Alina Pohl über „Die Donut Ökonomie“ von Kate Raworth (deutsche 1. Auflage 2018).
Mit der „Donut-Ökonomie“ legt Kate Raworth ein kritisches Konzept des vorherrschenden ökonomischen Imperativs vor. Wirtschaftswissenschaftliche Theorien beeinflussen Politik und Gesellschaft und sind daher wesentlich in der Gestaltung des Transformationsprozesses hin zur ökologischen Nachhaltigkeit. Daher muss der Anspruch an die Ökonomie neu gedacht werden.
„Was ist der Zweck des Wirtschaftens?“ sei die wichtigste Frage, die sich künftige ökonomische Denkschulen des 21. Jahrhunderts stellen müssten. Die Antwort ist ein „Gutes Leben“ und anschließende Überlegungen, was den Menschen dieses „Gute Leben“ ermögliche.
Raworth thematisiert die großen wirtschaftspolitischen Themen unserer Zeit – vom Ausgleich von Arbeit- und Lebenszeit, Klimaproblematik, gesellschaftliche Solidarität, Ungleichheit, Debatte um Wachstum und Wohlstand, Verteilung, und Digitalisierung. Die Wirtschaftswissenschaften müssten sich mit den Herausforderungen und Anliegen der heutigen Generationen befassen. Die simplifizierenden theoretischen Annahmen des vergangenen Jahrhunderts sind für zeitgemäße Analysen nicht mehr anwendbar, wenn sogar ÖkonomInnen die eigenen Theorien durch die Finanzkrise 2008 falsifiziert sehen und seither vermehrt infrage stellen. Daher stellt Raworth die Frage, ob die komplexen Zusammenhänge unserer heutigen Welt in der gegenwärtigen Ökonomie noch richtig wiedergegeben werden (können).
Kritik an bestehenden Modellen erhebt sie beispielsweise anhand des permanenten Strebens nach Wirtschaftswachstum, das der gängigen Theorie nach nur mit positivem Vorzeichen den Menschen Wohlstand ermögliche. Das Bruttoinlandsprodukt – als DIE EINE Maßzahl für Wachstum – sei der „Kuckuck im Nest der Ökonomie“, an dem sich Politik und Ökonomie fälschlicherweise nahezu ausschließlich orientierten und als Sinn des Wirtschaftens definierten. So wie das BIP ein Produkt aus vergangenen Krisenzeiten ist, und sich für den Aufbau der Wirtschaft auch bewährt hat, so braucht es heute neue Maßstäbe zur Messung von Krisen der Gegenwart (Klimakrise, Unsicherheit durch technologischen Wandel, soziale Ungleichheit). Die Kritik daran ist vermutlich fast so alt wie das BIP selbst. Raworth ist nicht die erste, die diese Debatte führt. Auch die Frage, ob und welches Wirtschaftswachstum sinnvoll ist, ist nicht neu – sie stellt mit der Donut-Ökonomie aber ein anschauliches und verständliches Konzept zur Verfügung, auf dem detaillierte Analysen aufbauen können.