Ein Handschlag vor dem Hintergrund eines Geldkoffers.
/ 18. März 2024

Die Regierung hat Milliarden an Corona-Hilfen systematisch in die Gewinne der Unternehmen gepumpt. Jahrelang. Der Raubzug wurde am Parlament vorbei abgewickelt.

Schnell musste es gehen. Rasch und reichlich sollten sie fließen, die Corona-Gelder. Nur zwei Tage nach dem ersten Lockdown gibt der damalige Kanzler Kurz das Motto aus: Koste es, was es wolle. Logisch: Die ÖVP konnte Gejammer von Unternehmen, die unter dem Lockdown leiden, nicht brauchen. Binnen weniger Tage wurde die Finanzierungsagentur Cofag aus dem Boden gestampft. Ohne echte Dokumentation oder Einbindung der Finanzbeamten, wie der Rechnungshof in der Rückschau kritisiert.

Aber die fehlende Transparenz war nicht der “Fehler”, sondern das “Feature” der Cofag: Privat “ausgegründet”, war sie der parlamentarischen Kontrolle weitgehend entzogen. Genau diese Gründung war verfassungswidrig, haben später die Höchstrichter:innen geurteilt.

Aber für die Steuerzahler:innen kommt das zu spät: Die Staatskasse ist ausgeräumt, im Schutz der Intransparenz sind 21 Millionen in geheime Beratungshonorare geflossen. Die Geschäftsführung wurde mit knapp 20.000 Euro monatlich fürstlich entlohnt. Unglaubliche 19 Milliarden wurden an die Unternehmen ausgeschüttet.

Offiziell als Garantien und Hilfszahlungen. Gegen finanzielle Hilfe für Corona-gebeutelte Betriebe ist nichts einzuwenden. Dagegen, dass viele Profit damit gemacht haben, schon eher: Etliche Konzerne haben dank der Hilfen mehr Gewinn gemacht als im Jahr vor der Pandemie. Das heißt im Klartext: Zugesperrt haben diese Unternehmen mehr Gewinn gemacht, als wenn sie offen gehabt hätten. Wir haben sie nicht gerettet, wir haben einfach ihre Gewinne aufgefettet.

Was war passiert? Statt der tatsächlichen Verluste wurde den Unternehmen ein fiktiver Lockdown-Umsatz ersetzt. Aber: Gastro und Co. haben im Lockdown etliche Kosten nie gehabt. Keine Gäste, kein Einkauf, kein Personal. Aus unser aller Staatsbudget hat die Cofag Kosten ersetzt, die nie angefallen sind. Wir haben das Schnitzel bezahlt, das nie gekauft, gebacken oder serviert worden ist.

Gewinne aus dem Take-Away-Business durften die Hilfsbedürftigen ebenfalls behalten, nicht einmal die Kurzarbeit wurde gegengerechnet. Die Republik hat die Arbeitskosten also sogar doppelt ersetzt. 

Während ÖVP-Finanzminister Brunner noch von “Einzelfällen” sprach, haben Auswertungen des Momentum Instituts schon Anfang 2022 das bizarre Ausmaß offengelegt: Über zwei Drittel der ausgewerteten Unternehmen wurden 2020 zu üppig gefördert; haben also viel mehr Geld bekommen, als coronabedingt nötig. 2021 waren es sogar knapp 85 Prozent. Die Zahlen der Österreichischen Nationalbank haben das später bestätigt. Quer durch alle Sektoren zeigt sich: Die Vermögenswerte der Firmen sind 2020 trotz rückläufiger Umsätze um 4,4 Prozent gestiegen – stärker als im Jahr vor Corona. Die Bankguthaben und Bargeld-Reserven sind sogar um 17,5 Prozent nach oben geschnalzt. Das gilt freilich nur für die Großen: Die Einlagen der Unternehmen im kleinsten Fünftel sind stagniert oder sogar gesunken.

Je größer der Laden, desto mehr wurde ihnen aufs Konto geschaufelt: Wir haben diese Unternehmen nicht gerettet – wir haben sie gemästet. Ganz oben auf der Nehmer-Liste stehen alte Bekannte. Zum Beispiel die Signa von René Benko: Insgesamt sollen an das Konzerngeflecht fast 19 Millionen Euro geflossen sein. Allein für sein Luxusapartment Chalet N – offiziell ein Hotel – 1,1 Millionen Euro. Dem Pechspiel-Riesen Novomatic haben Steuerzahler:innen die Kosten für die Mitarbeiter:innen übernommen. Geholfen hat es nichts, trotzdem wurden 120 gekündigt. Gastronom Martin Ho hat mit allen Tricks die Corona-Regeln umgangen und trotzdem mehr als zwei Millionen von der Cofag bekommen. Koste es, was es wolle, eben. Damit hat Sebastian Kurz gemeint: “Meine Buberln kriegen, was sie wollen – egal, was euch das kostet.” Das hätte man verhindern können – wenn man gewollt hätte. Warum wurde die Kurzarbeit nicht wie in Deutschland mit anderen Hilfen gegengerechnet? Warum hat es bei so großen Summen keine Rückforderungsklausel gegeben? Wer trotz Corona Gewinne schreiben konnte, braucht kein Steuergeld. Dann wären die Unternehmenshilfen eine Art Versicherung gewesen.

Das wäre ein sorgsamer und fairer Umgang mit dem Geld der Steuerzahler:innen gewesen – mit unserem Geld. Denn knapp acht von zehn Steuer-Euros zahlen Arbeitnehmer:innen und Pensionist:innen. Mit ihren Steuern auf Arbeit und Konsum. Wir sind es, die auf der Rechnung für die sogenannten Staatshilfen sitzen bleiben. Der Finanzminister hätte die Corona-Übergewinne mit einer Sondersteuer wieder einfangen können; stattdessen senkte er gerade die Gewinnsteuern für die größten Konzerne des Landes. Damit fehlt im Staatshaushalt wieder mehr als eine Milliarde Euro im Jahr. Kompensiert wird das woanders. Die neueste Idee: Wer seinen Job verliert, soll künftig weniger Arbeitslosengeld bekommen. Koste es uns, was es wolle!

 

Dieser Text erschien zunächst als Kolumne im Profil.

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