Heizkörper als Symbolbild für Gaspreisbremse
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  Joel Tölgyes
/ 19. Oktober 2022

Das Momentum Institut legt einen Vorschlag für eine Gaspreisbremse vor. Mit sozialer Staffelung bringt die Gaspreisbremse ärmeren Haushalten mehr Geld als einkommensstärkeren Haushalten. Weniger „preisgebremst“ werden die Ausgaben für Gas bei Haushalten mit überdurchschnittlichem Gasverbrauch und ausreichend Einkommen. Das erzeugt bei wohlhabenden Haushalten einen stärkeren finanziellen Anreiz zum Energiesparen. Die Sparanreize kommen so dort an, wo ihnen nachgekommen werden kann, während der Grundverbrauch günstig bleibt.

Gaspreisbremse mit Energiespartarif

Über eine Million Haushalte in Österreich heizt mit Gas. Um ihre Heizkosten zu dämpfen, empfiehlt das Momentum Institut eine Gaspreisbremse. Ein Grundbedarf an Gas soll vergünstigt zu Vorjahres-Preisen abgegeben werden. Der darüberhinaus gehende Verbrauch bleibt teuer. Nachdem sich die Energiekrise weiter zuspitzt, ist ein Energiesparanreiz – an der richtigen Stelle – geboten. Die Gaspreisbremse erhält deshalb auch einen Aufschlag für Vielverbrauch. Konkret bedeutet das:

  • Günstiger, preisgedeckelter Grundverbrauch: Bis zu einem Grundverbrauch von 5.000 Kilowattstunden pro Jahr zahlen Haushalte den Vorjahrespreis (3,4 Cent/kWh). Mehrpersonenhaushalte bekommen das 1,5-Fache (7.500 kWh).
  • Energiesparanreiz: Bis zu 12.500 kWh pro Jahr zahlen Haushalte den Marktpreis.
  • Aufschlag für Vielverbrauch: Auf Verbrauch über 12.500 kWh fällt ein Aufschlag von 50 Prozent an.
  • Soziale Staffelung: Armutsgefährdete Haushalte sind vom Aufschlag für Vielverbrauch ausgenommen. Außerdem erhalten sie einen höheren preisdeckelten Grundverbrauch 7.500 kWh (11.250 kWh bei Mehrpersonenhaushalten) zum Vorjahrespreis.

Während der Grundbedarf an Gas damit für alle Haushalte günstig bleibt, wird übermäßiger Verbrauch so teurer. Das führt zu einem starken Energiesparanreiz. Das Modell liefert eine deutliche progressive Verteilungswirkung. Nicht eingerechnet sind dabei allerdings Fernwärme-Kund:innen, die ebenfalls großteils indirekt über Gas beheizt werden. Für die Umsetzung wäre es außerdem wichtig, bereits vorhandene Daten, etwa zum Einkommen, mit den Zählerdaten zu verknüpfen. Technisch wäre das möglich, allein die rechtliche und tatsächliche Umsetzung fehlen. 

Soziale Staffelung und Energiesparanreize

Das Modell bringt mehrere Vorteile:

  1. Energiespar-Anreiz: Hoher Verbrauch wird teuer. Es soll damit noch unattraktiver werden, Gas für nicht notwendige Berecihe, wie etwa Heizschwammerl oder das Heizen langer Gänge in großen Gebäuden, unnötig zu verbrauchen. 
  2. Progressivere Verteilungswirkung: Haushalte mit hohen Einkommen bekommen im Schnitt weniger Entlastung als Haushalte mit niedrigen Einkommen. Das kommt einerseits von der sozialen Staffelung: Armutsgefährdete Haushalte erhalten ein größeres Kontingent an günstigem Gas. Gleichzeitig führt der Energiespartarif dazu, dass hoher Verbrauch teurer wird. Das trifft tendenziell eher Haushalte mit hohen Einkommen. Außerdem sind armutsgefährdete Haushalte vom Aufschlag befreit. 
  3. Differenzierung nach Haushaltsgröße: Unser Vorschlag unterscheidet zwischen größeren und kleineren Haushalten. Größere Haushalte haben schließlich einen höheren Grundbedarf an Gas, weshalb sie ein größeres Kontingent an günstigem Gas bekommen. 
  4. Kostengünstig: Die Kosten für eine Gaspreisbremse veranschlagt das Momentum Institut bei 815 Millionen Euro, deutlich günstiger als die Strompreisbremse. Dabei ist zu betonen, dass die genauen Budgeteffekte je nach Preisentwicklung variieren. Denn eine Stärke der Gaspreisbremse liegt – bei richtiger Ausgestaltung – darin, dass die Energiekosten der Haushalte dynamisch gedämpft werden.

Heizungstausch unterstützen

Einer Studie des Sozialministeriums zufolge haben 383.000 Menschen nicht genug finanzielle Mittel, um ihre Wohnung in der kalten Jahreszeit ausreichend warm zu halten. Besonders von den steigenden Heizkosten getroffen werden die rund 100.000 energiearmen Haushalte in Österreich. Das sind Haushalte mit niedrigen Einkommen und hohem Energieverbrauch aufgrund von schlecht gedämmten Wohnungen.

Rund eine Million Haushalte in Österreich – mehr als jeder vierte – heizt mit Gas. Der Großteil der Haushalte (rund zwei Drittel), die mit Gas heizen, lebt in Ostösterreich – in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland. In Wien heizen rund 45 Prozent der Haushalte mit Gas, in Niederösterreich und dem Burgenland sind es jeweils etwa ein Drittel. Neben der Ost-Region verzeichnet Vorarlberg mit 34 Prozent eine ähnlich hohe Gasabhängigkeit unter Haushalten. In Kärnten hingegen heizen lediglich fünf Prozent der Haushalte mit Gas, in der Steiermark nur elf Prozent.

Etwa die Hälfte der Haushalte mit Gasheizung wohnt zur Miete und hat dadurch keinen Einfluss auf einen Heizungstausch hin zu einer klimafreundlichen, kostengünstigen Alternative. Besonders für Mieter:innen ist die Gaspreisbremse wichtig, da sie den steigenden Heizkosten nicht ausweichen können. Gleichzeitig gilt es, den Heizungstausch schneller voranzutreiben – durch Anreize, die bei Vermieter:innen ansetzen und einem Vorziehen des Verbots von Gasheizungen.

Ungleicher Gasverbrauch

Mit der Gaspreisbremse würde man die Anreize zum Energiesparen dort ankommen lassen, wo sie am stärksten wirken: beim verschwenderischen Gasverbrauch. Diesen findet man vor allem bei Haushalten mit hohen Einkommen. Die reichsten 20 Prozent der Haushalte verbrauchen deutlich mehr Gas als die Mittelschicht. Würden sie ihren verschwenderischen Verbrauch reduzieren und ihren Verbrauch auf den der Mittelschicht beschränken, so ließen sich bereits 7 Prozent des gesamten Haushaltsgasverbrauchs einsparen.

Methodenbeschreibung

Zur Berechnung der Budget- und Verteilungseffekte wurde ein Mikrosimulationsmodell entworfen. Dieses basiert auf Mikrodaten der neuesten Konsumerhebung 2019/20. Dort finden sich Ausgabendaten von tausenden repräsentativen österreichischen Haushalten für unterschiedlichste Güter und Dienstleistungen, darunter auch Gas. Die Ausgaben für Gas wurden zunächst in Mengen umgerechnet. Dies geschah mittels den Durchschnittspreisen für Gas aus dem 2. Halbjahr 2019 und dem 1. Halbjahr 2020, dem Zeitraum, in dem die Konsumerhebung durchgeführt wurde. Dabei wurde darauf Bedacht genommen, dass aufgrund von Fixkostenanteilen die Durchschnittspreise mit zunehmendem Verbrauch sinken, weshalb die nach Verbrauchsgruppen variierenden Durchschnittspreise verwendet wurden und je nach Ausgabenhöhe den Haushalten zugeordnet wurden. Außerdem wurden die Preise um regionale Preisunterschiede korrigiert. Die so erhaltenen Gasmengen wurden anschließend verwendet, um ein Basis-Kostenszenario und die Reform-Kostenszenarios zu berechnen. Dahinter steckt die (übliche) Annahme, dass die Haushalte ihren Gaskonsum seit der Konsumerhebung nicht verändert haben.

Für die Kostenszenarios wurde angenommen, dass die Landesenergieversorger in den übrigen Bundesländern ihre Preise demnächst im gleichen Ausmaß erhöhen, wie Wien Energie und EVN (rund +150 %) und diese Preise für ein Jahr konstant bleiben. Die aktuellen und die erwarteten Preise beziehen sich dabei auf die Preise der größten regionalen Gasanbieter der jeweiligen Bundesländer (Wien Energie, EVN, Energie Burgenland, Energie Steiermark, KELAG, Energie Salzburg, Energie AG, TIGAS, VKW). Zur Berechnung der Reformeffekte wurden schließlich die Kostenszenarios mit den Reformszenarios verglichen, wobei für die Reformszenarios der Übernacht-Effekt simuliert wurde, indem von Verhaltensänderungen aufgrund der Preisänderungen abstrahiert wurde. 

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