Frau schiebt Rollstuhl einer älteren Frau als Symbolbild für unbezahlte Sorgearbeit
/ 11. Januar 2024

Kurz vor Weihnachten veröffentlichte die Statistik Austria die lang ersehnten Ergebnisse der neuen Zeitverwendungserhebung. Die Publikation gibt Aufschluss darüber, wie Menschen ihren Tag verbringen. Der traurige Befund: Frauen übernehmen hierzulande nach 40 Jahren immer noch den Löwenanteil der unbezahlten Sorgearbeit. 

Das Interesse an der Veröffentlichung der Daten war groß, zumal die letzte Zeitverwendungserhebung fast 15 Jahre zurückliegt. Doch die neuen Ergebnisse sorgen für Ernüchterung: Geändert hat sich seit 2008 an der Verteilung der unbezahlten Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern aber kaum etwas. Während Männer täglich etwa zwei Stunden mit Tätigkeiten im Haushalt wie Einkaufen, Putzen, Waschen, Kochen oder der Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen verbringen, sind es bei Frauen fast satte vier Stunden. Fast doppelt so viel also, jeden Tag. In Paarhaushalten ist die Verteilung der unbezahlten Arbeit – vor allem, wenn es um die Kinderbetreuung geht – noch ungleicher. Mütter übernehmen dort fast 70 Prozent der Kinderbetreuungsarbeit. Laut der ersten Zeitverwendungserhebung 1981 übernahmen Frauen damals fast 80 Prozent der unbezahlten Arbeit – heute, vier Jahrzehnte später sind es noch immer 63 Prozent.  

Unbezahlte Sorgearbeit ist 57 Milliarden wert

Reduzieren Frauen ihre Erwerbsarbeit, um stattdessen unbezahlte Sorgearbeit zu leisten, büßen sie einen erheblichen Anteil ihres Lebenseinkommens ein. Deutlich wird der Verlust, wenn man ihn im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung betrachtet: Hätte man Frauen in Österreich für ihre unbezahlten Arbeitsstunden für die verrichtete Care-Arbeit entlohnt, hätte ihnen das zusammen im Jahr 2022 etwa 57 Milliarden Euro eingebracht. Das entspricht etwa 13 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung in diesem Jahr. Würde die unbezahlte Arbeit von Männern und Frauen in die Wirtschaftsleistung einbezogen, würde sie insgesamt 22 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Das Paradoxe an der Sache: Frauen arbeiten auch insgesamt mehr als Männer. Zwar sind Männer im Schnitt etwas länger pro Tag erwerbstätig als Frauen, doch zählt man bezahlte und unbezahlte Arbeit zusammen, arbeiten Frauen insgesamt mehr Stunden pro Tag.  

Überwiegend weibliche Sorgearbeit über alle Altersklassen

Frauen in Österreich übernehmen also immer noch den Löwenanteil der unbezahlten Sorgearbeit, egal wie alt sie sind. Im Alter von 20 bis 39 Jahren, dann, wenn die meisten Frauen Mütter werden, übernehmen Frauen mehr als doppelt so viel unbezahlte Sorgearbeit verglichen mit Männern dieser Altersgruppe. Oftmals verbringen Frauen ihr gesamtes Erwachsenenleben in einer Pflege- bzw. Betreuungsrolle. Das zeigt eine Studie (Ophir & Polos, 2021) die den sogenannten "Care Life Expectancy Index" in europäischen Ländern errechnet. Der Index misst die Anzahl der Jahre und den Anteil des Erwachsenenlebens, den Menschen mit unbezahlter Pflege für Kinder, Ältere und Familienmitglieder verbringen. Im Schnitt werden Frauen im Alter von 15 Jahren fast 40 Jahre ihres verbleibenden Lebens in einer unbezahlten Pflegerolle verbringen. Bei Männern sind es hingegen nur etwa 33 Jahre. Österreich landet in dieser Studie auf Platz 3 der Länder, in denen Frauen am meisten Pflegejahre vor sich haben.  

Stellschrauben die zu drehen sind

Um die unbezahlte Arbeit fair zu verteilen, müssen wir den Ausbau qualitätsvoller sozialer Dienstleistungen ankurbeln: Es braucht ein flächendeckendes, kostenloses Kinderbetreuungsangebot mit Öffnungszeiten, die Vollzeitarbeit zulassen. Aktuell ist außerhalb Wiens nur jeder vierte Kindergartenplatz mit Vollzeitarbeit vereinbar. Eine gut ausgebaute und ausfinanzierte Pflege mit top-ausgebildeten Pflegekräften wäre nicht nur für die Pflegebedürftigen selbst, sondern auch für die (großteils weiblichen) pflegenden Angehörigen enorm wichtig. Außerdem hilft eine verpflichtende Väterkarenz dabei, die Karenz und in weiterer Folge auch später die Haushalts- und Betreuungstätigkeiten in Partnerschaften fairer aufzuteilen. 

 

Dieser Text erschien zunächst in der Momentum-Kolumne "Ausgerechnet" bei ZackZack.

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