Die Preise ziehen seit zwei Jahren den Löhnen davon. Seit 2019 sind die Preise um 21,7 Prozent gestiegen. Die Lohnerhöhungen am unteren Rand der Lohnskala – die Branchen-Mindestlöhne in den Kollektivverträgen – konnten mit 15,5 Prozent nicht mithalten. Die Preise stiegen somit im gleichen Zeitraum um mehr als ein Drittel stärker als die Löhne. Die Inflation wurde durch höhere Löhne bisher nicht vollständig abgegolten. Die Menschen erhalten zwar mehr Einkommen durch ihre Arbeit, aber können sich trotzdem weniger kaufen.
Seit 2019 ist die Kaufkraft der Mindestlöhne um 5,1 Prozent eingebrochen. Während der Pandemie stieg die Kaufkraft noch leicht an, bevor sie im Juni 2021 wieder auf das Niveau von 2019 zurückfiel. Ab da beschleunigte sich die Teuerung rasant, womit die Kaufkraft im Rekordtempo abnahm. Am wenigsten kaufen konnten sich Geringverdiener:innen im Oktober 2022. Durch die Teuerung waren die vereinbarten Mindestlöhne um 8,1 Prozent weniger wert als noch im Jahr 2019. Erst die Lohnerhöhungen Anfang des Jahres haben einen Teil der Teuerung ausgeglichen. Die Löhne können so schnell nicht mithalten, weil sie erst auf Basis der Inflationsrate des Jahres zuvor erhöht werden. Die Löhne folgen den Preisen somit zeitverzögert. Von einer Preiserhöhung der Unternehmen bis zur Lohnerhöhung können bis zu eineinhalb Jahre vergehen.
Im Mai 2023 hatten Beschäftigte mit Mindestlöhnen die niedrigste Kaufkraft seit elf Jahren. Die Teuerung hat für Beschäftigte am unteren Ende der Lohnskala den Einkommensgewinn eines ganzen Jahrzehnts vernichtet. Ohne eine ordentliche Lohnrunde im Herbst bleiben sie auf dem Großteil ihrer Verluste sitzen.
Der Tariflohnindex der Statistik Austria misst die kollektivvertraglichen Mindestlöhne in jeder Branche. Für die Analyse hat das Momentum Institut den monatlichen Tariflohnindex mit dem Verbraucherpreisindex verglichen und so die preisbereinigten, kollektivvertraglichen Löhne am unteren Ende der Lohnskala ausgewertet.