Ganze 51 Stunden muss ein Vorstandsvorsitzender von einem der 20 größten Konzerne in Österreich für ein Jahresgehalt arbeiten. Also das, eines durchschnittlichen Beschäftigten. Er selbst bekommt im Schnitt 2,7 Millionen im Jahr. Und die Kluft zwischen den Gehältern der Management-Riege von großen Konzernen und allen anderen Arbeitnehmerinnen wächst. Während die Löhne in den vergangenen zehn Jahren um nur 32,5 Prozent gestiegen sind, schossen die Vorstandsgehälter um 115 Prozent nach oben. Mittlerweile liegt das Verhältnis zwischen Management und anderen Angestellten bei 1:75.
Und diese Schieflage ist noch harmlos im Vergleich zum Vermögen. Das Verhältnis zwischen dem Durchschnittsvermögen und dem Vermögen der zwanzig reichsten Österreicher liegt bei sagenhaften 1:83.000. Österreich, so vermeldete jüngst die Europäische Zentralbank, liegt auf Platz zwei der Länder mit der höchsten Vermögenskonzentration in der gesamten Eurozone.
Das ist eine Konsequenz unseres Steuersystems, das aus der Balance geraten ist. Arbeit wird hoch besteuert, Vermögen und Erbschaften kaum bis gar nicht. Von 100 Steuer-Euros kommen 80 aus Arbeit und Konsum, aber nur 4 aus vermögensbezogenen Steuern. Das katapultiert uns auch im OECD-Vergleich weit nach hinten. Österreich zählt von 38 Ländern zu jenen mit den niedrigsten Steuern auf Vermögen.
Viel Freude haben die Allermeisten hierzulande damit allerdings nicht. Zwei Drittel befürworten die Einführung einer Vermögenssteuer – unabhängig vom eigenen Einkommen. Ja, selbst Superreiche wünschen sich lautstark, endlich gerecht besteuert zu werden. Manche, wie Millionen-Erbin Marlene Engelhorn, gehen sogar so weit, fast ihr gesamtes Erbe diesem Zweck zu widmen. Sie nimmt die Rückverteilung nun selbst in die Hand. Ein repräsentativ ausgewählter BürgerInnen-Rat hat nun die Aufgabe 25 Millionen Euro von Engelhorns Erbe an die Gesellschaft zurückzugeben. Sie selbst nimmt auf die Entscheidung, wohin das Geld fließt keinen Einfluss, so sehr vertraut sie auf die Weisheit demokratischer Prozesse. Das Timing für die Präsentation des Rats hätte besser nicht sein können.
Am gleichen Tag schickte der ehemalige Immobilien-Milliardär René Benko seine Kaufhauskette in die Insolvenz. Zum dritten Mal binnen vier Jahren, hunderte Millionen öffentlicher Hilfszahlungen zum Trotz. 15.000 Beschäftigte bangen nun um ihre Jobs. Sein eigenes Vermögen, angehäuft in den Jahren niedriger Zinsen und spekulativer Investments hat er längst in Sicherheit gebracht. Nicht jede Insolvenz ist Ergebnis derart fragwürdiger Geschäftspraktiken wie bei Benkos Signa-Gruppe. Pleiten mit Folgekosten für uns alle wird es in einer Marktwirtschaft immer geben. Umso wichtiger ist es deshalb, die in guten Jahren aufgehäuften Vermögen auch an den Kosten schlechter Jahre zu beteiligen. Das ist nicht nur verteilungs-, sondern auch leistungsgerecht.
Der Text erschien zunächst als Gastkommentar im Kurier.