Damit geflüchtete Ukrainer:innen gut in Österreich ankommen, brauchen sie einen Arbeitsplatz. Doch nicht überall im Land sind die Jobchancen gleich verteilt. Während Arbeitgeber:innen in den westlichen Bundesländern sehr stark nach Personal suchen, ist das Jobangebot im Osten Österreichs deutlich schwächer. In Salzburg kommen etwa im Februar 2022 nur mehr durchschnittlich 1,3 Arbeitslose auf eine offene Stelle. In Wien sind es durchschnittlich 7mal so viele.
Damit die westlichen Bundesländer ein attraktiver Standort für potenzielle Arbeitskräfte aus der Ukraine sind, braucht es jedoch eine größere Unterstützung für Geflüchtete – sowohl finanzieller Natur als auch in Form von Kinderbetreuungsangeboten. Derzeit befinden sich Geflüchtete aus der Ukraine in der Grundsicherung und haben keinen Anspruch auf eine Mindestsicherung. Eine dreiköpfige Familie bestehend aus einer Mutter und zwei Kindern erhält in der Grundsicherung EUR 715 und damit nicht einmal die Hälfte von dem, was ihr als anerkannte Flüchtlinge in der Mindestsicherung zustehen würde. Geflüchtete, die arbeiten gehen wollen, um ihre Grundsicherung aufzubessern, stoßen jedoch rasch an die Zuverdienstgrenze von EUR 120 pro Monat. Wer mehr verdient, verliert die gesamte Grundsicherung. Ein Anheben dieser Zuverdienstgrenze auf EUR 485 wurde bereits angekündigt, doch auch diese wirkt vor dem Hintergrund der zu verlierenden EUR 715 zu niedrig.
Etwa 70 Prozent der aus der Ukraine geflüchteten Personen sind Frauen. Viele davon sind mit ihren Kindern nach Österreich gekommen. Wenn diese Mütter, aber auch Väter, einmal ein fachlich passendes Jobangebot gefunden haben, brauchen sie eine entsprechende Kinderbetreuung. Gerade in den ländlichen Regionen, besonders in Westösterreich, wo viele Jobs zu finden sind, ist das Angebot der Kinderbetreuung jedoch unzureichend. In Oberösterreich haben nur 14 Prozent der Kindergärten länger als 10 Stunden geöffnet. In Salzburg, Tirol und Vorarlberg sind es zwischen 22 und 28 Prozent. Zum Vergleich: Die Stadt Wien schafft es deutlich besser Alleinerziehenden eine Vollzeit-Beschäftigung zu ermöglichen. Rund 70 Prozent der Kindergärten haben dort länger als 10 Stunden geöffnet.
Zusätzlich zu einem besseren Kinderbetreuungsangebot können die Bundesländer jedoch auch auf einer anderen Ebene dafür sorgen, dass sie für ukrainische Arbeitskräfte attraktiv sind, nämlich bei der Unterkunft. Denn derzeit handhabt jedes Bundesland den Übertritt von der Grundsicherung ins Erwerbsleben unterschiedlich. Eigentlich verlieren Geflüchtete bei der Annahme eines Jobs über der Zuverdienstgrenze den Anspruch auf die Grundsicherung und damit auch auf ihre organisierte Unterkunft. Tirol und Vorarlberg gewähren den Geflüchteten in diesem Fall jedoch eine Übergangsfrist zur Wohnungssuche und diese macht sich laut einer neuen Studie bezahlt. Denn je höher die Unterstützung des Bundeslandes, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Geflüchtete beim Annehmen eines Jobs im Bundesland bleiben. Für Bundesländer, in denen Unternehmen besonders eifrig nach neuen Arbeitskräften suchen, ist es also ratsam Geflüchtete bei der Annahme eines Jobs nicht sofort aus der Unterkunft zu werfen.
Zusammenfassend stellt die große Fluchtbewegung den österreichischen Arbeitsmarkt vor neue Herausforderungen. Die Arbeitsmarktsituation ist jedoch bereits besser als vor der Corona-Krise. Der Arbeitsmarkt ist durchaus gewappnet für diese Herausforderung. Wichtig ist jedoch, dass jene Regionen, in denen besonders stark um Arbeitskräfte gebuhlt wird, für Geflüchtete ein attraktiver Standort zum Arbeiten sind. Das bedeutet für diese Regionen einerseits bei dem Übergang von der Grundsicherung ins Erwerbsleben Kulanz zu zeigen und andererseits ein Kinderbetreuungsangebot zur Verfügung zu stellen, das kostengünstig ist und lange Öffnungszeiten hat. Denn wenn ukrainische Arbeitskräfte in Österreich eine Anstellung finden, profitieren alle. Die Person erhält ein Einkommen von dem sie leben kann, Arbeitgerber:innen können vakante Stellen besetzen und werden produktiver und die Gesellschaft profitiert von Steuern und Sozialabgaben.
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