Klimarisiken werden oft falsch eingeschätzt

Joshua Sukoff

/ 3. Dezember 2021

Der folgende Policy Brief von Philip Fliegel ist im Rahmen der Momentum Institut Junior Fellowship entstanden.

Wie anfällig sind die größten Finanzkonglomerate der Welt - globale Holdinggesellschaften, die die größten Firmen der Welt besitzen - für Klimarisiken? Wie sehr berücksichtigen Anleger:innen in der Bepreisung auf Finanzmärkten bereits, dass Firmen mit einem fossilen Geschäftsmodell weniger wert sein könnten?   Globaler Holdinggesellschaften erwirtschaften einen signifikanten, Teil ihrer Umsätze in klimaschädlichen Sektoren. 12% der Unternehmen erlösen die Mehrheit ihrer Umsätze in klimapolitisch problematischen Branchen und 7,5 % der Gesamteinnahmen von Holdings werden in diesen Sektoren erzielt. Statistischer Analysen zeigen, dass der Markt das Risiko des Klimawandels für gefährdete Unternehmen weiterhin unterschätzt. Dennoch gibt es Grund zur Hoffnung. Über die vergangenen Jahre ist das systematische Risiko für Firmen, die im hohen Ausmaß Klimarisiken ausgesetzt sind, stark an den Finanzmärkten gestiegen. Insbesondere nach dem Pariser Klimaschutzabkommen 2015 begannen die globalen Finanzmärkte offenbar damit, Unternehmen in potenziell klimaschädlichen Branchen als riskanter einzuschätzen.

Handlungs/Politikempfehlungen

  1. Klimarisiken von Unternehmen müssen mittels der CPRS Methodologie transparent offengelegt werden, damit Investor:innen besser das Risikoprofil ihrer Portfolios abschätzen können.
  2. Wissenschaftliche Studien über die Preisbildung auf Finanzmärkten müssen das Klimarisiko von Unternehmungen besser berücksichtigen.
  3. Um den Finanzmärkten glaubhaft zu signalisieren, dass die Ziele des Pariser Abkommens eingehalten werden, müssten Politiker:innen durch steigende CO2 Preise ankündigen, dass Industrienationen spätestens 2050 klimaneutral wirtschaften werden.

Was sind Klimarisiken für Firmen?

Das Bewusstsein für die makroökonomischen und finanziellen Auswirkungen des Klimawandels wächst. In diesem Zusammenhang wurde im Pariser Klimaabkommen von 2015 die Verantwortung des Finanzsektors hervorgehoben, Investitionen in nachhaltige, kohlenstoffarme Unternehmen massiv zu erhöhen und sich gleichzeitig von CO₂ intensiven Investments zu trennen, um die Dekarbonisierung der Wirtschaft zu erleichtern und gestrandete Vermögenswerte sowie Schocks für die finanzielle Stabilität zu vermeiden (UNFCCC, 2016).

Die Relevanz von Klimarisiken für Finanzinstitute und Anleger nimmt stetig zu (Carney, 2015). Es wurden mehrere Initiativen ins Leben gerufen, die auf eine bessere Offenlegung klimabezogener Risiken, sowie auf die Einführung regelmäßiger Klima-Stresstests abzielen. Klimarisiken für Unternehmen können auf verschiedene Arten entstehen. Einerseits können Klimarisken steigen, wenn das Bewusstsein für die physische Folge des Klimawandels steigt. Anderseits können Klimarisiken sowohl durch technologische Schocks bei den Kosten für erneuerbare Energien als auch durch regulatorische Schocks entstehen, die zu einer ehrgeizigeren Klimapolitik führen.

All diese Faktoren können zu einer abrupten Änderung in den Erwartungen über die Zukunft kohlenstoffintensiver Unternehmen führen, nämlich dass eine CO2 freie Wirtschaft früher als bisher erwartet eintreten könnte (Monasterolo, 2020). In einem solchen Szenario sind große Teile der verbleibenden fossilen Reserven sowie der physischen Kohlenstoffinfrastruktur von Abwertungen und Abschreibungen bedroht, was für Unternehmen, die mit fossilen Brennstoffen zu tun haben, ein fundamentales Risiko des Klimawandels darstellt (Van der Ploeg & Rezai, 2020).

Das Risiko des Klimawandels betrifft in erster Linie kohlenstoffintensive Branchen wie den Energiesektor; angesichts ihrer zentralen Rolle in den meisten modernen Volkswirtschaften ist jedoch davon auszugehen, dass sich Verluste im Energiesektor auch auf verwandte Branchen entlang der Wertschöpfungskette auswirken und schließlich zu Kaskadeneffekten führen, die sich systematisch auf die gesamte Wirtschaft auswirken und letztlich sogar die finanzielle Stabilität bedrohen könnten (Battiston et al., 2019).

 

Wie können Klimarisiken von Unternehmen gemessen werden?

Unternehmen auf der ganzen Welt sind in unterschiedlichem Maße mit Klimarisiken konfrontiert. Das Ausmaß von Klimarisiken für Firmen hängt hauptsächlich vom jeweiligen Wirtschaftszweig und der verwendeten Technologie ab (Battiston et al., 2020). Die Standardklassifikation von Wirtschaftszweigen in der Europäischen Gemeinschaft, die NACE Codes, klassifizieren Wirtschaftssektoren sehr detailliert nach Branche und Tätigkeiten. Jedoch fehlt es an einer detaillierteren Differenzierung von Unternehmen nach Klimarisiken. Battiston et al. (2017) haben diese Lücke in der Unternehmensklassifizierung geschlossen, indem sie die vierstelligen NACE-Codes von Unternehmen in neun klimapolitisch relevante Sektoren (CPRS) umklassifizieren. Die Klassifizierung basiert auf drei Kriterien.

Erstens, den direkten oder indirekten Treibhausgas-Emissionen eines Unternehmens. Zweitens, die Relevanz für die Klimapolitik, einschließlich der Sensitivität für Änderungen in der Klimapolitik. Und Drittens, die Rolle der wirtschaftlichen Aktivität in der Energiewertschöpfungskette. Dabei geht die CPRS-Methode über die ausschließliche Betrachtung von Treibhausgasemissionen hinaus und ermöglicht es, Risiken von klimaschädlichen Unternehmen mit einem hohen Grad an Präzision zu kategorisieren.

Die 9 CPRS umfassen:

Fossile Brennstoffe (1), Versorgung (2), energieintensive Industrie (3), Gebäude (4), Transport (5), Landwirtschaft (6), Finanzen (7), wissenschaftliche Forschung/Entwicklung (8) und Andere (9). Während CPRS 1-6 direkt von Klimapolitik bedroht sind, sind, sind CPRS 7-9 höchstens indirekt Klimarisiken ausgesetzt (Battiston et al., 2020).  

Diese Hauptsektoren können weiter in sub-CPRS unterteilt werden, indem Unternehmen auf der Grundlage ihrer Energietechnologie unterschieden werden (Bressan et al., 2021).

Diese Arbeit zielt darauf ab, die CPRS-Methode zu verwenden, um globale Holdinggesellschaften auf der Grundlage ihrer relativen Klimarisiken zu differenzieren. Da Unternehmen in der Regel in verschiedenen Sektoren tätig sind, werden detaillierte Umsatzinformationen von Tochterunternehmen verwendet, um die Anteile der Unternehmensaktivitäten an den jeweiligen CPRS zu schätzen. Dieser Policy Brief konzentriert sich auf globale Holdinggesellschaften, da für diesen Bereich der NACE-Codes noch keine detaillierte CPRS-Klassifizierung durchgeführt wurde und Holdings oftmals einflussreiche globale Unternehmungen darstellen.

In einem zweiten Schritt kann die Datenbank mit CPRS Expositionen genutzt werden, um verschiedene Firmenportfolios zu konstruieren und ihre Bepreisung auf internationalen Finanzmärkten zu vergleichen. Die beiden Hauptportfolios sind das sehr braune Portfolio, bestehend aus Unternehmen, die primär mit fossilen Brennstoffen (CPRS 1) Geld verdienen. Das braune Portfolio besteht aus Unternehmen, die vordergründig in den CPRS 2-6 engagiert sind. Unternehmen im braunen Portfolio nutzen oft fossile Brennstoffe, jedoch sind sie nicht so klimagefährdet wie Firmen im sehr braunen Portfolio, da sie theoretisch auf andere Energieträger wechseln könnten. Diese Firmen sind erhöhten Klimarisiken ausgesetzt, wobei Firmen im sehr braunen Portfolio dem höchstmöglichen Klimarisiko ausgesetzt sind.

Bisher gibt es noch keine Studie, die die Bepreisung von Unternehmen auf Finanzmärkten, basierend auf ihrem CPRS Klimarisiko, miteinander verglicht. Diese Lücke zu schließen ist Hauptziel dieser Arbeit.

Was ist zu tun?

Die Umsatzanteile von globalen Holdings in CPRS sind in Abbildung 1 präsentiert. Obwohl der direkte Anteil von erwirtschafteten Umsätzen in CPRS 1-6 mit 7,5 % im Durchschnitt gering ist, sind die direkt klimapolitisch relevanten Aktivitäten bei 120 Unternehmen (12% des Datensatzes) dominant. Selbst wenn das Finanzsystem als Ganzes den Verwerfungen hin zu CO2 freien Wirtschaft standhalten könnte, sind einige stark exponierte Unternehmen mit einem deutlich erhöhten Klimarisiko konfrontiert.

Die CPRS Methode entfaltet die Geschäftsstrukturen der komplexen globalen Holdings und zeigt detailliert die prozentuale Exposition in jedem der 9 CPRS. Betrachtet man die Gesamteinnahmen aller Unternehmen im Datensatz, so werden die meisten Einnahmen im Finanzbereich erzielt, was nicht automatisch bedeutet, dass diese Unternehmen nicht klimapolitisch relevant sind. Ihre direkten geschäftlichen Auswirkungen sind nur nicht in hohem Maße direkten Risiken des Klimawandels ausgesetzt. Allerdings könnten Finanzunternehmen sehr wohl indirekt erheblichen Klimarisiken ausgesetzt sein, z. B. durch die Kreditvergabe. Wie aus Abbildung 1 hervorgeht, wird der höchste Umsatzanteil in CPRS 1-6 durch energieintensive Unternehmen (CPRS 3), Firmen im Gebäudesektor (CPRS 4) und Transportunternehmen (CPRS 5) erwirtschaftet. Während diese CPRS durch ihre derzeitige Nutzung von Treibhausgasintensiven Energieträgern Klimarisiken tragen, könnten sie sich theoretisch leichter von fossilen Brennstoffen trennen, als Firmen in CPRS 1, die ihr Geld mit der Extraktion von fossilen Brennstoffen verdienen.

Der Wert der Klassifizierung von Unternehmen in klimapolitische sensible Sektoren besteht in einer besseren Offenlegung der Klimarisiken für Holdinggesellschaften, die, wenn als "Finanzunternehmen" klassifiziert, unter dem Radar von Investor:innen bleiben würden, die versuchen, das Risiko des Klimawandels für ihre Portfolios zu bewerten. "Investoren treffen Entscheidungen auf der Grundlage dessen, was sie messen können" (Monasterolo & De Angelis, 2020, S. 3), daher können bessere Informationen über Klimarisiken Investor:innen dabei helfen, ihre Portfolios weg von Unternehmen mit signifikanten Klimarisiken umzuschichten. So könnte der Finanzmarkt zu einer schnelleren Dekarbonisierung der Wirtschaft aktiv beitragen (Battiston et al., 2021b).

Die Ergebnisse aus der Analyse der Aktienkurse von braunen bzw. sehr braunen Portfolios zeigt, dass der Finanzmarkt über den Beobachtungszeitraum von 2010 bis zum dritten Quartal 2021 Klimarisiken für Unternehmen nicht systematisch in die Bewertung von Aktienkursen miteinbezieht. Die durchschnittliche Schätzung des systematischen Risikos (Beta) der Portfolios offenbart, dass die braunen Portfolios über den gesamten Beobachtungszeitraum gleich oder sogar als weniger risikoreich bewertet werden als der Marktdurchschnitt. Das Beta einer Aktie offenbart, als wie risikoreich ein Unternehmen vom Finanzmarkt bewertet wird. Ein Beta=1 impliziert ein durchschnittliches Risiko, wohingegen ein Beta unter 1 anzeigt, dass das systematische Risiko des Unternehmens niedriger ist als das eines durchschnittlichen Unternehmens. Da Klimarisiken zusätzliche Risiken für Unternehmen darstellen, würde man von einem effizienten Finanzmarkt erwarten, dass diese Risiken im Aktienkurs reflektiert sind. Doch diese Erwartung spiegelt sich nicht in den Daten über den gesamten Beobachtungszeitraum wieder.

Schätzungen für das systematische Risiko (Beta) des braunen und sehr braunen Portfolios von 2010 bis 2021.

Diese Aussage ändert sich jedoch deutlich, wenn die Trends im Zeitverlauf betrachtet werden. Wie in Abbildung 2 abgebildet lässt sich sagen, dass trotz einiger Schwankungen das systematische Risiko (Beta) der beiden Basisportfolios im Laufe der Zeit stark ansteigt. Dies ist insbesondere nach dem Pariser Abkommen vom Dezember 2015 zu beobachten. Statistische Tests bestätigen, dass der Anstieg tatsächlich einen strukturellen Bruch in der Zeitreihe darstellt. Die Finanzmärkte reagierten also tatsächlich mit einer Neubewertung des Risikos für diese Geschäftszweige. Diese Aussage trifft vor allem auf das sehr braune Portfolio zu. Die Schätzung des Beta Wertes zeigt einen sehr steilen Anstieg, und die letzte Schätzung des Betas ergibt einen Wert von über 1,5. Beta Werte über 1 zeigen ein erhöhtes systematisches Risiko für Firmen an. Das größere braune Portfolio schwankt allgemein weniger stark und offenbart einen Aufwärtstrend. Dieser ist jedoch weniger Steil als der des sehr braunen Portfolios und gewinnt erst ab 2020 an Dynamik.

Bei der Interpretation dieser Daten muss zwischen dem gesamten Untersuchungszeitraum (2010 bis heute) und der dynamischen Betrachtung im Zeitverlauf unterschieden werden. Über den gesamten Beobachtungszeitaum konnte die Erwartung an einen effizienten Finanzmarkt, nämlich dass sich Klimarisiken in höheren Risikoprofilen von Aktien widerspiegeln, nicht erhärtet werden. Jedoch war die Klimakrise vor 10 Jahren noch nicht am heutigen absoluten Notfallpunkt angekommen und das Thema nahm nicht eine so zentrale Rolle im gesellschaftlichen Diskurs ein. Die gesteigerte Risikowahrung über die katastrophalen Folgen des Klimawandels in den letzten Jahren deckt sich mit den steigende Beta Schätzungen für die braunen Portfolios.

Man kann also argumentieren, dass Finanzmärkte das Klimarisiko von Firmen immer stärker einpreisen. Alles in allem muss man aber dennoch festhalten, dass der Finanzmarkt vielleicht anfängt die Klimarisken von Unternehmen stärker zu berücksichtigen, der Risikoaufschlag für CPRS 1-6 Firmen jedoch nicht ansatzweise die gigantischen Zukunftsrisiken von fossilen Firmen abdeckt, die mit Ihren Geschäftsmodell im diametralen Gegensatz zu dem Pariser Klimaabkommen stehen und riesige Vermögenswerte angehäuft haben, die in einer klimaneutralen Zukunft alle komplett abgeschrieben werden müssten (Van der Ploeg & Rezai, 2020).

Es gibt verschiedene mögliche Erklärungen, warum die Finanzmärkte das Risiko von Unternehmen, die am stärksten den Risiken des Klimawandels ausgesetzt sind, unterbewerten. Die überzeugendste Erklärung liegt in der besonderen Natur von klimabedingten Risiken als eine neue Risikoklasse, die keine Daten aus der Vergangenheit als Grundlage für Vorhersagen bietet. Das klimabezogene Risiko ist durch große Unsicherheit, Nichtlinearität, endogene Erwartungsbildung und langfristige Stock-Flow-Dynamik gekennzeichnet, was sich radikal von gewöhnlichen Finanzrisiken unterscheidet und daher große Probleme für traditionelle Risikobewertungsmethoden aufwirft (Battiston et al., 2019; Monasterolo, 2020). Die Vernachlässigung des Umfangs und der Schwere der Klimarisken könnte so durch die kurzfristige Sicht des Finanzmarktes erklärt werden, der Unternehmen auf der Grundlage von Erwartungen für die nächsten Quartale bewertet, während Klimarisiken ein sehr unsicheres, nichtlineares und generationenübergreifendes Problem sind. Finanzmärkte sind daher schlecht gerüstet, um das neuartige Risiko des Klimawandels in Finanzverträgen einzupreisen. Es werden dringend neue Risikobewertungsmethoden benötigt, die die Anleger über die Risikoexposition ihres Portfolios informieren (Battiston et al., 2021a).

Eine Konsequenz der Analyse ist, dass Unternehmen ihre Klimarisiken transparenter offenlegen sollten als bisher. Dies könnte einerseits auf freiwilliger Basis geschehen, jedoch ist davon auszugehen, dass Firmen mit hohen Klimarisiken wenig Anreiz haben werden, ihre Klimarisken nachvollziehbar offenzulegen. Daher bedarf es politische Vorgaben, die eine transparente Berichterstattung von klimabezogenen Risiken für alle Unternehmen verpflichtend festlegt.
Die oben erwähnten steigende systematische Risikoeinschätzungen für braunen Portfolios sind für Anleger:innen höchst relevant. Wenn sich die dargestellten Trends fortsetzen, könnten Anleger:innen, die stark in CPRS1-6 investiert sind, feststellen, dass das systematische Risiko ihrer Portfolios über das gewünschte Niveau hinaus ansteigt. Eine Umschichtung in kohlenstoffarme Anlagen könnte das systematische Risiko der Portfolios wieder senken. Die positive Wirkung der Beimischung grüner Indizes in Anlegerportfolios wurde bereits nachgewiesen (Monasterolo & De Angelis, 2020).

Die Ergebnisse verdeutlichen weiters eine problematische Unterschätzung von Klimarisiken durch internationale Finanzmärkte, insbesondere in den Jahren vor dem Pariser Abkommen. Politische Entscheidungsträger:innen können dies als Beweis dafür ansehen, dass ihre Ankündigungen die Wirtschaft CO2 neutral umzubauen, von Marktteilnehmern nicht vollständig antizipiert werden. Sie waren jedenfalls nicht glaubwürdig genug und sind das teils auch heute noch. In den letzten fünf Jahren gibt es jedoch erste positive Veränderungen auf den Finanzmärkten. Sie beginnen, Klimarisiken zu erkennen und einzupreisen, gehen dabei jedoch noch zu zögerlich vor.  Die Verabschiedung des Pariser Abkommens 2015 könnte tatsächlich eine Art „Aufwachen“ bei Anlger:innen ausgelöst haben. Offensichtlich stellt das Pariser Abkommen bis zu einem gewissen Grad eine glaubwürdige Bedrohung für das Geschäftsmodell von Unternehmen dar, die in hohem Maße Klimarisiken ausgesetzt sind.
Es lässt sich somit die klimapolitische Empfehlung ableiten, dass stetig steigende CO2 Preise absolut notwendig sind, um ein verlässliches regulatives Umfeld für Finanzmärkte zu schaffen und Klimarisiken effizient zu bepreisen. Nur so werden Investor:innen Klimarisiken im vollen Umfang mit in ihre Modelle einberechnen (Schulmeister, 2020). Gleichermaßen bedeutend sind Begleitmaßnahmen zum CO2-Preis, die einen klimafreundlichen Umstieg der Menschen überhaupt erst ermöglichen. Das reicht von Umweltstandards für Industriefirmen, konkreten Vorgaben für Technologien (Aus für den Verbrennungsmotor) sowie zeitlich begrenzten Förderungen (Solar- und Windenergie), staatlichen Investitionen in Infrastruktur (öffentlicher Verkehr), bis hin zu einem sozialen Ausgleich für finanziell stark betroffene Haushalte ohne ausreichende Umstiegsmöglichkeiten (Tölgyes 2021).

Aus den Ergebnissen lassen sich auch Empfehlungen für die zukünftige wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Klimarisiken ableiten: Erstens könnte das Resultat, dass Klimarisiken eine stark steigende Relevanz auf Finanzmärkten spielen, genutzt werden, um einen braunen Risikofaktor in Bepreisungsmodelle an Finanzmärkten zu integrieren. Solch ein brauner Risikofaktor könnte durch die CPRS-Exposition von Unternehmen im Laufe der Zeit angenähert werden und Investor:innen in nachvollziehbarer Weise aufzeigen, ob Klimarisiken eine signifikante Rolle bei der Bepreisung ihrer Portfolios spielen. Zweitens wäre es für die künftige Forschung wichtig, entsprechende grüne Portfolios zu konstruieren. Damit könnte man die Preise von grünen und braunen Portfolios im Zeitverlauf vergleichen. Ein vielversprechender Weg, solche Portfolios zu konstruieren, ist der Vergleich von sub-CPRS-Portfolios auf Grundlage der verwendeten Energietechnologie. Somit wäre es zum Beispiel möglich, zwei verschiedene Portfolios innerhalb von „CPRS 5 – Transport“ zu vergleichen. Das eine könnte klar braun sein, z.B. „Transport – Luft“, während das andere sauber sein könnte und z.B. „Transport – Eisenbahn“. Mit der bisherigen, gezwungenermaßen breiteren, Einteilung lassen sich noch nicht alle Fragestellungen beantworten.  

Die ganze Arbeit hier zum Nachlesen:

Literatur

Battiston, S., Dafermos, Y., & Monasterolo, I. (2021a). Climate risks and financial stability. Journal of Financial Stability, 100867. doi:https://doi.org/10.1016/j.jfs.2021.100867

Battiston, S., Guth, M., Monasterolo, I., Neudorfer, B., & Pointner, W. (2020). Austrian banks’ exposure to climate-related transition risk. OeNB Financial Stability Report 40, 31–44.

Battiston, S., Jakubík, P., Monasterolo, I., Riahi, K., & Van Ruijven, B. (2019). Climate Risk Assessment of the Sovereign Bond Portfolio of European Insurers. In European Insurance and Occupational Pension Fund: Financial Stability Report (pp. 69–89). Luxembourg: EIOPA, Publ.Off.

Battiston, S., Mandel, A., Monasterolo, I., Schütze, F., & Visentin, G. (2017). A climate stress-test of the financial system. Nature Climate Change, 7(4), 283-288. doi:10.1038/nclimate3255

Battiston, S., Monasterolo, I., Riahi, K., & Van Ruijven, B. J. (2021b). Accounting for finance is key for climate mitigation pathways. Science, 372(6545), 918-920. doi:10.1126/science.abf3877

Bressan, G., Monasterolo, I., & Battiston, S. (2021). Reducing Climate Transition Risk in Central Banks’ Asset Purchasing Programs. SSRN Electronic Journal. doi:10.2139/ssrn.3770192

Carney, M. (2015, September 29). Breaking the tragedy of the horizon–climate change and financial stability. [Speech transcript]. Bank of England, Lloyds of London. Retrieved May 12th, 2021 from https://www.mainstreamingclimate.org/publication/breaking-the-tragedy-of-the-horizon-climate-change-and-financial-stability/Monasterolo, I. (2020). Climate Change and the Financial System. Annual Review of Resource Economics, 12(1), 299-320. doi:10.1146/annurev-resource-110119-031134

Monasterolo, I., & De Angelis, L. (2020). Blind to carbon risk? An analysis of stock market reaction to the Paris Agreement. Ecological Economics, 170, 106571. doi:https://doi.org/10.1016/j.ecolecon.2019.106571

UNFCCC. (2016). Report of the conference of the parties on its twenty-first session, held in Paris from 30 November to 13 December 2015. Addendum In: Part Two: Action Taken by the Conference of the Parties at its Twenty-first Session. Paris: United Nations Framework Convention on Climate Change (No. FCCC/CP/2015/10/Add.1).

Schulmeister, S. (2020). Fixing long-term price paths for fossil energy – the optimal incentive for limiting global warming. WIFO Working Papers, 604. doi:10.2139/ssrn.3848418

Tölgyes, J. (2021). CO2-Steuer Teil 2: Rückverteilungsmaßnahmen. Wien: Momentum Institut.

Van der Ploeg, F., & Rezai, A. (2020b). Stranded Assets in the Transition to a Carbon-Free Economy. Annual Review of Resource Economics, 12(1), 281-298. doi:10.1146/annurev-resource-110519-040938

 

Neuigkeiten einmal die Woche in deiner Mailbox - der Momentum Institut Newsletter

Ich bin einverstanden, einen regelmäßigen Newsletter zu erhalten. Mehr Informationen: Datenschutz.