Ein aufgeblättertes Dokument
/ 31. Januar 2024

Der Steuerplan des Bundeskanzlers ist Harakiri für das Budget. Der Fiskalrat sagt: Es fehlen jährlich 9-13 Milliarden Euro. Der Finanzminister rückt zur Verteidigung aus: „Wir holen 3,5 Milliarden durch Kürzung bei Förderungen herein.“ Nur wo?

 

Zu Förderungen muss man wissen: Es gibt 13,5 Milliarden direkte und 24,4 Milliarden indirekte Förderungen (Stand 2022). Indirekte Förderungen sind hauptsächlich Steuervergünstigungen. Direkte Förderungen sind echte Ausgaben. Doch zuvor zu den Sondereffekten. Das Förderbudget ist tatsächlich noch immer sehr groß, weil während Corona und der Teuerung hohe Förderungen ausbezahlt wurden – und teils immer noch werden. Die fallen in den nächsten Jahren komplett weg. Dennoch ist nicht mehr Geld da.

Denn das eigentlich „frei werdende“ Geld hat der Finanzminister schon verplant. Es deckt andere kommende Mehrausgaben ab. Der Wegfall all der temporären Hilfen während Corona und während der Teuerung ist im Budgetpfad bis 2027 schon eingepreist, also nicht verfügbar. Deshalb schreibt der Finanzminister auch durchgehend 2,7 Prozent Budgetdefizit in den nächsten Jahren. Der Finanzminister muss also bei den dauerhaften Förderungen kürzen, die es zum allergrößten Teil schon vor Corona gab.

Wie wäre es bei den indirekten Förderungen? Etwas, das nur „indirekt“ wirkt, kann man problemlos zusammenkürzen? Nicht so schnell: Indirekte Förderungen sind gar keine echten Ausgaben. Es sind Steuererleichterungen. Einnahmen, die der Staat nicht einhebt. Aus Gründen. Der größte Brocken: Die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, Medikamente, und Mieten (sowie auch ein paar andere Dinge) ist nur zehn Prozent statt zwanzig Prozent, damit der notwendige Einkauf günstiger bleibt. Das „kostet“ den Staat 6,5 Milliarden. Ein zweiter großer Brocken. Mit dem EU-Beitritt mussten die Krankenkassen Mehrwertsteuer auf den Medikamentenkauf bezahlen. Damit die Leistungen für uns Versicherte nicht schlagartig um 2,5 Milliarden Euro (heutiger Wert) gekürzt werden, ersetzt der Bund das Geld.

Die dritt- bis fünfgrößten Brocken sind allesamt Steuervergünstigungen. Nummer 3 ist der Familienbonus Plus, ein Prestigeprojekt vor allem der ÖVP. Besserverdiener mit Kindern zahlen bis zu 2000 Euro im Jahr weniger Lohn- und Einkommensteuern. Nr. 4 und 5 sind der der Kinderabsetzbetrag und niedrigere Sozialversicherungsbeträge für Geringverdiener. Auch sie senken die Lohn- oder Einkommensteuer. Will man das wirklich abschaffen? Eher nicht.

Nachdem der Bundeskanzler politisch vorgibt, dass die Steuer- und Abgabenquote sinken muss, müssen die Steuern runter. Indirekte Förderungen zu kürzen wäre damit kontraproduktiv, das würde die Abgabenquote erhöhen. Das geht also sowieso nicht. Damit fällt der Großteil der Förderungen, nämlich die indirekten, mit 24,4 Milliarden weg. Ansetzen muss der Kanzler also bei den direkten Förderungen. Das sind tatsächliche Ausgaben des Bundes, die man zusammenstreichen könnte. Nur will man das? Ein „normaleres“ Bild der Ausgaben für Förderungen liefert der Förderbricht 2019. Der von 2022 ist mit außertourlichen Corona- und Teuerungsausgaben durchsetzt. Die direkten Förderungen schlüsseln sich so auf:

Anteile der UGs an den Fördermitteln des Bundes 2019 in Prozent (gerundet)

Über ein Viertel macht die EU-Agrarpolitik aus. Geld nicht bei der EU abzuholen, wäre dumm. Dann verfällt es. Weniger als ein Fünftel macht das Arbeitsmarktbudget aus. Ausbildung und Qualifizierung für arbeitslose Menschen. In einer immer komplexeren Welt recht wichtig.

Über ein Zehntel der direkten Förderungen geht an Forschungsinstitute und Fachhochschulen. Die wollen wir eher nicht zusperren. Knapp unter einem Zehntel geht an die Bewirtschaftung von Trink- und Abwasser. Kürzen ist eher nicht ratsam.

Dann gibt es noch einen Teil für Mobilität, wobei auch die Breitbandförderung für schnelleres Internet dazu zählt. Der Schienengüterverkehr wird gefördert, damit nicht alle Transporte auf der Straße landen. Hochwasserschutz und Privatbahnen sind auch nicht unwichtig. Nur ein gutes restliches Viertel teilt sich auf viele andere Förderungen auf – Kleinzeug, im Detail aber ist vieles unbedingt notwendig. So leicht mit den Kürzungen bei den Förderungen ist das also nicht. Woher wollen Kanzler & Finanzminister also die 3,5 Milliarden nehmen? Ohne konkreten Förderungs-Kürzungsplan bleibt der Plan Vodoo-Ökonomie. Oder gibt es doch einen geheimen Plan mit Grauslichkeiten nach der Wahl? Mit massiven Leistungskürzungen im Sozialstaat, bei Pensionen, Pflege, Gesundheit? Ich hoffe doch nicht.

twitter.com/ChristophBadelt/status/1752722455880204744

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