Ein Antragsformular und ein Laptop stehen auf einem Tisch.
/ 20. September 2022

 

Im Mai 2022 haben wir uns als Momentum Institut um eine Basisfinanzierung im Rahmen der neuen OeNB-Förderlinie "Förderprogramm für die österreichische Wirtschaftsforschung" bemüht und den Antrag im Volltext online zugänglich gemacht. Die kompetitive Vergabe von Fördermitteln auf Basis von externen Gutachten ist im Wissenschaftsbetrieb üblich, um Qualitätsstandards zu sichern. In solchen Begutachtungsverfahren ist es häufig so, dass nach einer ersten Begutachtungsrunde die Gelegenheit zur Überarbeitung und Stellungnahme zu den Gutachten eingeräumt wird. 

Aus Transparenzgründen veröffentlichen wir im Folgenden die Entscheidungsgründe für die Ablehnung unseres Antrags durch die OeNB, soweit sie uns schriftlich übermittelt wurden, zusammen mit einer Stellungnahme zu den einzelnen Punkten.

1. Zusammenfassende Beurteilung der Institution

i. Strategie und Organisation

Das Momentum Institut sieht sich als offene Denkfabrik (Motto: Think Tank der Vielen). Im Zentrum stehen dabei die Erforschung, Entwicklung und Bewertung von politischen, sozialen und wirtschaftlichen Konzepten und Strategien sowie deren Kommunikation nach außen.

Die Komplementarität zu anderen Instituten ergibt sich dabei durch einen starken Fokus auf die Themenfelder Umwelt und Verteilung sowie dem expliziten Anspruch, diese Themen an die breite Bevölkerung zu kommunizieren bzw. Tragen.

Die Anerkennung des thematischen und kommunikativen Alleinstellungsmerkmals des Momentum Instituts im Vergleich mit den übrigen Wirtschaftsforschungsinstituten freut uns.

Das Institut befindet sich gerade im strukturellen Aufbau, daher gibt es aktuell noch wenige (wissenschaftliche) Mitarbeiter:innen und tendenziell flache Hierarchiestrukturen.

Eine der Größe des Instituts angemessene Evaluation findet über ein etabliertes, interdisziplinäres Advisory Board statt, in dem jedoch die volkswirtschaftliche Expertise ausbaufähig ist.

Im Bereich des Momentum Instituts entfielen zum Zeitpunkt der Antragsstellung vom antragsrelevanten Personalbestand 5,2 Vollzeitäquivalente (VZE) auf Ökonom:innen, 1,1 VZE auf Kommunikation und 1,5 VZE auf Leitung. Dazu kommt die ebenfalls ökonomisch besetzte, ehrenamtlich ausgeübte wissenschaftliche Leitung durch Univ.-Prof. Dr. Leonhard Dobusch. Co-Vorsitzende des Advisory Boards sind mit Univ.-Prof. Barbara Prainsack (Universität Wien, Bereich Politische Ökonomie) und Univ.-Prof. Dr. Jakob Kapeller (Universität Duisburg-Essen, Bereich Ökonomie) zwei renommierte Ökonom:innen. Die restliche Besetzung spiegelt den transdisziplinären Ansatz des Momentum Instituts wider. 

ii. Finanzierung und Finanzierungsperspektiven

Die Finanzierung und v.a. die Finanzierungsplanung des Instituts wurde im Förderantrag vergleichsweise oberflächlich dargestellt. Die Finanzierung erfolgt derzeit primär über Arbeitnehmer:innenvertretungen (sehr starke Konzentration) und in geringerem Ausmaß über Crowdfunding und sonstige Aktivitäten. Fraglich ist, inwiefern dies eine entsprechende Basis für unabhängige Forschungsarbeiten mittelfristig darstellen kann.

Als Momentum Institut sind wir das einzige Wirtschaftsforschungsinstitut in Österreich, das nennenswerte Einkünfte über Crowdfunding und Kleinspenden erzielt. Wie im Jahresbericht für 2021 dargestellt, beliefen sich die Spendeneinahmen bereits im zweiten Jahr nach Gründung auf rd. EUR 300.000. Eine Zuerkennung der beantragten Förderung hätte einen weiteren Beitrag zur Diversifizierung der Finanzierungsgrundlagen geleistet.

Bislang konnte Momentum noch keine nennenswerten Finanzierungsquellen über kompetitive Forschungsförderungen erschließen. Die vermehrte Antragstellung über kompetitive Förderinstrumente (wie z.B. über den Jubiläumsfonds der OeNB) würde das Momentum Institut auch indirekt beim weiteren strukturellen Institutsaufbau unterstützen.

Auf Grund des geringen Alters des Instituts (2,5 Jahre zum Zeitpunkt der Antragsstellung) ist dieser Punkt nicht verwunderlich. Genau die empfohlene “vermehrte Antragsstellung” (z.B. beim Jubiläumsfonds der OeNB) war aber einer der zentralen Punkte des Förderantrags. Das wird durch die negative Förderentscheidung erschwert.

Unklar ist auch die Abgrenzung des „Momentum Instituts“ vom „Moment Magazin“ auf institutioneller und finanzieller Ebene. Dies erschwert zusätzlich die Beurteilung der Arbeit des Instituts. Hier sollte zukünftig auf eine klarere, trennschärfere Darstellungsweise geachtet werden.

Dieser Punkt ist nicht nachvollziehbar. Im Antrag (S. 26-27) haben wir ausschließlich die Finanzierungsseite des Instituts ausgewiesen. Diesbezüglich hatten wir außerdem noch vor Einreichung nachgefragt, wie genau die Darstellung erfolgen sollte. Auch nach Einreichung wurde uns schriftlich mitgeteilt, dass keine Nachbesserungen aufgrund formaler Kriterien wie fehlender Klarheit der Darstellung erforderlich sei. 

iii. Forschung und Kommunikation

Bei den Arbeiten von Momentum handelt es sich vor allem um beschreibende Analysen und die Ausarbeitung von diversen Policy-Optionen mit starkem Österreich-Bezug. Darin besteht auch der starke Fokus auf Anwendungsorientierung. Grundlagenforschung im definitorischen Sinn wird (zurzeit) nicht betrieben. 

Der Verweis auf “Grundlagenforschung” als Grund für die Ablehnung des Momentum Instituts überrascht. Der Begriff kommt in den veröffentlichten Förderkriterien, die als Entscheidungsgrundlage dienen, nicht vor. 

Publikationen werden primär über die Website veröffentlicht. 

Die primäre Veröffentlichung über die Webseite entspricht der konsequenten Open-Science-Orientierung des Momentum-Instituts, was sich auch in der Veröffentlichung von Rohdatensätzen im Rahmen eines Open-Data-Portals widerspiegelt. Das Momentum Institut macht seine Forschungsergebnisse allen interessierten Menschen zugänglich und verschließt sie nicht hinter Paywalls. Die Veröffentlichung von Rohdaten leistet darüber hinaus einen Beitrag zur Grundlagenforschung, weil sie Voraussetzung für unabhängige Auswertung von Datenbeständen und Replikation von Analysen durch Dritte ermöglicht.

Bislang fehlt es an relevanten Veröffentlichungen in bekannten wissenschaftlichen Journals mit kompetitiven, die eigene Forschungsarbeit qualitätssichernden bzw. reflektierenden, Komponenten.

In dieser Allgemeinheit ist diese Aussage nicht haltbar. Im Antrag finden sich ab S. 34 insgesamt 22 Publikationen allein für die Jahre 2020-2021 von Mitgliedern des Instituts in wissenschaftlichen Zeitschriften, Sammelbänden und Reihen. Angesichts der langen Dauer von wissenschaftlichen Begutachtungsverfahren in den Sozialwissenschaften ist das für ein junges Institut eine äußerst beachtliche Anzahl.

Das Institut ist sehr stark auf Außenkommunikation ausgerichtet. Es wird durchgängig versucht, die Relevanz der Inhalte in den öffentlichen Diskursen zu positionieren und steigern. Einzigartig ist auch die professionelle Nutzung von Social-Media Formaten zur Verankerung der institutionellen Inhalte.

Wir bedanken uns für die Anerkennung der kommunikativen Kompetenz des Momentum Instituts, was ja auch in den Förderkriterien mehrfach als maßgeblich angeführt wird. Wir sehen die Wissenschaftskommunikation als eine zentrale Aufgabe von Wissenschafter:innen, um einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.

iv. Ausbildung und Nachwuchsförderung

Trotz der kleinen Institutsgröße ist der sichtbare Versuch vorhanden, Nachwuchsförderung strukturell innerhalb des Instituts zu forcieren. Das Institut zeichnet sich auch durch vergleichsweise viele junge Mitarbeiter:innen aus.

Hier sehen wir unsere Bemühungen um Ausbildung und Nachwuchsförderung angemessen gewürdigt. 

2. Fazit: Keine Förderempfehlung

i. Wesentliche Gründe der Entscheidung und Definition von Entwicklungsthemen

Das Momentum Institut leistet gut sichtbare Arbeit in den selbst definierten Forschungsschwerpunkten, die an anderen Instituten oftmals keine vorrangige Stellung einnehmen.

Volle Zustimmung. Die oben erwähnten wichtigen Forschungsbereiche - Umwelt und Verteilung - nehmen in anderen Instituts tatsächlich eine untergeordnete Rolle ein, weswegen eine Förderung des Momentum Instituts im allgemeinen Interesse steht.

Im Antrag wurde jedoch insgesamt unzureichend auf die einzelnen Förderkriterien eingegangen. Dies betrifft insbesondere die interne Organisation des Instituts, die Finanzierungsstruktur sowie den zentralen Aspekt der Wissenschaftlichkeit. Derzeit kann die wissenschaftliche Unabhängigkeit des Instituts nicht zur Genüge beurteilt werden.

Der gesamte, hier im Volltext veröffentlichte, Antrag wurde anhand des Kriterienkatalogs der OeNB erstellt. Wie bereits erwähnt, erfolgte insbesondere die Darstellung von Organisation und Finanzierungsstruktur erst nach Rücksprache mit der OeNB. Die OeNB hat nach einer Erstprüfung keine Ergänzungs- oder Klärungswünsche angeführt. Die Dominanz weniger großer Fördergeber alleine kann nicht das ausschlaggebende Kriterium sein, wenn man sich vergegenwärtigt, dass beispielsweise WIFO (40%) und IHS (34%) maßgeblich vom Finanzministerium finanziert werden (vor OeNB-Fördergeldern). Zählt man Drittmittel durch andere Bundesministerien hinzu, ist die Abhängigkeit der beiden Institute von der Bundesregierung noch größer. Beim WIFO erhöht sich die Abhängigkeit von der Bundesregierung auf bis zu 50%. Ohne staatliche Basisfinanzierung und Aufträge wären beide Institute nicht überlebensfähig. 

Der Fokus des Instituts auf Policy-Analysen und Advice geht derzeit mit einem Defizit im Bereich der Grundlagenforschung einher. Eine sukzessive Ausweitung der Grundlagenforschung, inklusive der Einwerbung entsprechender Fördermittel sowie daraus entstehende wissenschaftliche Publikationen, wäre ein zentraler Schritt in Richtung institutionelle Festigung des Instituts.

Grundlagenforschung war explizit kein Kriterium im durchaus umfassenden Kriterienkatalog. Das Wort selbst kommt in den Förderkriterien Null mal vor. Darüber hinaus war die stärkere Einwerbung kompetitiver Drittmittel einer der Hauptgründe für die beantragte Förderung durch die OeNB.

Fehlende Publikationserfahrung auf diesem Gebiet mag auch mit dem verhältnismäßig jungen Team an Forscher:innen zusammenhängen, sollte jedoch auf Dauer forciert werden, um sich im wissenschaftlichen Umfeld als Forschungsinstitut (Stichwort: Publikationsstrategie) etablieren zu können.

Angesichts der üblicherweise mehrjährigen Begutachtungsverfahren im Bereich wissenschaftlicher Veröffentlichungen wäre eine noch größere Zahl an diesbezüglichen Veröffentlichungen nicht möglich gewesen. Hierauf verstärkt den Fokus zu legen, war und ist Teil der Publikationsstrategie, wie sie auch im Antrag dargelegt wurde. Auch hier gilt, dass die Förderung genau diesem Ziel gedient hätte.

 

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