Bürogebäude in der Nacht mit beleuchteten Büros als Symbolbild für unbezahlte Überstunden
/ 26. April 2023

Arbeitsminister Martin Kocher überlegt die derzeitige Steuerbefreiung bei Überstunden auszuweiten. Eine Analyse des ökosozialen Momentum Instituts zeigt, wer von der Steuersenkung am meisten profitieren würde.

Aktuell sind bis zu zehn Überstunden pro Monat, höchstens aber 86 Euro pro Monat steuerfrei. Der bisherige Vorschlag der ÖVP von letztem Sommer sieht vor die Anzahl der steuerbefreiten Überstunden auf 20 Stunden zu verdoppeln. Der Maximalbetrag, bis zu dem die Steuerbefreiung möglich ist, soll auf 200 Euro angehoben werden. Eine Steuersenkung nach diesem Modell würde den Staat jährlich rund 170 Millionen Euro kosten. Topverdiener:innen profitieren von der geplanten Steuersenkung am stärksten. Das reichste Einkommensfünftel würde damit mit jährlich 76 Millionen Euro entlastet, das einkommensärmste Fünftel lediglich um rund 3 Millionen.

Wer mehr verdient, hat einen höheren Stundenlohn und zahlt somit einen höheren Steuersatz. Werden Überstunden von der Steuer befreit, profitieren die Reichsten am stärksten. Gleichzeitig haben Topverdiener:innen das höchste Überstundenpensum. Für den Staat heißt die Steuerreduktion, dass er seine Einnahmen kürzt. Eine Gegenfinanzierung liegt derzeit nicht am Tisch. Dazu kommt, dass derzeit etwa jährlich über eine Million Überstunden nicht bezahlt werden.

Steuerbefreiung befeuert Gender-Pay-Gap

Würde die Steuerbefreiung wie nun diskutiert umgesetzt werden, reduzieren Männer mit 120 Millionen Euro ihre Steuerabgaben mehr als doppelt so stark wie Frauen mit rund 54 Millionen Euro. Das liegt daran, dass Frauen im Schnitt weniger bezahlt wird als Männern. Den Löwenanteil der unbezahlten Sorgearbeit, wie Kinderbetreuung, Haushalt oder Altenpflege, machen in Österreich immer noch die Frauen. Eine Steuerbefreiung brächte für Frauen eine wesentlich geringere Entlastung. Befürchten muss man auch einen weiteren negativen Effekt: Wenn vor allem Männer durch den Steueranreiz ihre Überstunden ausweiten, sind Frauen mit der unbezahlten Familienarbeit noch stärker alleingelassen.

Um dem Spezialist:innenmangel in vereinzelnten Branchen gegenzusteuern, sollten stattdessen die Löhne angehoben, die Arbeitsbedingungen verbessert und geleistete Überstunden tatsächlich gänzlich ausbezahlt werden. Das Momentum Institut empfiehlt Löhne in Niedriglohnbranchen auf mindestens 2.000 Euro brutto pro Monat anzuheben.

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