Vermögensverteilung Global
/ 1. November 2019

Zahlen zur globalen Vermögensverteilung waren lange Zeit nicht vorhanden. Bis vor einigen Jahren gab es nur Listen von MilliardärInnen diverser Magazine wie Forbes oder Bloomberg. Dies hat sich jedoch seit 2010 grundlegend geändert. Mittlerweile existieren zwei umfassende Quellen zur globalen Vermögensverteilung: der Global Wealth Report (GWR) der Credit Suisse und der World Inequality Report (WIR) einer unabhängigen ForscherInnengruppe um den bekannten Verteilungsforscher Thomas Piketty. Trotz unterschiedlicher Methoden kommen beide Quellen auf dasselbe Ergebnis: das globale Vermögen ist sehr ungleich verteilt. Das hohe Niveau der Ungleichheit geht wiederum mit einer starken Machtkonzentration einher, die sich auf die Lebensbedingungen von Menschen auf der ganzen Welt auswirkt.

Was wissen wir?
  • Laut GWR besaßen 47 Millionen Menschen weltweit mindestens 1 Million US-Dollar im Jahr 2019. Damit hatten 0.9% der globalen erwachsenen Bevölkerung einen Anteil von 43.9% am globalen Vermögens. Die obersten 10% kommen auf 82.8%, die untersten 64% auf etwa 2%.
  • Laut WIR betrug der Anteil des obersten 1% etwa 33% im Jahr 2017. Die obersten 10% besaßen mehr als 70%, die untersten 50% etwa 2% des globalen Vermögens.
  • Laut Forbes-Liste gibt es derzeit 2153 MilliardärInnen (Stand: März 2019), die zusammen auf 8.7 Billiarden US-Dollar kommen. Damit liegt ihr Anteil am globalen Vermögen bei etwa 2.7%.
Was ist die Faktenbasis?

Die Messung der globalen Vermögensverteilung ist ein relativ junges Forschungsfeld. Daher gibt es noch keine allgemein anerkannte Methode, auf die sich ForscherInnen bei ihren Berechnungen beziehen. Die Auswahl der Methodik und der Datenquellen kann gleichzeitig einen großen Einfluss auf die Ergebnisse ausüben (Alvaredo et al. 2017: 199). Daher ist es wichtig die Eigenschaften der jeweiligen Studien klar zu unterscheiden. Die Eigenschaften von GWR, WID und Forbes sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Allen Quellen gemein ist, dass sie sich auf Nettovermögen beziehen. Nettovermögen berechnen sich aus dem Marktwert sämtlicher finanzieller Anlagen (z.B. Aktien, Bankguthaben) zuzüglich dem Wert von nicht-finanziellem Vermögen (z.B. Häuser, Land) abzüglich etwaiger Schulden. Alle Vermögen wurden mithilfe von aktuellen Wechselkursen in Dollar umgerechnet und sind nicht an die Kaufkraft angepasst.

Ein wichtiger Unterschied zwischen GWR und WIR besteht in der Anzahl der miteinbezogenen Länder. Der GWR inkludiert 213 Länder, der WIR berechnet die globale Vermögensverteilung anhand von 5 Ländern (China, USA, Großbritannien, Frankreich und Spanien). Dafür gibt es einen einfachen Grund: die AutorInnen des WIR beziehen nur jene Länder mit ein, für die ihrer Meinung nach zufriedenstellende Rohdaten zur Verfügung stehen. Damit wird die Vermögensverteilung im WIR eher unterschätzt, da viele ärmere Länder aus z.B. Afrika und Asien nicht miteinbezogen wurden (Alvaredo et al. 2017: 199-200). Der GWR inkludiert wiederum alle Länder weltweit, unabhängig von der derzeitigen Datenqualität.

Der zweite große Unterschied besteht in der Transparenz der Methodik und genutzten Daten. Der WIR veröffentlicht sämtliche aggregierten und rohen Daten, Methoden und Computer Codes auf einer eigens dafür eingerichteten Website und ist damit sehr transparent. Der GWR ist nur teilweise transparent: er beschreibt zwar die Methodik und legt die Datenquellen dar, verweist auf akademische Literatur und präsentiert ausgewählte aggregierte Daten – die rohen Daten und Computer Codes werden allerdings nicht preisgegeben. Das Schlusslicht im Transparenz-Ranking bildet jedoch die Forbes-Liste. Die Methodik und Datenquellen der Forbes-Liste werden nur sehr oberflächlich beschrieben und rohe bzw. aggregierte Daten generell nicht veröffentlicht. Das macht ihre Ergebnisse nur schwer nachvollziehbar.

Tabelle 1: Unterschiede verschiedener Vermögensmessungen

 World Inequality Report

Global Wealth Report

Forbes-Liste
VermögenNettovermögenNettovermögenNettovermögen
EinheitDollarDollarDollar
LänderChina, Großbritannien, Frankreich, Spanien, USA

213 Länder

Erstellt eine Liste der weltweiten Dollar-MilliardärInnen
QuellenOffizielle Statistiken, Haushaltsbefragungen, Forbes-Liste für MilliardärInnenSteuerdaten (Erbschaften, Einkommen), Erhebungen (Befragungen der privaten Haushalte, volkswirtschaftliche Gesamtrechnung), Vermögens-RankingsInterviews (mit MilliardärInnen, Angestellten, Rivalen, AnwältInnen, etc.), Analyse von Geschäften (z.B. Verkauf von Land, Kauf von Gemälden, Spenden, etc.), Schätzungen von Vermögen (Anteile an privaten und öffentlichen Unternehmen, Häuser, Yachten, Kunst, Geldvermögen, etc.)
TransparenzSehr transparentTeilweise transparent

Nicht transparent

Quellen: Global Wealth Report: Credit Suisse (2019); World Inequality Report: Alvaredo et al. (2017); Forbes-Liste: Forbes (2019), Dolan (2012)

 

Was wird diskutiert?
Talking PointInformation

Man kann mit diesen Daten keine Aussagen tätigen, sie sind schlicht von zu schlechter Qualität.

Die Datenlage bei der Vermögensverteilung ist ausbaufähig. Dennoch wurden in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt. Es gilt hier die Forschung zu unterstützen um bessere Daten zu den Vermögen zu erhalten, etwa durch die Einführung eines globalen Finanzregisters (Alvaredo et al. 2017: 263-267).

Mit 10000 Dollar kann man sich in ärmeren Ländern um einiges mehr leisten als in reicheren Ländern. Eine Schätzung der globalen Vermögensverteilung ist irrelevant.

Beim Vermögen geht es nicht nur um die Höhe des Lebensstandards. Es geht auch um Macht, um politischen und wirtschaftlichen Einfluss (Fessler und Schürz, 2015). Dieser Einfluss auf Politik und Wirtschaft bestimmt wiederum die Lebensbedingungen von Menschen überall auf der Welt.

 

Was ist zu tun?

Obwohl die Datenlage zur globalen Vermögensverteilung derzeit nur eine erste Annäherung liefern kann, kommen zwei voneinander unabhängige Studien schon jetzt zum selben Schluss: eine verhältnismäßig kleiner Anteil der Weltbevölkerung hält den größten Teil des globalen Vermögens. Diese ungleiche Verteilung von Vermögen geht mit einer hohen Machtkonzentration einher. Um der ungleichen Verteilung sowohl an der Spitze als auch an der Basis entgegen zu wirken schlagen Alvaredo et al. (2017) ein Bündel an Maßnahmen vor: eine progressivere Besteuerung von Einkommen, Vermögen und Erbschaften, ein besserer Zugang zu Bildung und guten Arbeitsplätzen sowie höhere öffentlichen Investitionen. Gleichzeitig präsentieren sie Argumente für die Einführung eines globalen Finanzregisters. Dieser würde der internationalen Steuervermeidung entgegenwirken, einen besseren Zugang zu Daten ermöglichen und eine sachliche fundierte Debatte zur Vermögensverteilung unterstützen.

Wo erfahre ich mehr zum Thema?

Alvaredo, F., Chancel, L., Piketty, T., Saez, E., Zucman, G. (2017) World Inequality Report 2018, Verfügbar unter: https://wir2018.wid.world/ (letzter Zugriff: 08.10.2019)

Bloomberg (2019) Bloomberg Billionaires Index, Verfügbar unter: https://www.bloomberg.com/billionaires/ (letzter Zugriff: 08.10.2019)

Credit Suisse (2019) The world and its wealth. The Global Wealth Report., Verfügbar unter https://www.credit-suisse.com/about-us/en/reports-research/global-wealth-report.html (letzter Zugriff: 08.10.2019)

Dolan, K. (2012) Methodology: How We Crunch The Numbers, Verfügbar unter: https://www.forbes.com/sites/kerryadolan/2012/03/07/methodology-how-we-crunch-the-numbers/#70f00bedd3d8 (letzter Zugriff: 08.10.2019)

Fessler, P., Schürz, M. (2015) Vermögenskonzentration: Erbschaften sind der Schlüssel, Verfügbar unter: https://www.oenb.at/Geldpolitik/Forschung/vermoegenskonzentration-erbschaften-sind-der-schluessel.html (letzter Zugriff: 08.10.2019)

Forbes (2019) Billionaires: The richest people in the world, Verfügbar unter: https://www.forbes.com/billionaires/#1e805647251c (letzter Zugriff: 08.10.2019)

Matthews, D. (2019) Are 26 billionaires worth more than half the planet? The debate, explained, Verfügbar unter: https://www.vox.com/future-perfect/2019/1/22/18192774/oxfam-inequality-report-2019-davos-wealth (letzter Zugriff: 08.10.2019)

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