Foto von einer Demo gegen die Klimakrise, Schild: We are ditching school because you are ditching our future"

Die Klimakrise verschärft sich. Credit: Markus Spiske, Unsplash

/ 9. März 2020

Die Klimakatastrophe schreitet voran, Wetterextreme häufen sich und bei weiterer Untätigkeit wird uns ganz schön heiß werden. Das steht fest, doch was hat das mit uns Frauen zu tun?

Wir müssen uns eingestehen, dass jene, die die Klimakrise verursachen nicht diejenigen sind, die am stärksten darunter leiden. Die Industrieländer dieser Welt tragen die größte Schuld an der globalen Erderhitzung. So sind zum Beispiel 5 der Top 10 CO2 Verursacher OECD-Länder und die restlichen große Zulieferer der Ressourcen, die reiche Staaten für ihren Lebensstil benötigen.

Wer darunter leidet sind dagegen jene, die aufgrund ihrer geographischen Lage am stärksten von Hitzewellen und Dürreperioden getroffen werden oder wenige Mittel zur Verfügung haben, mit verschärften Lebensbedingungen umzugehen. Das sind am häufigsten BürgerInnen von Entwicklungsländern und Menschen, die in Armut leben. Letztere sind auch deswegen stärker betroffen, weil sie eher an Orten leben, die besonders von Umweltverschmutzung durch schadstoffreichen Verkehr und Lärm belastet sind, wie verschiedene Studien zeigen. Ebenfalls stark betroffen sind Alte, Kinder – und vor allem Frauen:

„80% derjenigen, die aufgrund des Klimawandels aus ihrer Heimat vertrieben werden, sind Frauen.“ UN, Global Gender and Climate Alliance, 2016

„Mehr als 70% der Menschen, die durch den Tsunami in Asien 2004 gestorben sind, waren Frauen. Ähnlich war es mit Hurricane Katrina in New Orleans 2005, der vor allem arme AfroamerikanerInnen, im Speziellen die Frauen, extrem getroffen hat.“ UN, Global Gender and Climate Alliance, 2016

„…Frauen und Kinder zusammen stellten 96% jener, die die Überflutungen auf den Solomon Inseln in 2014 getroffen hatten. In Myanmar machten Frauen 61% der Todesopfer durch Zyklon Nagis in 2008 aus.“ UNDP‘s Assistant Administrator & UN Women‘s Deputy Executive Director 

Auch in Österreich ist es so, dass die oberen Einkommensgruppen einen größeren ökologischen Fußabdruck haben als die unteren Einkommensgruppen. Und auch hier sind es die Frauen, die den Kürzeren ziehen: Mehr als jede vierte Frau in Österreich ist dem unteren Einkommensfünftel zuzuordnen.

Durch einen umweltschonenderen Lebensstil tragen Frauen wiederum weniger zur Klimakrise bei. Studien der Länder Deutschland, Norwegen, Griechenland und Schweden bestätigen, dass sie weniger Auto fahren, Fleisch essen und die durchschnittliche Single-Frau um bis zu 22% weniger Energie verbraucht als der durchschnittliche Single-Mann (siehe: Studie von Räty, R. & Carlsson-Kanyama, A., 2010: "Energy consumption by gender in some European countries").

Gift in der Muttermilch

Frauen sind also stärker betroffen und haben weniger Anteil an der Klimakrise als Männer. Auch biologische Faktoren sorgen dafür, dass Frauen eher gefährdet sind.

Frauen sind körperlich weniger in der Lage, giftige Substanzen zu verarbeiten als Männer. In Deutschland wurden bis zu 300 künstlich hergestellte Chemikalien in Körperfett oder der Muttermilch von Frauen gefunden, viele von ihnen sind gefährlich giftig und krebserregend. ForscherInnen schätzen auch das Risiko für Brustkrebs für Frauen wegen der Umweltbedingungen höher ein als für Männer.

Andererseits sind Frauen in armen Ländern aufgrund ihrer gesellschaftlichen Rolle als Besorgerinnen stärker von der Klimakrise betroffen. Sie holen Wasser oder sammeln (Brenn-)Holz. Das nimmt viel Zeit in Anspruch. Im Fall des Brennholzes 2 bis 20 Stunden pro Woche. Zeit, in der die Mädchen die Schule besuchen und die Frauen selbst Geld verdienen oder sich politisch engagieren könnten. In einigen Entwicklungsländern stellen Frauen als Landwirtinnen bis zu 80% der gesamten produzierten Nahrungsmittel her.

Bei verschärften klimatischen Bedingungen und Hitzewellen führt das dazu, dass zum Beispiel ihre Wege länger und gefährlicher werden oder ihre Ernte immer öfter ausfällt. Passiert letzteres in Familien zu häufig, hat die Klimakrise auch immense Auswirkungen auf die ohnehin schon begrenzte Möglichkeit für Mädchen, Kind zu sein, die Schule zu besuchen oder sich ihre PartnerIn selbst auszusuchen. Weil Eltern ihre Familie nicht mehr ernähren können, verheiraten sie ihre Mädchen, damit ein hungriger Magen weniger zu füllen ist. Täglich werden 37.000 Kinderhochzeiten abgehalten, Unicef schätzt, dass es bis 2050 310 Millionen Kinderbräute geben wird.

In Europa trägt die traditionelle Auffassung ebenfalls der Geschlechterrollen dazu bei, dass Frauen die Auswirkungen stärker spüren:

Auch in Deutschland sind viele umweltrelevante Handlungsmuster durch Geschlechterrollen geprägt. So tragen Frauen in überdurchschnittlichem Maße zur Ernährung bei – der Zugang zu gesunden, nachhaltigen Lebensmitteln ist damit in hohem Maße gendersensibel. (6. Globaler Umweltbericht, Umweltbundesamt Deutschland, 2019)

Kommt es in Folge der Klimakrise zur Verteuerung von Nahrungsmitteln können Frauen die Ernährung ihrer Familien vielleicht nicht regelmäßig garantieren. In Fällen höherer Not sind auch Aggressionslevels inner- und außerhalb der Haushalte höher, denen Frauen zum Opfer fallen könnten.

So viel zur direkten Betroffenheit der Frauen. Doch auch indirekt sind Frauen jene, die am meisten mit Auswirkungen der Klimakrise konfrontiert sein werden: Weil Kinder und ältere Menschen besonders gefährdet sind, werden am Ende Frauen mehr belastet, weil sie diejenigen sind, die sich unbezahlt um Alte, Kranke und Kinder kümmern. Und die Zahl jener, die Zuhause gepflegt werden, ist hoch: 82 Prozent aller Bedürftigen werden Zuhause gepflegt. Der Staat lässt die Frauen hier alleine. Zwei Drittel der pflegenden Angehörigen sind weiblich.

Frauen für den Klimaschutz

Neben Greta Thunberg kämpfen viele andere Frauen führend aktiv gegen die Klimakatastrophe. Immer noch sind Frauen aber seltener in politischen Entscheidungspositionen.

Dass es einen Unterschied macht, wer Entscheidungen trifft, sieht man an einer aktuellen Studie aus Deutschland: Wenn Gemeinden Bürgermeisterinnen wählten, stiegen etwa die Ausgaben für Kinderbetreuung um 40 Prozent schneller an als mit einem Bürgermeister.

Das Engagement von Frauen als speziell von der Klimakrise Betroffene an vorderster Front ist also auch ein zentraler Baustein der Lösung. Es ist wichtig, Frauen auch die Mittel für diesen Kampf in die Hände zu legen.

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