Die Grafik zeigt einen Mann mit Krawatte, der seine leeren Hosentaschen nach außen stülpt. Eine Gedankenblase zeigt, dass er dabei an Geld denkt.
/ 28. März 2024

Arbeitslos gemeldete Personen beziehen als Arbeitslosengeld eine Nettoersatzrate in der Höhe von 55 Prozent ihrer monatlichen Beitragsgrundlagen. Die Gehälter, die zur Berechnung der Grundlage herangezogen werden, liegen aber im Regelfall um mindestens 12 Monate zurück. In Zeiten einer außerordentlich hohen Teuerung ist das für unlängst arbeitslos gewordene Personen problematisch. Denn in ihrem Berechnungszeitraum war die hohe Inflation zwar schon voll im Gange, die herangezogenen Löhne wurden aber noch nicht an die Teuerung angepasst. Das bedeutet, dieser Mechanismus drückt ihr Arbeitslosengeld im Verhältnis zum tatsächlichen letzten Gehalt (0-12 Monate vor Arbeitslosigkeit) auf eine Nettoersatzrate von durchschnittlich 51 Prozent.

Berechnung des Arbeitslosengeldes mit alten Lohndaten

Bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes wird ein Durchschnittslohn aus 12 Monaten gebildet. Dabei werden aber nicht die 12 Monate aus dem Vorjahr berücksichtigt, sondern jene von vor 2 Jahren. Die Beiträge aus dem Vorjahr zieht das AMS nicht heran, weil sie noch nicht final sind. Wer also am 1. März 2024 seinen Job verliert, dessen Berechnungsgrundlage für die Nettoersatzrate ist März 2022 bis Februar 2023 – damals waren die Löhne noch nicht an die Inflation angepasst und daher deutlich geringer. Beiträge, die in die Berechnung miteinfließen und älter als zwei Kalenderjahre sind, werden zwar aufgewertet. Diese Aufwertungszahl ist heuer mit 5,8 Prozent deutlich geringer als die Inflation der vergangenen 2 Jahre. Der Abstand aus dem letzten Gehalt und dem Durchschnittsgehalt, aus dem sich das Arbeitslosengeld berechnet, bleibt daher groß.

Personen, die erst unlängst erwerbsarbeitslos wurden, müssen jetzt also die massiv gestiegenen Preise mit einem Arbeitslosengeld begleichen, das sich auf ihr Gehalt aus einem Zeitraum bezieht, in dem die Inflation zwar schon mit voller Härte zugeschlagen hat, aber die Löhne noch gar nicht an die massive Teuerung angepasst waren. Für sie bedeutet das einen starken Kaufkraftverlust.

Fallbeispiel

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: In Fall A wird eine Person im März 2021 arbeitslos. Für sie bilden die Monate März 2019 bis Februar 2020 die Berechnungsgrundlage für das Arbeitslosengeld. In diesem Zeitraum hat sie durchschnittlich 2.200 Euro netto bekommen. Im Monat vor der Arbeitslosigkeit hat sie aufgrund der Inflationsanpassung 2.265 Euro bekommen. Als Arbeitslosengeld bekommt sie 53,4 Prozent ihres letzten Gehalts.

In Fall B wird dieselbe Person erst im März 2024 arbeitslos. Die Berechnungsgrundlage in diesem Fall ist ihr früheres Gehalt aus den Monaten März 2022 bis Februar 2023. In diesem Zeitraum hat sie mittlerweile ein etwas höheres Gehalt von durchschnittlich 2.484 Euro netto bekommen, da inzwischen Gehaltssprünge durch die jährlichen KV-Anpassungen erfolgten. In den Monaten vor der Arbeitslosigkeit steigt ihr Gehalt aufgrund der Inflationsanpassung noch einmal auf 2.695 Euro. Als Arbeitslosengeld bekommt sie aber lediglich 50,7 Prozent ihres letzten Gehalts. Würde diese Person wieder eine Nettoersatzrate von 53,4 Prozent erhalten – so wie in Fall A – dann wäre ihr Arbeitslosengeld mit 1.439 Euro um 73 Euro monatlich höher. Einfach aufgrund des Zeitraums, in dem sie arbeitslos wurde, bekommt die Person in Fall B also in Relation weniger Arbeitslosengeld.

Mittlerweise ist jede:r dritte Arbeitslose armutsgefährdet, bei Langzeitarbeitslosen sogar jede:r zweite. Das durchschnittliche Arbeitslosengeld liegt mit 1.091 Euro rund 300 Euro unter der Armutsgefährdungsschwelle (1-Personen-Haushalt). Das Arbeitslosengeld verfehlt sein eigentliches Ziel für Menschen in prekären Lagen: die Existenzsicherung.  

Das Momentum Institut empfiehlt die Nettoersatzrate des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe auf 70 Prozent anzuheben. Außerdem sollte das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe jährlich an die Inflation angepasst werden, so wie das bei anderen Sozialleistungen auch seit 2023 der Fall ist. Darüber hinaus wäre es sinnvoll, die in der Vergangenheit liegende Bemessungsgrundlage gänzlich an die Inflation anzupassen. 

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