Zwei Arbeiter stehen auf einer Baustelle mit Kran, im Vordergrund hält eine Hande eine Stoppuhr ins Bild, die für die Arbeitszeit stehen soll.
/ 29. April 2024

Für unsere Großeltern war es selbstverständlich, dass ihre Arbeitszeit immer weniger wurde. Vor 100 Jahren haben wir pro Woche 48 Stunden gearbeitet. Dann kam die 45-Stunden-Woche, schließlich haben wir auf 43 Stunden verringert, 1975 auf 40 Stunden und 1985 haben die meisten Branchen die 38,5-Stunden-Woche eingeführt. Bei jeder Verkürzung der Arbeitszeit warnten Wirtschaft und Industrie vor dem Untergang der Wirtschaft. Und jedes Mal ist das Gegenteil passiert: Unsere Produktivität stieg.  

 

Doch seit 40 Jahren hat sich bei der Arbeitszeit nichts mehr bewegt. Dabei stellen wir heute knapp doppelt so viel her wie in den 1980er Jahren, unsere Produktivität wächst ungebrochen. Wir haben bessere Maschinen und besseres Material. Wir wirtschaften heute ganz anders als vor 40 Jahren. Damals ohne Handy, ohne Internet, ohne künstliche Intelligenz. Doch das, was wir mehr erwirtschaften; das, was wir alle gemeinsam produktiver sind: Wie verteilen wir das? Stecken wir das in die Gewinne der Konzerne? Oder kriegen die Beschäftigten auch was davon ab? Mehr Lohn und weniger Stunden?

 

Momentan passiert das Gegenteil: Während alles effizienter und effektiver wurde und wird, wird die Arbeit immer dichter und intensiver. Wir arbeiten mit Handy und Laptop; aber unser Arbeitszeitmodell stammt noch aus der Zeit von Wählscheibentelefon und Schreibmaschine mit Durchschlagpapier. 

 

Der Arbeitskräftemangel verschiebt die Machtverhältnisse

 

Nun warnen viele vor dem Arbeitskräftemangel. Allerdings: Der Pensionsantritt der Babyboomer und die Tatsache, dass Unternehmen Stellen nicht mehr so leicht nachbesetzen können, verschiebt das Kräfteverhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zugunsten der Beschäftigten. Nur in solchen Phasen, in denen der Hebel bei den Leuten liegt – und nicht bei den Konzernen – können die Arbeitsbedingungen in den Verhandlungen auch verbessert werden.

 

Und: Die Leute wollen weniger lange arbeiten, wie viele Umfragen zeigen. Zu Recht. Wir wissen aus unzähligen Studien: Wer weniger arbeitet, ist gesünder, glücklicher und macht seinen Job besser. Von gesunden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat auch der Chef was. Weniger Krankenstand, höhere Produktivität. Auch die Loyalität zum Unternehmen steigt, und offene Stellen werden leichter nachbesetzt.

 

Eine kürzere Vollzeit ermöglicht auch mehr Frauen einen Vollzeit-Job. Über 400.000 Frauen sagen, sie sind in Teilzeit, weil sie Betreuungspflichten haben. Wir lassen sie allein mit der Familienarbeit. Österreichweit lässt nur die Hälfte der Kindergarten- und Krippenplätze einen Vollzeitjob zu. Wer dank einer kürzeren Vollzeit weniger arbeitet, kann auch die Arbeit zuhause fairer verteilen. Zwischen Mama und Papa.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar bei der Kleinen Zeitung.

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