Rund 60.000 ukrainische Geflüchtete sind laut Innenministerium bereits in Österreich registriert. Die Grundsicherung zahlt nur wenig Geld aus, also werden viele über kurz oder lang nach bezahlter Arbeit suchen. Während Geflüchtete aus anderen Kriegsregionen teils jahrelang auf ihren Asylbescheid warten, gewährt die EU Ukrainerinnen rasch und unkompliziert Zugang zum Arbeitsmarkt. Freuen können sich Unternehmer, die sich über fehlendes Personal beklagen. Zwar gibt es österreichweit mehr als doppelt so viele Arbeitslose wie offene Stellen. Doch in einigen Tourismusregionen im Westen Österreichs ist das Jobangebot sehr groß: In Salzburg gab es im März mehr offene Stellen als Arbeitslose.
Theoretisch müssten Ukrainerinnen und österreichische Betriebe also zueinander finden. Einen großen Haken gibt es: Das Interesse an Arbeitskräften ist groß, die angebotenen Löhne extrem niedrig. Etwa 1.500 Stellen werden derzeit beim AMS explizit auch für Ukrainerinnen ausgeschrieben. Der Großteil davon im Niedriglohnsegment der Gastronomie und Hotellerie. Ein Viertel der Stellen bietet ein Mindestgehalt von weniger als 1.700 Euro brutto, mehr als die Hälfte unter 1.800 Euro. Einige der offenen Stellen sind sogar unter dem bindenden Mindestlohn laut Kollektivvertrag ausgeschrieben. Oft, weil die Einstufung des Berufes falsch ist. Einer Restaurantfachfrau – eine Kellnerin mit abgeschlossener Lehre – wird zum Beispiel das Mindestgehalt einer angelernten Servicekraft geboten.
Bieten Unternehmen trotz ihres ständigen Rufs nach Fachkräften keine höheren Löhne, wird dieser unglaubwürdig. Die Situation birgt gar die Gefahr, dass manche Unternehmen die Not der Geflüchteten ausnutzen, um Arbeitskräfte möglichst billig unter ihrem Wert anzustellen. Sprachbarrieren und mangelnde Erfahrung mit dem österreichischen Arbeitsrecht machen es für Ukrainerinnen schwierig, sich gegen ungesetzliche Arbeitsbedingungen zu wehren. In den kommenden Monaten wird das Arbeitsinspektorat genau hinschauen müssen, damit kein Lohndumping betrieben wird.
Neben einem geringen Lohn sind Ukrainerinnen auf ihrem Weg zum Arbeitsmarkt mit einer weiteren Hürde konfrontiert: Das unzureichende Kinderbetreuungsangebot. Bisher kommen vor allem Frauen mit Kindern in Österreich an. Um zu arbeiten, brauchen sie Kinderbetreuung. Das wird vor allem am Land zum Problem bei einer Vollzeitstelle. In Tirol ist nur ein Viertel der Kindergärten über zehn Stunden geöffnet. Da müssen die Gemeinden nachbessern. Aber auch die Betriebe könnten sich zusammenschließen und betriebliche Angebote schaffen. Von den 1.500 analysierten offenen Stellen war das nur bei einer einzigen der Fall. Der Politik und den Unternehmen bleibt also noch viel zu tun, damit die Aufnahme geflüchteter Ukrainerinnen ins Erwerbsleben gelingt.
Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Wiener Zeitung.