für eine Gesellschaft.

Gleichere Gesellschaften sind glücklicher. Die Vielen profitieren von einem gut ausgebauten Sozialstaat. Der bringt gerechte Bildungschancen, soziale Absicherung bei Krankheit und im Alter.

Die Reichen geben ohnehin viel für die Gesellschaft.

Die Wohltätigkeit der ÖsterreicherInnen wird überschätzt. Es werden nur ca. 850 Millionen Euro im Jahr gespendet. (Spendenbericht, 2021)

 

Wie entwickelt sich Vermögen in Österreich?

Klar ist, Vermögen sind in Österreich sehr ungleich verteilt. Diese Schieflage in der Vermögensverteilung verursacht ökonomische genauso wie gesellschaftliche Probleme. Eine Lösung dafür ist die Einführung von Vermögens- und Erbschaftssteuern, wie es sie in vielen anderen Ländern auch gibt. Das reduziert die Ungleichheit und schafft Spielraum für wichtige Zukunftsprojekte, wie zum Beispiel die Finanzierung der Pflege.

Die politische Diskussion über vermögensbezogene Steuern ist immer auch eine ideologische. Es geht um Haltungsfragen und um die Vorstellung, wie eine Gesellschaft am besten funktionieren kann, genauso wie um konkrete Interessen einzelner Gruppen. Wichtig ist in der Auseinandersetzung, die Fakten klar zu benennen und auch aufzuzeigen, welche Auswirkungen die Entscheidung pro oder contra vermögensbezogene Steuern auf gesellschaftliche Zusammenhänge und die konkreten Lebenslagen der Menschen hat.

Quellen:

Kennickell B, Arthur/ Lindner, Peter/ Schürz, Martin (2022): A new instrument to measure wealth inequality: distributonal wealth accounts. Österreichsiche Nationalbank. https://www.oenb.at/dam/jcr:37664c81-2d0d-409e-8d33-a19fc2b25854/05_mop_q4_21_A-new-instrument-to-measure-wealth-inequality.pdf

Heck, Ines/Kapeller, Jakob/Wildauer, Rafael (2020): Vermögenskonzentration in Österreich - Ein Update auf Basis des HFCS 2017. Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft Nr. 206 Working Paper-Reihe der AK Wien https://emedien.arbeiterkammer.at/viewer/ppnresolver?id=AC16086820

Ferschli, Benjamin/Kapeller, Jakob/Schütz, Bernhard/Wildauer, Rafael (2017): Bestände und Konzentration privater Vermögen in Österreich. ICAE  Working Paper 72 https://www.jku.at/fileadmin/gruppen/108/ICAE_Working_Papers/wp72.pdf

Fessler, Pirmin/Lindner, Peter/Schürz, Martin (2016): Household Finance and Consumption Survey des Eurosystems 2014: Erste Ergebnisse für Österreich (zweite Welle) www.hfcs.at

OECD (2018): The Role and Design of Net Wealth Taxes in the OECD, OECD Tax Policy Studies No. 26, https://www.oecd.org/tax/tax-policy/role-and-design-of-net-wealth-taxes-in-the-OECD-summary.pdf

Pickett, Kate/Wilkinson, Richard (2009): Gleichheit ist Glück. Warum gerechtere Gesellschaften für alle besser sind. Berlin.

Spendenbericht 2013, Fundraising Verband Austria (https://www.fundraising.at/wp-content/uploads/2019/12/jahresbericht_2013-web.pdf)


Links und Leseempfehlungen:

www.verteilung.at
www.binichreich.at
www.reichtumsmythen.at

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