Plan unter der Lupe
/ 26. Januar 2024

Heute, am 26. Jänner, präsentiert Bundeskanzler Karl Nehammer seinen “Österreichplan”. Erste Eckpfeiler des Programms wurden bereits vorgestellt: Werden die Pläne des Kanzlers für die diversen Steuerstreichung umgesetzt, resultiert daraus ein Loch im Bundesbudget von 49 Milliarden Euro bis 2030.

Werden die Steuerbeiträge für Überstundenzuschläge gestrichen, fehlen bis 2030 insgesamt 1,3 Milliarden Euro. Die Streichung der Kapitalertragssteuer kostet – bei Annahme eines Sparzinssatzes von 1,82% - in den kommenden 6 Jahren 3,3 Milliarden Euro. Die Streichung der 5.Steuerstufe (48%-Stufe) führt zu rund 700 Millionen Euro geringen Staatseinnahmen pro Jahr. Einkommen zwischen 66.000 und 99.000 Euro werden dann nur mehr mit 40, statt wie aktuell mit 48 Prozent besteuert. Bis 2030 kostet die Maßnahme rund 4,2 Milliarden Euro. Senkt die Regierung zusätzlich dazu noch den Steuersatz für die erste Einkommensstufe von aktuell 20 Prozent auf 15 Prozent, bedeutet das ein jährliches Minus in der Staatskasse von 1,68 Millionen Euro – nach sechs Jahren also insgesamt 10,1 Milliarden Euro.

Kanzlerplan: Senkungen bedeuten massives Budgetloch

Außerdem im Plan des Kanzlers: Die Eigenkapitalverzinsung. Vereinfacht gesagt bedeutet das eine Reduktion der Gewinnsteuer für Unternehmen, die ihre Investitionen selbst mit Eigenkapital finanzieren und keinen Kredit dafür aufnehmen. Das kostet bei Annahme eines Zinssatzes von 2 Prozent rund 1,7 Milliarden Euro pro Jahr, bis 2030 aufsummiert also 10,2 Milliarden Euro.

Den größten Verlust bedeutet die Kürzung der Beiträge der Dienstgeber:innen (Lohnnebenkosten). Hier plant der Kanzler die Dienstgeberbeiträge jährlich um 0,5 Prozentpunkte zu kürzen, bis dann 2030 ganze 3 Prozentpunkte weniger von den Arbeitgeber:innen zu bezahlen sind. Entgehen dem Sozialstaat im ersten Jahr (2025) durch die Kürzung um 0,5 Prozentpunkte rund 836 Millionen Euro, sind es im Folgejahr schon 1,75 Milliarden Euro. Für 2030, in dem die Kürzung um 3 Prozentpunkte vollzogen sein soll, entsteht gar ein Steuerverlust von 5,97 Milliarden Euro. Für den Zeitraum von 2025-2030 resultiert somit durch die Kürzung insgesamt ein Budgetloch von 19,9 Milliarden Euro. Neben der schrittweisen und somit zunehmenden Kürzung der Dienstgeber:innen-Beiträge ist der Grund dafür, dass der Steuerverlust durch die Senkung der DG-Beiträge jährlich zunimmt, dass jährlich die Löhne an die Inflation angepasst werden, somit steigt auch die abgeführte Summe durch den Beitrag der Arbeitgeber:innen.

Insgesamt verliert der Staat durch die Kürzungs-Pläne des Kanzlers bis 2030 rund 49 Milliarden Euro – mehr das Dreifache des staatlichen Defizits 2022 (-15,8 Mrd. Euro) ausmachte – die der Kanzler in Zukunft nicht mehr einheben möchte. Womit er dieses Budgetloch stopfen will, ist ungewiss.

Der bisherige Pfad der Lohnnebenkostensenkung

Dabei wurden die sogenannten Lohnnebenkosten, die eigentlich der Beitrag von Unternehmen zum Sozialstaat sind, bereits seit einem Jahrzehnt nach und nach gekürzt. Wurden in die Unfallversicherung ursprünglich 1,4 Prozent eingezahlt, sind es nach Kürzungen 2014, 2019 und 2023 nur noch 1,1 Prozent. Ähnliches sehen wir bei dem Insolvenz-Entgelt-Fonds: Von eigentlich 0,55 Prozent wurde er insgesamt viermal auf schließlich 0,1 Prozent gekürzt.

Der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) wurde von 4,5 Prozent nach drei Kürzungen auf 3,7 Prozent verringert. Auch die Arbeitslosenversicherung wurde von 3 auf 2,95 Prozent gekappt. Alles Posten, die Teil des Lohns von Arbeitnehmer:innen sind und die Arbeitgeber:innen zur sozialen Absicherung der Mitarbeiter:innen beitragen. Summa Summarum bedeuten die sämtlichen bereits erfolgten Kürzungen der Lohnnebenkosten ab 2024 einen jährlichen Steuerverlust von rund 2 Milliarden Euro für die Gesellschaft. Rechnen wir den Verlust durch die geplanten Kürzungen des Kanzlers hinzu, fehlen bis 2030 sage und schreibe 45,6 Milliarden Euro an Steuergeld.

Kürzung FLAF belastet Familien, Kinder & Mütter

Der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) ist der Topf aus dem Familien- und Kinderleistungen bezahlt werden, wie etwa die Schulbuchaktion, die Familienbeihilfe, das Kinderbetreuungsgeld oder der Unterhaltsvorschuss, wenn getrennte Elternteile Alimente für ihre Kinder nicht bezahlen. Kürzt der Kanzler den Familienfonds bis 2027 um insgesamt 1,5 Prozentpunkte sind Kürzungen der Leistungen zu befürchten. Nach drei Jahren, stehen pro Kopf so 75 Euro weniger für Schulbücher zur Verfügung. Eine Bezieherin von Familienbeihilfe hat nach den drei Jahren schrittweiser Kürzung insgesamt 1.344 Euro Familienbeihilfe verloren.

Vom Unterhaltsvorschuss – der die fehlenden Alimente von 16.000 Kindern in Österreich deckt – wird bis 2027 insgesamt pro Kopf um 5.179 Euro weniger ausbezahlt. Den größten Brocken macht der Verlust bei dem Kinderbetreuungsgeld aus. Geht ein Elternteil drei Jahre in Karenz, fällt die Person bis 2027 insgesamt um 8.278 Euro Karenzgeld um. Bei zwei Jahren Karenz sind es 4.025 Euro Verlust (2025-2026).

Der Kanzler hat im Vorfeld seiner Rede viele Ideen für Kürzungen von Dienstgeber-Beiträgen präsentiert, wie er das gegenfinanzieren möchte, allerdings nicht. Einzig die Finanzierung durch das Budget hat er aufs Tapet gebracht. Sprich mit Steuergeld, das zu 80 Prozent aus Arbeit und Konsum kommt und nur zu 6 Prozent von Unternehmen. Verwendet er zum Stopfen dieses Budgetlochs keine anderen Beiträge, etwa eine Vermögenssteuer und höhere Unternehmens-Steuern (KÖSt.), wird sich das wie eine Laufmasche in der Stumpfhose durch die Leistungen des Sozialstaats ziehen, der dadurch zunehmend ausgedünnt wird.

 

Anmerkung: Dieser Artikel wurde am 29. Jänner 2024 aktualisiert und um 3 Maßnahmen aus dem Plan des Kanzlers (Streichung KESt., Streichung 5. Steuerstufe, Eigenkapitalfinanzierung) ergänzt.

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