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Lohnlücke: Der Preis, eine Frau zu sein

Sophie Achleitner
09. November 2023
Lohnlücke: Der Preis, eine Frau zu sein

Frauen werden für die gleiche Arbeit schlechter bezahlt. Daran erinnert der Equal Pay Day jedes Jahr aufs Neue: Etwa 60 Tage arbeiten Frauen dieses Jahr gratis. Gründe für die geschlechtsspezifische Lohnlücke gibt es einige. Doch egal, wie man es dreht und wendet: Am Ende des Tages zahlen Frauen den Preis dafür, eine Frau zu sein.

„Frauen arbeiten doch häufiger in Teilzeit – vor allem, wenn sie Kinder bekommen. Deshalb verdienen sie weniger“ ist die Standarderklärung dafür, dass Frauen 2023 immer noch weniger bezahlt wird als Männern. Fakt ist: Mutterschaft spielt in vielen Fällen eine Rolle für den Gender Pay Gap. Mütter steigen oft jahrelang aus dem Beruf aus und nur in Teilzeit wieder ein. Das lässt die Lohnschere zweifellos weiter aufgehen. Doch selbst bei kinderlosen Frauen ist die Lohnlücke fast ident mit der von Müttern im Vergleich zu den Vätern. Die Mutterschaft spielt also nur eine untergeordnete Rolle.

Also muss das nächste Argument herhalten, warum Frauen ja selbst daran schuld seien, dass sie weniger Einkommen haben: „Frauen suchen sich einfach häufiger schlecht bezahlte Berufe aus“. Die Daten zeigen uns aber, dass von Frauen dominierte Branchen schlechter bezahlt sind. In den bestbezahlten Branchen arbeiten überwiegend Männer. So sind 8 von 10 Vorständen oder Geschäftsführer:innen männlich und haben einen durchschnittlichen Bruttostundenlohn von 51,4 Euro. In Österreich sind von 10 Frisör:innen 9 weiblich, sie bekommen in der Stunde nur durchschnittlich 12,5 Euro brutto. Ähnlich sieht es mit der Bezahlung und dem Frauenanteil in der Kinderbetreuung aus. Viele dieser weiblichen, und häufig systemrelevanten Berufe, sind miserabel bezahlt. Das bedeutet gleichzeitig aber nicht, dass das immer so war oder dass Frauen sich freiwillig den mickrigen Lohnzettel aussuchen. Das Phänomen vom sinkenden Durchschnittsgehalt, sobald eine Branche ‘weiblicher’ wird, ist durch zahlreiche Studien belegt und beschreibt das Hauptproblem des Gender Pay Gaps: die strukturelle Benachteiligung von Frauen.

Denn selbst wenn wir Teilzeit, unterschiedliche Berufswahl, Erfahrung, Ausbildung, usw. rausrechnen, bleibt immer noch eine Einkommenslücke von 14 Prozent. Frauen werden also Lohn-diskriminiert und das passiert in vielen Fällen nicht erst durch die Mutterschaft, wie so oft behauptet: In den Augen vieler Arbeitgebenden werden Frauen nun mal früher oder später Mütter. Diese potenzielle Mutterschaft führt dazu, dass kinderlose Frauen dafür bereits diskriminiert werden, ohne dass sie (je) Mütter sind. 

Überwinden wir also diese strukturellen Benachteiligungen von Frauen nicht, müssen wir noch weitere 400 Jahre warten, bis sich der Gender Pay Gap vielleicht schließt. Wo müssen wir also ansetzten? Der Ausbau der Kinderbetreuung, die Aufwertung der Niedriglohnbranchen, die Verkürzung der Arbeitszeit und eine verpflichtende Lohntransparenz, sind wesentliche Stellschrauben dafür.  

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Tiroler Tageszeitung.

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