Schule
/ 24. April 2020

Seit 16. März bzw. mittlerweile 6 Wochen sind die Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronakrise in Kraft. Die Schulen öffnen nun schrittweise im Schichtbetrieb, wobei sich ca. zwölf SchülerInnen in jeder Gruppe befinden. Gruppe A wird von Montag bis Mittwoch unterrichtet, Gruppe B Donnerstag und Freitag, in der zweiten Woche wird dann gewechselt. Der Rest sind Hausübungstage. Diese könnten auch in der Schule genutzt werden, zum Beispiel in einem Turnsaal, wo auch Betreuung vorgesehen ist. Nachmittagsunterricht wird ausgesetzt. Die Öffnung erfolgt in drei Stufen bis zum 29. Mai. Kinder, die zur Risikogruppe gehören oder Eltern haben, die dieser Gruppe angehören, müssen den Unterricht nicht besuchen. Wie sie die schulische Pause aufholen können, wurde im Detail nicht vorgestellt.

Diese Situation stellt eine enorme Belastung für berufstätige Eltern und vor allem für berufstätige Alleinerziehende dar. Zwar steht an den Bundesschulen theoretisch für alle Kinder eine Betreuung zur Verfügung, die jedoch verständlicherweise nach all den Aufforderungen zur Unterlassung von unnötigen Kontakten tunlichst vermieden wurde (und nichts an der Betreuungssituation der unter 10-Jährigen ändert). So waren an vielen Schulen nur einzelne Kinder anwesend, über alle Schulen verteilt nur knapp 2% der SchülerInnen. Bei Volksschulen und Kindergärten ist die Situation noch einmal anders: Die Betreuung der Kinder steht dort nur Kindern zur Verfügung, deren Eltern in systemrelevanten Berufen tätig sind, wobei die Liste der systemrelevanten Berufe nach Bundesländern unterschiedlich ist und Eltern, die ihre Kinder „aus anderen, persönlichen Gründen nicht zu Hause betreuen können“. Die unsichere Rechtslage hat dazu geführt, dass viele Kinder von der Betreuung ausgeschlossen wurden, dabei wäre eine Möglichkeit der Betreuung aber gerade für berufstätige Eltern von kleinen Kindern am wichtigsten.
Viele Eltern haben die Betreuung in den letzten Wochen mit dem Aufbrauchen von Zeitguthaben und Urlaubstagen überbrückt, nach 6 Wochen ist ein Großteil davon jedoch aufgebraucht. Mit Blick auf die bevorstehenden Sommerferien wissen viele Eltern nicht, wie sie die Betreuung der Kinder schultern sollen. Vor allem auch, da gerade die Großeltern, die sonst in vielen Familien einen Großteil der Betreuung übernehmen, in Zeiten von Corona nicht zur Verfügung stehen.

Um berufstätige Eltern mit Betreuungspflichten auch in der Zeit der teilweisen Schulöffnung zu entlasten, schlägt das Momentum Institut folgende Maßnahmen vor:

  • Die Priorisierung der Öffnung von Schulen und anderen Betreuungsinstitutionen sowie durchgehend geöffnete Betreuungseinrichtungen während der Sommerferien (insofern dies aus epidemiologischen Gesichtspunkten unbedenklich ist)
  • Einen Rechtsanspruch auf Elternteilzeit bei vollem Lohnausgleich
  • 4 Wochen Sonderurlaub zu Betreuungszwecken

Ausgangssituation

Knapp die Hälfte der erwerbstätigen Eltern haben Kinder unter 12 Jahren
Der Schichtbetrieb in den Schulen und Betreuungseinrichtungen betreffen potenziell bis zu 50% der erwerbstätigen Eltern. Bei den Alleinerziehenden leben knapp 17% mit einem oder mehreren Kindern unter 6 Jahren im Haushalt und 46% mit Kindern unter 12 Jahren. Bei Paaren, bei denen beide Elternteile berufstätig sind, haben 27% der Familien Kinder unter 6 Jahren und die Hälfte Kinder unter 12 Jahren.

 

Betrachtet man die Betreuungssituation der Kinder von berufstätigen Eltern nach Alter, zeigt sich, dass fast 80% der Kinder unter 6 Jahren (insgesamt 171.000) in Institutionen wie Krippen, Kindergärten und Vorschulen betreut werden und somit jetzt teilweise vor verschlossenen Türen stehen. 14% werden ausschließlich entgeltlich (von Privatpersonen wie Tagesmüttern) oder unentgeltlich (beispielsweise von Familienmitgliedern) beaufsichtigt. Nur 7,1% werden ausschließlich von den Eltern betreut.

Bei Kindern zwischen 6 und 12 Jahren sind es immer noch knapp 49% (bzw. 126.000 Kinder), die von einer Betreuung in Einrichtungen wie Hort oder Nachmittagsbetreuung abhängig sind. Knapp über die Hälfte wird ausschließlich von anderen Privatpersonen (27,4%) oder ausschließlich von den Eltern selbst (23,7%) betreut.

Was machen andere Länder besser als wir?

In vielen anderen europäischen Ländern wurden für Eltern, die unter Doppelbelastung stehen, schon Lösungen gefunden. Die Höhe der Leistungen ist unterschiedlich, allen gemein ist jedoch, dass sie einen Rechtsanspruch für die Eltern inkludieren. Von der in Österreich mit 3 Wochen relativ kurzen Sonderbetreuungszeit wird ArbeitgeberInnen nur ein Drittel der Kosten erstattet und die Genehmigung hängt vom Willen des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin ab, wodurch in vielen Fällen eine Genehmigung eher unwahrscheinlich wird. Die von den ausgewählten Ländern großzügigste Lösung hat die Schweiz, wo betroffenen Eltern 80% der Gehaltseinbußen auf Grund von Betreuungspflichten bis zum Ende des Jahres ersetzt werden.

Details des Lösungsvorschlags des Momentum Instituts

Um die stark belasteten berufstätigen Eltern von Kindern zu entlasten, schlagen wir eine Kombination folgender Maßnahmen vor:

Die Priorisierung der Öffnung von Schulen und anderen Betreuungsinstitutionen
Der erste Schritt um die betroffenen Eltern zu entlasten ist eine bevorzugte Öffnung der Betreuungseinrichtungen für Kinder unter 12 Jahren (gegenüber der Öffnung von weiteren Wirtschaftszweigen), insoweit dadurch nicht die Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus beeinträchtigt wird und dies die Gesundheit der Kinder in Gefahr bringt. Je früher diese Institutionen wieder geöffnet werden, desto weniger müssten kostspieligere Maßnahmen wie die geforderte Elternteilzeit in Anspruch genommen und auf die Betreuung durch die besonders gefährdete Gruppe der Großeltern zurückgegriffen werden.

Durchgehend geöffnete Betreuungseinrichtungen während der Sommerferien
Darüber hinaus muss auch in den Sommerferien die Möglichkeit einer Betreuung geschaffen werden. Viele Eltern haben jetzt schon einen Gutteil ihres Zeitguthabens und Urlaubs aufgebraucht und vor allem am Land werden die im Sommer geschlossenen Kinderbetreuungseinrichtungen dadurch noch stärker fehlen. Die dafür zuständigen Gemeinden haben durch die Corona-Krise mit knappen Gemeindefinanzen zu kämpfen. Um sicherzustellen, dass Gemeinden nicht aufgrund der angespannten finanziellen Lage die Kinderbetreuung in den Sommermonaten in nicht ausreichender Zahl zur Verfügung stellen, ist ein Kinderbetreuungs-Fonds gedeckt durch den Bund anzudenken. Die Deckung des Personals für die Sommermonate könnte durch anrechenbare Praktika von in Ausbildung befindlichen PädagogInnen sichergestellt werden.

Einen Rechtsanspruch auf Elternteilzeit bei vollem Lohnausgleich
Für erwerbstätige Eltern, die auf Grund des Schichtbetriebs in den Schulen keine Möglichkeit haben ihre Kinder zu beaufsichtigen, muss die Möglichkeit einer Elternteilzeit mit Rechtsanspruch auf eine Arbeitszeitreduktion auf bis zu 12 Stunden pro Woche geschaffen werden. Konkret soll diese Corona-Teilzeit für Alleinerziehende und für Paare mit Kindern unter 12 Jahren gelten, wobei bei Paaren beide Elternteile berufstätig sein müssen und nur eine Person anspruchsberechtigt ist. Ersetzt werden 100% des Nettogehalts bis zu einem maximalen Auszahlungsbetrag von EUR 2.000. Die Kosten für die Finanzierung der Elternteilzeit betragen in etwa EUR 90 Mio. pro Monat, wenn davon ausgegangen wird, dass alle in Frage kommenden Alleinerziehenden und 50% der Paare die Elternteilzeit voll ausschöpfen.

Sonderurlaub zu Betreuungszwecken
Ergänzt wird dieses Maßnahmenpaket um den Anspruch auf einen Sonderbetreuungsurlaub von 4 Wochen im Zeitraum Juli/August für berufstätige Eltern mit Betreuungspflichten, wobei bei Paaren von jedem Elternteil zwei Wochen in Anspruch genommen werden müssen, um die volle Dauer von 4 Wochen ausschöpfen zu können.

 

Den Policy Brief zum Thema Kinderbetreuung gibt es hier als Download:

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