Dass Arbeitslose unter steigender Dauer ihrer Arbeitslosigkeit leiden, sieht man im ebenfalls vom AMS erstellten Indikator der Nettogeschäftsfalldauer, der in den letzten beiden Spalten der Tabelle 1 teilweise angeführt sowie in Abbildung 2 graphisch abgebildet ist. Klar erkennbar ist ein erster Anstieg der Arbeitslosigkeit von 2008 auf 2009, der sich bei den nur bis zu 3 Monaten Arbeitslosen auf einem leicht höheren Niveau wieder stabilisiert (oberste Linie). Schrittweise werden Menschen jedoch in die Kategorien mit höherer Verweildauer in der Arbeitslosigkeit „durchgereicht“. Ab 2009, 2010, und besonders stark ab 2013 steigt die Zahl der Menschen mit einer Geschäftsfalldauer von über einem Jahr (durchgehend schwarze Linie). Mit einem Jahr Verspätung hebt 2009 und mit enormer Dynamik ab 2014 die Zahl der Menschen mit Geschäftsfalldauer von 2-5 Jahren ab, um im Jahr 2017 sogar jene mit einjähriger Dauer einzuholen. Seit dem Jahr 2009 entspricht dies einer Vervierfachung der Personen mit 2-5-jähriger Geschäftsfalldauer von knapp 20.000 auf knapp 80.000 Personen an einem durchschnittlichen Stichtag. Ab 2014 verdreifacht sich von einem niedrigen Niveau aus auch die Zahl der Personen mit einer Geschäftsfalldauer von über 5 Jahren auf fast 15.000.
Aus dem Vergleich der drei wesentlichen Kennzahlen der Langzeitarbeitslosigkeit lässt sich schließen, dass sie trotz unterschiedlicher Definitionen eine ähnlich hohe Gesamtzahl an Langzeitarbeitslosen anzeigen. Der am stärksten von Arbeitslosigkeit betroffene Personenkreis betrug somit an einem durchschnittlichen Stichtag im Jahr 2018 circa 145.000 Personen. Im Jahr 2016 – dem schlechtesten Jahr der vergangenen Jahrzehnte – lag er bei rund 160.000.
Literatur
Eppel, R., Bock-Schappelwein, J., Famira-Mühlberger, U. & Mahringer, H. (2018): Der österreichische Arbeitsmarkt seit der Wirtschaftskrise. In: WIFO-Monatsberichte, 91, 3: 191-204.
Eppel, R., Horvath, T. & Mahringer, H. (2012): Die Struktur und Dynamik von Arbeitslosigkeit, atypischer Beschäftigung und Niedriglohnbeschäftigung in der Längsschnittanalyse 2000/2010. Österr. Inst. für Wirtschaftsforschung (WIFO). Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.
Eppel, R., Horvath, T. & Mahringer, H. (2013): Eine Typologie Arbeitsloser nach Dauer und Häufigkeit ihrer Arbeitslosigkeit, Österr. Inst. für Wirtschaftsforschung (WIFO).
Eppel, R., Horvath, T. & Mahringer, H. (2014): Eine Typologie Arbeitsloser nach Dauer und Häufigkeit ihrer Arbeitslosigkeit 2010-2013, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO).
Eppel, R., Leoni, T. & Mahringer, H. (2017): Österreich 2025 – Segmentierung des Arbeitsmarktes und schwache Lohnentwicklung in Österreich. In: WIFO-Monatsberichte, 90, 5: 425-439.
Eppel, R. u. T. H., Mahringer, H., Hausegger, T., Hager, I. & Reidl, C. (2015): Arbeitsmarktferne Personen – Charakteristika, Problemlagen und Unterstützungsbedarfe, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung und Prospect GmbH.
Picek, O. (2019): Eine Jobgarantie für Österreichs Langzeitarbeitslose, Appendix A
Fußnoten
1 Der vorliegende Text ist eine Abwandlung des Appendix A aus Picek (2019).
2 Die Langzeitbeschäftigungslosenquote dividiert die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen (dazu weiter unten mehr) durch die Zahl der Unselbstständig Erwerbstätigen plus Arbeitslosen und Personen in Schulung.
3 Betrachtet man nur ein Jahr, sind diese Anteile geringer. Beispielsweise im Jahr 2000 akkumulierten lediglich 3,3 der Personen 50 der Tage in Arbeitslosigkeit. 80 der Tage wurden von 7,3 der Personen angehäuft, im Gegensatz zu 15,1 im Zehnjahreszeitraum. Die Geschlechterunterschiede sind dabei nur gering.
4 Dominant in der Definition des von Eppel et al. (2013) bedeutet, dass die längste Episode im betrachteten Zweijahreszeitraum von Arbeitslosigkeit geprägt waren. Eine detaillierte Definition ist auf Seite 44 der Studie zu finden.
5 Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
6 Obwohl die Typen 3-6 durchaus von Arbeitslosigkeit betroffen sind, verzeichnen diese noch mehr Tage in ungeförderter, d.h. nicht vom AMS finanziell geförderter, unselbstständiger Beschäftigung, als in Arbeitslosigkeit.
7 Zahlen aus dem Jahr 2013, dem letztverfügbaren Jahr
8 Als arbeitsmarktfern gilt, wer im Jahresabstand nicht mehr als zwei Monate (<= 62 Tage) in Standardbeschäftigung und zumindest vier Monate (>= 120 Tage) arbeitslos vorgemerkt war (Eppel et al. 2015, S.9). Für die Gesamtheit aller 16- bis 65-jährigen Arbeitslosen des Jahres 2012 lag das durchschnittliche vorhergesagte Risiko, längerfristig arbeitsmarktfern zu sein, bei 13,1%.
9 siehe Übersicht 21 in Eppel et al. (2015)
10 Von den 20.330 Personen hatten 83,4 bis Ende Juli 2014 nur genau ein Beschäftigungsverhältnis.
11 siehe Übersicht 28 in Eppel et al. (2015). Die Übergangswahrscheinlichkeit wurde für aufgenommene Beschäftigungsverhältnisse im Zeitraum eines Jahres und sieben Monaten (Jänner 2013-Juli 2014) gemessen.
12 z.B. aufgrund einer sogenannten Paragraph 10 Sperre – Vereitelung der Arbeitsaufnahme
13 Kürzere Unterbrechungen beenden den Geschäftsfall nicht, womit nach Ende der Unterbrechung die Zählung der Arbeitslosigkeitstage weitergeführt wird.
14 Inklusive jene Personen, deren Arbeitsfähigkeit zum Stichtag abgeklärt wird. Abgezogen werden aber eine niedrige vierstellige Zahl an Personen, die eine mehrjährige Facharbeiterausbildung durchlaufen und so rein statistisch zu Langzeitbeschäftigungslosen gemacht werden, obwohl ihre Arbeitsmarktchancen nach Ende der Ausbildung erwartbar besser sein dürften.