Unternehmer:innen der Bäckereibranche beklagen, kein Verkaufspersonal zu finden. Ein Blick auf Gehalt und Arbeitsbedingungen der Bäckerei-Arbeiter:innen lässt mögliche Gründe dafür erkennen: Der Kollektivvertrag des Bäckergewerbes liegt stark unter jenem des Handels, wo für ähnliche Tätigkeiten mehr bezahlt wird. Gleichzeitig setzen minimale Kündigungsfristen und fordernde Arbeitszeiten Arbeitnehmer:innen unter Druck.
Eine Analyse von aktuell 136 offenen Stellen in der AMS-Datenbank „alle Jobs“ zeigt einen deutlichen Unterschied der Gehälter zwischen Bäckereien (91 offene Stellen) und großen Handelsketten mit Backshops (45 offene Stellen). Während viele Bäckereien und Back-Filialen ihren Verkäufer:innen nur Gehälter zwischen 1.500 und 1.600 Euro bieten, liegen Handelsketten bei 1.700 Euro und darüber.
Ein:e Mitarbeiter:in bei einem großen Handelsunternehmen im Backshop-Verkauf verdient laut aktueller Stellenausschreibung brutto 1.700/Monat, also im Jahr 23.800. Ein:e Mitarbeiter:in bei einer Bäckerei im Verkauf verdient mit rund 1.550 Euro im Monat 2.100 Euro weniger brutto im Jahr – ein Netto-Gehaltsunterschied von 1.464,38 Euro/Jahr.
Der Unterschied liegt unter anderem auch daran, dass der Kollektivvertrag der Bäckereien deutlich jenem des Handels hinterherhinkt. Der wesentlich bessere Handels-Kollektivvertrag sieht als Einstiegsgehalt für Hilfskräfte ohne Ausbildung 1.606 Euro vor, für Regalbetreuung/Verkauf 1.661 Euro, und für anspruchsvollere Tätigkeiten (Kassa mit Lehre) zumindest 1.714 Euro. In der Praxis reicht jedoch trotzdem meist ein Pflichtschulabschluss aus.
Das spiegelt sich in den Stellenausschreibungen wider: Für die Supermarktkette Billa Plus werden im Backshop aktuell 47 Stellen mit genau 1.700 Euro inseriert. Spar (3 Stellen) bezahlt zwischen 1.740 und 1.900 Euro. Nur die Supermarktkette Penny bezahlt für ihre 5 Stellen mit 1.553 Euro unterdurchschnittlich.
37 Bäckereien zahlen noch weniger als die Supermarktkette Penny. Insgesamt 61 Bäckereien zahlen unter 1.600 Euro brutto/Monat. Nur 30 Bäckereien zahlen über 1.600 Euro. Der schlechtere Kollektivvertrag für Bäckereien sieht für Mitarbeiter:innen außerhalb der Produktion (Ladner:in) 1.500,76 Euro Einstiegsgehalt vor (nach einem Dienstjahr 1.547,34). Der Stundenlohn beträgt im ersten Dienstjahr somit unter 9 Euro (8,99). Eine Bereitschaft zur Überzahlung wird bei allen Stellen zumindest laut Stelleninserat angeboten.
Trotz des niedrigen Gehalts verlangt die Bäckereibranche einiges von ihren Arbeitnehmer:innen ab: unter anderem frühe Öffnungszeiten, Sechstagewoche und Kassa-Verantwortung. Gleichzeitig sind Bäckerei-Arbeiter:innen extrem kurzen Kündigungsfristen von nur einem Tag ausgesetzt, die sich deutlich von den sechs Wochen im Handel unterscheiden.
Auch gegeben der Bedingungen ist es aus Sicht der Arbeitnehmer:innen also durchaus rational, auf ein besseres Jobangebot zu warten und weiterzusuchen, wenn ihnen aktuell nur eines vorliegt, das unter dem Marktlohn bezahlen würde. Dass Bäckereien, die deutlich unter dem offenbar marktüblichen Lohn bezahlen, zu wenige Mitarbeiter:innen finden, ist daher keine Überraschung.