Wohnungen als Symbolbild für Mieterhöhung
/ 25. Februar 2023

Eigentlich hätte die Bundesregierung in den nächsten Tagen ihren Vorschlag zur Mietpreisbremse vorstellen sollen. Fast hätte die Regierung auch etwas auf den Tisch gelegt, nun ist die Mietpreisbremse aber geplatzt.  Andere Länder, wie Spanien, Frankreich, Portugal oder Dänemark stiegen viel früher auf die Preisbremse und siehe da: Sie wirkt. In Österreich schlägt der Bereich ‘Wohnen’ 1,5 Prozent auf die Teuerung drauf. In Ländern mit Mietbremsen fast nichts, nur 0,2 – 0,4 Prozent. In diesen Ländern verursachen die Mieten de facto keine Inflation, bei uns schon. Tendenz stark steigend. Weil die Regierung bei der Mietpreisbremse seit Monaten auf den Snooze-Button drückt, zahlen wir jetzt den Preis: Österreich hat mit 11,5 Prozent im Jänner die höchste Inflationsrate in Westeuropa.

Gefangen in der Mietpreisspirale

Wir müssen die Inflation also dämpfen, das ist das Gebot der Stunde. In Österreich sind die Mieten allerdings an die Inflation gekoppelt. Aufgrund der explodierenden Energiepreise steigt die Teuerungsrate. Aber eine höhere Teuerungsrate kurbelt dann wiederum die Mieten an. Das heißt: Je höher die Mieterhöhung heuer ist, desto höher wird die Erhöhung im kommenden Jahr sein. Somit sind wir in einer Mietpreisspirale gefangen. Eine klug gesetzte Mietpreisbremse hätte diesen Kreislauf durchbrochen. Dabei sah es sogar lange danach aus, als würde sich die Regierung zu einer Preisbremse durchringen – zumindest bei den Richtwertmieten. Diese steigen alle zwei Jahre mit der Inflationsrate des vergangenen Jahres, heuer somit um 8,6 Prozent. Bei den Regierungsverhandlungen war eine Preisbremse bei 3,6 Prozent im Gespräch. Rund 410.000 Haushalte in Österreich hätte die Maßnahme direkt entlastet. Allein im kommenden Jahr hätten sie sich dadurch 256 Euro gespart. Planmäßig würden die Richtwertmieten mit 1. April steigen. Damit sich die Mietpreisbremse aber bis dahin überhaupt noch ausgeht, muss die Regierung jetzt schnell sein.

Steigende Mieten: Umverteilung von unten nach oben

Das Projekt der Mietpreisbremse droht nun aber doch zu scheitern. Grund dafür ist die Forderung der ÖVP: Eine Senkung der Grunderwerbsteuer soll her. Die Steuer wird immer dann fällig, wenn man sich ein Haus oder eine Wohnung kauft. Die Grunderwerbsteuer ist eine der letzten vermögensbezogenen Steuern in Österreich. Dabei haben wir ohnehin eine exorbitante Schieflage bei der Verteilung des Vermögens im Land. Das Ungleichgewicht offenbart auch das Thema Immobilienbesitz und Wohnen eindrücklich: Die Hälfte der Menschen mit wenig Vermögen wohnt fast zur Gänze zur Miete. Die reichere Vermögenshälfte lebt großteils im Eigentum und ist von Mieterhöhungen unberührt. Eine Ausnahme sind die reichen Immobilienbesitzer:innen, die fast ausschließlich im reichsten Zehntel zu finden sind. Ihnen gehört mehr als nur die selbst genutzte Wohnung oder das eigene Haus. Sie vermieten fleißig, bis zu mehreren Wohnungen oder sogar ganze Häuser. Ihnen kommt die hohe Inflationsrate ganz recht, immerhin können sie ja so ihre Mieteinnahmen steigern. Von allen privaten Mieteinnahmen fließen 80 Prozent in das reichste Zehntel. Noch mehr als sonst gilt in Zeiten hoher Inflation: Das Geschäft mit den Mieten ist eine Umverteilung von unten nach oben.

Der Konflikt zwischen Immobilienbesitzer:innen und wesentlich ärmeren Mieter:innen zeigt sich nun auch auf der Regierungsbank. Bisher ohne Lösung. Die Leidtragenden davon sind aber längst nicht mehr ausschließlich die finanziell schwächsten Haushalte. Ein knappes Viertel der Bevölkerung rechnet laut Statistik Austria schon in den nächsten drei Monaten mit Zahlungsschwierigkeiten bei der Miete. Einigt sich die Regierung nicht bald, könnte diese Angst bald wesentlich mehr Menschen in Österreich ereilen.

Sollen sie doch Immobilien kaufen?

Eine Scheinlösung gegen nicht mehr leistbare Mieten forderte die ÖVP, gestützt von der Immobilienbranche und wirtschaftsliberalen Denkfabriken. Sie wollen die Grunderwerbsteuer senken. Das soll mehr Leute zum Kauf eines Hauses animieren, die aktuell Mietzins zahlen. Doch eine Senkung der Grunderwerbsteuer kann die Immobilienpreise gar nicht so stark senken, dass sich die Unterschicht und Mittelschicht wieder eine Wohnung kaufen können. Für eine 80m2-Wohnung in Wien um 375.000 Euro müsste eine Person mit einem mittleren Einkommen ein Leben lang sparen – um genau zu sein 68 Jahre. Kredit bekommt sie bei steigenden Zinsen, mehr verlangten Eigenmitteln und vor allem horrenden Immobilienpreisen auch keinen mehr. Die Mär, dass die Grunderwerbssteuer vom Hauskauf abhält, erinnert frappant an einen Satz der unbeliebten Habsburgerin Marie Antoinette: „Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch (teuren) Kuchen essen“. Doch wer sich schon die Miete kaum leisten kann, kann sich erst Recht keine Wohnung oder kein Haus kaufen.

Heutzutage ist der Immobilienkauf ohnehin nur mehr für zwei Gruppen möglich. Die einen haben das Geld schon auf der hohen Kante oder haben es geerbt, gehören damit zu den Vermögendsten im Land. Oder sie sind Topverdiener. Hilfe beim Immo-Kauf brauchen beide Gruppen aber nicht. 3,5 Prozent Grunderwerbsteuer weniger machen das Kraut für sie nicht fett. Fehlen würde das Geld aber anderswo: Die Grunderwerbsteuer stellt bedeutende Einnahmen für die Staatskasse dar, ist gar eine der letzten vermögensbezogenen Steuern, mit der die reicheren Teile der Gesellschaft noch etwas mehr beitragen. Fehlen sie, trifft das die Gemeinden am stärksten. Mit der Grunderwerbsteuer bezahlen sie vom Schwimmbad oder dem Pflegeheim, über den Kindergarten bis zu Freiwilligen Feuerwehr alles. Man kann nur hoffen, dass die Regierung noch zur Vernunft kommt. Dass sie eine Mietpreisbremse einführt, und die Grunderwerbsteuer nicht angreift.

 

Dieser Text erschien zunächst in der Momentum-Kolumne "Ausgerechnet" bei ZackZack.

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