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/ 20. Oktober 2023

Am Mittwoch (18. Oktober) hat Finanzminister Brunner dem Nationalrat sein Budget für 2024 präsentiert. Nach knapp drei Jahren Dauerkrise – zuerst Corona, dann Energiekrise und von dort in die größte Teuerungswelle seit Jahrzehnten – steckt Österreich in einer Rezession. Und das weit tiefer als befürchtet. Auch im internationalen Vergleich schaut es in Sachen Wirtschaftswachstum hierzulande alles andere als rosig aus: Während das Bruttoinlandsprodukt im EU-Schnitt zwischen ersten und zweiten Quartal 2023 noch leicht zugelegt hat, ist Österreich mit minus 0,8 Prozent Vorletzter unter den europäischen Ländern. Hinter und liegt lediglich Polen mit minus 2,2 Prozent. Bleiben die Zentralbanken trotz rückläufiger Teuerung am aktuellen Pfad der hohen Zinsen, stehen uns wohl noch düstere Zeiten bevor.   

Wie sollte der Staat also darauf reagieren? Er sollte das tun, was er immer tut, wenn die Wirtschaft flöten geht: Ein Konjunkturpaket schnüren, damit die stotternde Wirtschaft wieder zum Schnurren bringen und Arbeitsplätze sichern. Ein Konjunkturpaket in Zeiten immer noch hoher Preise will aber klug durchdacht sein. Die staatliche Geldspritze muss behutsam gesetzt werden, und zwar dort, wo das Geld am dringendsten gebraucht wird: im öffentlichen Wohnbau, beim Klimaschutz und bei den öffentlichen Dienstleistungen, wie etwa bei der Kinderbetreuung, Pflege, Bildung oder der Gesundheitsversorgung. Kurz dort, wo die breite Masse der Bevölkerung entlastet wird, und zwar langfristig – ein ökosoziales Konjunkturpaket für die Vielen. Eines, das den Wirtschaftsabschwung abbremst und die Erderhitzung bekämpft. Was uns die Regierung auf den Tisch gelegt hat, schaut anders aus: Von den großen Steuersenkungen profitieren vor allem Unternehmen und Besserverdienende, während die Politik den Schutz der Ärmsten und der unteren Mittelschicht im Budgetentwurf halbherzig hintenanstellt.

Öffentlicher Wohnbau – mehr als ausbaufähig

Wesentliche, treffsichere Hebel hat der Finanzminister übersehen: Österreich hat eine lange Tradition an öffentlichem und gemeinnützigem Wohnbau. Das ermöglichte es über viele Jahrzehnte hinweg leistbare Mietwohnungen in vergleichsweise guter Qualität. Durch horrende Grundstücks- und Immobilienpreise bei mittlerweile wieder hohen Zinsen, ist der leistbare Wohnbau stark unter Druck. Das zeigen uns auch die Baubewilligungen: Im ersten Quartal 2023 sanken sie im Vergleich zum Vorjahr im privaten Bereich um 33 Prozent. Bei den gemeinnützigen Bauträgern brachen die Baubewilligungen sogar um die Hälfte ein. Springt der Staat jetzt nicht ein, droht eine Neubaulücke und damit ein Mangel an günstigen Wohnungen in den nächsten Jahren. Arbeitsplätze schaffen und gleichzeitig leistbaren Wohnraum sichern ließe sich hier verbinden.  

Das Um und Auf: Klimaschutz-Investitionen

Damit wir die Wohnkosten runterbringen, müssen wir Gebäude auch thermisch sanieren. Das hilft doppelt: Wir senken den Energieverbrauch dadurch, sparen somit Kosten und kämpfen gegen die Erderhitzung an. Den verpflichtenden Heizungstausch hat die Regierung leider abgesagt. Vertraut wird stattdessen auf die Gunst der Vermieter:innen. Denn Mieter:innen haben keine Entscheidungsfreiheit, was die Heizart der vier Wände betrifft. Zwar stockt die Regierung die Förderungen für den Heizungstausch auf. Was Vermieter:innen aber noch billiger kommt? Einfach nichts zu tun, denn die Energiekosten zahlt ohnehin, wer in der Wohnung lebt. Dabei müssen für eine echte Wärmewende über 1,6 Millionen Heizungen in Österreich ausgetauscht werden. Rund die Hälfte davon steht in Mietwohnungen. Die Klimaziele der Bundesregierung bleiben somit trotz dem Erneuerbaren-Wärme-Paket in weiter Ferne.  

Auch beim öffentlichen Verkehr ist höchste Eisenbahn geboten. Die Öffis müssen ausgebaut werden, gerade auch auf Nebenstrecken, die sich möglicherweise unterm Strich finanziell nicht rechnen, für das Klima aber sehr wohl, weil sie Menschen am Land von der Auto-Abhängigkeit befreien. Knapp neun Prozent des Budgets sind positiv für das Klima und den Umweltschutz. Das hört sich zwar im ersten Moment erfreulich an. Die Freude wird aber sofort eingestampft, wenn man bedenkt, dass gleichzeitig klimaschädliche Investitionen von bis zu 6 Milliarden Euro ausgegeben werden. Echter Klimaschutz sieht anders aus. Und auch von einem Klimaschutzgesetz, mit dem die Regierung schon seit über 1.000 Tagen säumig ist, ist nichts zu hören. 

Steuern: Vermögensbezogene einführen, Unternehmenssteuern anheben

Für alle, die fragen, wie wir das finanzieren sollen, liegt die Antwort bereits am Tisch: Vermögensbezogene Steuern müssen steigen, jene auf Unternehmen ebenso. Bei den Steuern macht die Regierung aber Rückschritte, immer weiter weg von einer fairen Verteilung der Steuerbeiträge. Die Senkung der Körperschaftssteuer kostet dem Staat im Endausbau eine Milliarde Euro jährlich und entlastet fast ausschließlich große Unternehmen und ihre Eigentümer:innen. 88 Prozent des Steuerzuckerls gehen an das reichste Zehntel der Menschen im Land. Dass sich Vermögende in Österreich also in Zukunft fairer an der Finanzierung des Staates beteiligen, ist auch weiterhin seitens der Regierung nicht geplant. Abgaben auf Arbeit und Konsum stemmen beinahe im Alleingang die staatlichen Ausgaben. Nur jeder zehnte Euro kommt aus der Besteuerung von Vermögen und Unternehmensgewinnen. Acht von zehn Euros kommen aus den Abgaben für Arbeit und Konsum. Das ist ein Problem, denn mittelfristig gefährden Steuersenkungen und weiterhin fehlende vermögensbezogene Steuern den notwendigen Ausbau der Daseinsvorsorge und der staatlichen Dienstleistungen.

Armut bekämpfen

Die Armutsgefährdung ist in Österreich durch die Krise massiv gestiegen. Auf einen sozialen Ausgleich, wie in den letzten beiden Jahren, verzichtet die Regierung bei der Ausgestaltung der Abgeltung der Kalten Progression und der Pensionserhöhung. Die Ausgleichzulage für die Sozialhilfe und Mindestpension wird auch nicht überdurchschnittlich erhöht, wie in den Jahren zuvor der Fall. Die Sozialleistungen macht die Regierung auch im kommenden Jahr nicht armutsfest und die Kinderarmut wird nicht ernsthaft bekämpft. So muss eine Mindestpensionistin mit einer Pension auskommen, die monatlich 270 Euro unter der Armutsgefährdungsschwelle liegt.  

Nach drei Jahren Dauerkrise, die vor allem für die einkommensschwächere Bevölkerung eine immense Belastung ist, wiegt es noch schwerer, dass sich die Regierung gegen ein tatsächlich ökosoziales Konjunkturpaket entschieden hat. Zwölfmal das Zauberwort ‘ökosozial’ in der Budgetrede einzubauen, reicht eben nicht, um daraus tatsächlich ein ökosoziales Budget zu machen. 

Dieser Text erschien zunächst in unserer Kolumne 'Ausgerechnet' auf zackzack.at.

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