Weltfrauentag

Weltfrauentag: Und jährlich grüßt das Murmeltier

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In Großbritannien haben ÖkonomInnen berechnet, welche Arbeit am meisten zur Gemeinschaft beiträgt. Das – damals – überraschende Ergebnis: Der wichtigste Job ist die Reinigungskraft, die das Spital sauber hält. Die echten LeistungsträgerInnen sitzen unten. Unterbezahlt, in der Regel unsichtbar und systemrelevant. Wer systemrelevant ist, wird meistens schlecht bezahlt, überdurchschnittlich belastet und – ist weiblich. 7 von 10 Supermarktangestellten sind Frauen, 9 von 10 Beschäftigten in Betreuungsberufen wie Altenpflege oder Elementarpädagogik sind weiblich, auch im Gesundheitsbereich sind 80 Prozent Frauen. Allen Berufen gemein ist: Sie gehen mit einer hohen Arbeitsbelastung einher und werden gleichzeitig unterdurchschnittlich bezahlt. Geht doch endlich in die Technik, rät man Frauen. Ignorieren wir mal, dass irgendjemand unseren Kindern Lesen und Rechnen beibringen oder unsere Alten gut versorgen muss. Ein weiterer Schönheitsfehler: Drängen Frauen in eine Branche, sinken Ansehen und Gehalt. Apotheker oder Lehrer waren früher fast nur Männer – Prestige und Gehalt entsprechend hoch. Frauen und ihrer Arbeit wird schlicht weniger Wert zugemessen. Außerdem: Eine Teilzeit-Stunde wird schlechter entlohnt als eine Vollzeit-Stunde. Vor der Teilzeit-Falle werden Frauen gern gewarnt. Man lässt sie aber absichtlich hineinrennen, denn: Was ist die Alternative? Sollen sie die Kindergärten selber bauen? Außerhalb der Städte gibt es für 7 von 10 Kindern unter 6 keinen Kindergarten oder Krippe, die einen Vollzeitjob zulassen. Über 400.000 Frauen sind in Teilzeit, weil sie zuhause Betreuungspflichten haben. Teilzeit ist ein trügerisches Wort. Es heißt für Frauen nichts anderes, als dass sie nach ihrer bezahlten Erwerbsarbeit in die unbezahlte Schicht gehen. Frauen arbeiten mehr Stunden als Männer, sie werden nur für weniger bezahlt. Würden sie den Staubsauger hinschmeißen, hätten wir ein ziemliches Problem. Frauen stemmen unbezahlt – und sind wir ehrlich – unbedankt – Gewaltiges. Ihre unbezahlte Arbeit entspricht mit 22 Prozent fast einem Viertel der hiesigen Wirtschaftsleistung. Die gesellschaftliche Idealvorstellung an Frauen stellt sie vor ein unlösbares Problem: Ihren Job sollen sie machen, als hätten sie keine Kinder. Und sie sollen Mutter sein, als hätten sie keinen Job.

Selbst wenn man findet, dass es gute Gründe gibt für die schlechte Bezahlung, die lächerliche Pension, das Alleinlassen bei der Familienarbeit der Frauen. Selbst wenn man all diese Benachteiligungen akzeptiert, weil man sie ja “erklären” kann: Selbst dann bleibt ein Rest, der eben nicht erklärbar ist. Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen liegt bei 12 Prozent. Verwenden wir die Energie, die in Erklärungen dafür gesteckt wird, doch dafür, es zum Besseren zu ändern. Mit Kinderbetreuungseinrichtungen, die mit Vollzeit vereinbar sind. Mit einem Lohnniveau in Frauenbranchen, von dem man leben kann und das später ein Altwerden in Würde ermöglicht. Mit einer verkürzten Arbeitszeit, damit beide Eltern ihre Kinder beim Großwerden begleiten können.

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar im Kurier.

Das bisschen Haushalt?

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„Wir wären nie gewaschen, und meistens nicht gekämmt, die Strümpfe hätten Löcher und schmutzig wär das Hemd“. Auch 20 Jahre später bringt Eva Rechlins Gedicht Mütterlein im Film „Muttertag“ die Situation von Frauen auf den Punkt.  

Die Sorgelast tragen Mütter Großteils allein. 8 von 10 Väter gehen nicht einmal in Karenz. Aufschluss über die ungleiche Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit sobald Kinder ins Spiel kommen gibt der Gender Care Gap. Er beschreibt das unterschiedliche Ausmaß, das Männer und Frauen mit unbezahlter Arbeit verbringen. Der absolute Rekordwert des Gaps liegt in der Altersgruppe der 30-34-Jährigen. Hier übernehmen Frauen um sagenhafte 130 Prozent mehr Sorgearbeit als Männer. Auf Kosten ihrer Berufstätigkeit. In Österreich arbeitet jede zweite Frau in Teilzeit. 3 von 4 Mütter mit Kindern unter 15 Jahren sind in einem Teilzeit-Job. Trotzdem arbeiten Frauen täglich mehr Stunden als Männer. Großteils aber unbezahlt in der 2. Schicht zuhause. Nach dem Brot-Job stemmen sie zu Hause den Haushalt, die Kinderbetreuung und die Pflege von (älteren) Angehörigen.  

Früh übt sich

Doch die Mehrbelastung von Frauen beginnt und endet nicht mit dem Kinderwunsch. Über alle Altersgruppen hinweg, also von den 10-Jährigen bis zu den über 75-Jährigen, leisten Frauen knapp drei Viertel mehr Sorgearbeit. Egal ob am Anfang ihres Lebens, in der Mitte oder zum Lebensabend, Frauen leisten ein Vielfaches mehr für Familie und Haushalt.   

Die Weichen dafür stellen sich schon bei den Jüngsten: 10- bis 14-jährige Mädchen übernehmen um ein Drittel mehr unbezahlte Haus- und Sorgearbeit als gleichaltrige Buben, unter Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren ist es bereits um die Hälfte mehr.   

Die oft geäußerte „Erklärung“, dass Frauen deshalb mehr unbezahlte Arbeit übernehmen, weil sie ohnehin „nur” Teilzeit arbeiten, gilt bei Kindern und Jugendlichen definitiv nicht. Veraltete und nach wie vor weit verbreitete Rollenbilder sorgen schon bei den Jüngsten für eine ungleiche Aufteilung der Sorgearbeit.  

Tätigkeit folgt Rollenbild

Ein Blick auf die verrichteten Tätigkeiten von Kindern und Jugendlichen zeigt: Das traditionelle Rollenbild „Hausarbeit und Kinder sind Frauensache“ wird nicht nur vorgelebt, sondern nach wie vor gelehrt. Bei den 10- bis 14-jährigen Buben und Mädchen ist die Aufteilung von unbezahlter Haus- und Care-Arbeit daher folgerichtig entlang der Geschlechtergrenzen. Buben erledigen eher die Gartenarbeit, versorgen Nutztiere und gehen mit dem Hund spazieren. Mädchen verbringen deutlich mehr Zeit mit häuslichen Care-Tätigkeiten wie Aufräumen und Putzen, Kochen und Geschirr abwaschen oder Einkaufen.   

Bei den 15- bis 19-Jährigen beschränken sich die Tätigkeiten, bei denen Burschen mehr übernehmen, auf „Outdoor-Tätigkeiten“ wie Gartenarbeit, kleinere Reparaturen im Haus oder in der Wohnung. Die Mädchen hingegen bringen ihre jüngeren Geschwister in den Kindergarten oder passen nachmittags oder abends auf sie auf.  

Neue Vorbilder für zeitgemäße Rollen

Wünschen wir uns für unsere Töchter ökonomische Unabhängigkeit, wird es Zeit diese Rollenbilder über Bord zu werfen. Es ist kein Naturgesetz, dass die Mama Haushalt, Kinder und Großeltern schupft und nebenbei Teilzeit arbeitet, während der Papa das Geld nach Hause bringt. Wenn wir wollen, dass die kommenden Generationen Sorgearbeit gerecht aufteilen, muss es die Rahmenbedingungen geben, die das Vorleben von Gleichberechtigung ermöglichen. Wir müssen unsere Arbeitswelt neu denken, denn aktuell ist sie noch auf das Modell der 50er Jahre ausgerichtet. Es braucht aktive Väter, die in Karenz gehen und auch nach dem Wiedereinstieg in den Job ihren Teil der Sorgearbeit leisten. Eine verpflichtende Väterkarenz, wie sie in anderen Ländern bereits Standard ist, könnte dabei helfen, das Fundament jeder jungen Familie gleichberechtigt zu bauen. Verkürzen wir die Arbeitszeit, dann bleibt Männern mehr Zeit für die wichtige unbezahlte Arbeit. Ihren Partnerinnen ermöglicht es wiederum, mehr Stunden einer bezahlten Arbeit nachzugehen. Das tut dringend Not, um die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen zu sichern und senkt gleichzeitig ihr Risiko, später im Leben in Altersarmut zu landen. Eine umfangreiche Kindergarten- und Pflegeoffensive schafft nicht nur Jobs, sondern sorgt dafür, dass Mama und Papa beide gleichermaßen einem (verkürzten) Vollzeit-Job nachgehen können. Wer möchte, dass alle Kinder, ob Mädchen oder Bub, sich voll entfalten können, muss ihnen zeitgemäße Vorbilder geben. 

Dieser Text erschien zunächst in etwas gekürzter Form als Gastkommentar in "Der Standard".

Weltfrauentag 2024: Mädchen leisten mehr für Familie und Haushalt als Buben

Mädchen das putzt

Kurz nach dem österreichischen Equal Pay Day am 14. Februar und dem Equal Care Day am 29. Februar folgt der internationale Weltfrauentag am 8. März. An diesem Tag wird an die nach wie vor herrschende Diskriminierung, Ungleichstellung, Ungleichberechtigung und ungleiche Bezahlung von Frauen erinnert.

Während der Equal Pay Day den Gender Pay Gap – also die geschlechtsspezifische Einkommenslücke von erwerbstätigen Frauen und Männern in den Fokus stellt, macht der Equal Care Day auf die unbezahlte und oft unsichtbare, weibliche Haus-, Sorge- und Familienarbeit aufmerksam. Beiden Gedenktagen gemein sind die nach wie vor fest verankerten traditionellen Rollenbilder und Stereotypen über Frauen in unserer Gesellschaft. Der 8. März erinnert uns daran, dass diese aufgebrochen werden müssen, um die Gleichstellung von Frauen und Männern zu erreichen.

Von jung bis alt: Der Gender Care Gap bleibt fest bestehen

Frauen leisten mehr. Egal ob am Anfang ihres Lebens, in der Mitte oder zum Lebensabend. Insgesamt beträgt der Gender Overall Care Gap in Österreich 71 Prozent. Zur Berechnung des “Gender Overall Care Gaps” wird die durchschnittliche tägliche Dauer von unbezahlten Care-Tätigkeiten an der Gesamtbevölkerung gemessen – darin sind alle Menschen in Österreich ab 10 Jahren inkludiert, egal ob sie Sorgearbeit leisten oder nicht.

Frauen leisten im Schnitt 3 Stunden und 48 Minuten Sorgearbeit, während es bei den Männern nur 2 Stunden 14 Minuten sind. Da es aber viel häufiger Männer sind, die gar keine Sorgearbeit leisten, fällt der Gender Overall Care Gap deutlich größer aus, als wenn man nur die Ausübenden betrachtet. Selbst wenn man nur die Ausübenden betrachtet, beträgt der Gender Care Gap 43 Prozent (Momentum Institut 2024).

Der Gender Overall Care Gap ist in jeder Altersgruppe eines Menschenlebens sichtbar – es fängt schon bei den jüngsten an. Bereits bei den 10-14-Jährigen leisten Mädchen um 31 Prozent mehr Care-Arbeit als die Buben, bei den Jugendlichen ist es sogar um die Hälfte (49 Prozent) mehr. Am größten ist die Lücke bei der unbezahlten Arbeit zwischen den Geschlechtern, in dem Alter wo Frauen im Schnitt Mütter werden - zwischen 25 und 39 Jahren schießt der Gender Overall Care Gap auf satte 130 Prozent hinauf. Aber auch zur Zeit des Pensionseintritts machen Seniorinnen 73 Prozent mehr unbezahlte Arbeit als das männliche Pendant. Es ist also egal, welche Altersgruppe betrachtet wird, Frauen übernehmen immer mehr Care-Arbeit als Männer.

Früh übt sich: Enorme Gender Care Gaps bei Kindern und Jugendlichen

Der Gender Overall Care Gap bei 10 bis 14-jährigen Mädchen liegt bei 31 Prozent. Bei den 15 bis 19-Jährigen klafft er schon bei 49 Prozent. Wir sehen also, dass Mädchen bereits in frühen Kinderjahren merklich mehr unbezahlte Arbeit im Haushalt übernehmen als Buben. Im Schnitt verbringt ein 10-14-jähriges Mädchen bereits 11 Minuten mehr pro Tag mit unbezahlter Haus- und Sorgearbeit. Bei den 15 bis 19-Jährigen übernehmen Mädchen bereits eine halbe Stunde mehr pro Tag.

Tätigkeiten folgen den traditionellen Rollenbildern: 'Mädchen in den Haushalt, Buben in den Garten'

Ein Blick auf die Tätigkeiten, die von Kindern und Jugendlichen im Haushalt und in der Familie übernommen werden, verrät, dass das traditionelle Rollenbild „Hausarbeit und Kinder sind Frauensache“ wohl immer noch gelebt wird.

Bei den 10 bis 14-jährigen Buben und Mädchen ist die Aufteilung von unbezahlter Haus- und Care-Arbeit bereits eindeutig: Buben erledigen eher die Gartenarbeit, versorgen Nutztiere und gehen mit dem Hund spazieren. Mädchen verbringen deutlich mehr Zeit mit häuslichen Care-Tätigkeiten wie Aufräumen und Putzen, Kochen und Geschirr abwaschen oder Einkaufen.

Bei den 15-19-Jährigen ist die Ungleichheit noch ausgeprägter: Weibliche Jugendliche im Alter von 15 bis 19 Jahren übernehmen fast um die Hälfte mehr an unbezahlten Care-Tätigkeiten verglichen zu männlichen Jugendlichen dieser Altersgruppe. Die Tätigkeiten, bei denen männliche Jugendliche mehr übernehmen beschränken sich wiederum auf „Outdoor-Tätigkeiten“ wie Gartenarbeit, kleinere Reparaturen im Haus oder in der Wohnung und Gassi gehen mit dem Hund.

Selbst wenn sie die Betreuung von Kindern im Haushalt – in den meisten Fällen also jüngere Geschwister – übernehmen, dann ist es die Tätigkeit „mit dem Kind lesen, spielen und reden“. Im Vergleich übernehmen weibliche Jugendliche dieser Altersgruppe bereits Wege für die Kinderbetreuung und die Versorgung und Beaufsichtigung des Kindes. Sie bringen also zum Beispiel ihre jüngeren Geschwister in den Kindergarten oder passen nachmittags oder abends auf sie auf. Weibliche Jugendliche unterstützen auch andere Haushalte weitaus zeitintensiver als männliche Jugendliche. Die meiste Zeit verbringen sie allerdings wiederum mit typisch häuslichen Care-Tätigkeiten wie Kochen, Einkaufen, Aufräumen und Ordnen, Geschirr abwaschen, Wäsche waschen und Bügeln.

In beiden Altersgruppen gibt es außerdem viel weniger Tätigkeiten, mit denen Buben insgesamt mehr Zeit verbringen (der Gender Care Gap also negativ ist) als Mädchen. Außerdem sind die Gender Care Gaps meistens deutlich kleiner für Buben und männliche Jugendliche: Bei keiner einzigen Tätigkeit übersteigt der Gender Care Gap für Buben (negativer Gender Care Gap = Buben machen mehr) die 100-%-Marke. Es sind also Mädchen und junge Frauen, die deutlich mehr Zeit in die unbezahlten Care-Tätigkeiten investieren, im Vergleich zu den Buben und jungen Männern.

Seniorinnen müssen herhalten: Gender Care Gap bei 40 Prozent

Im Alter wird es leider nicht besser: Frauen zwischen 60 und 74 Jahren übernehmen im Schnitt fast 5 Stunden unbezahlte Care-Arbeit pro Tag. Männer dieser Altersgruppe nur etwa 3,5 Stunden. Frauen übernehmen also etwa 40 Prozent mehr.

Der Gender Care Gap bei den unterstützenden Care-Tätigkeiten beträgt etwa ein Drittel. Hier übernehmen Frauen im Alter von 60 bis 74 Jahren 34 Prozent mehr. Innerhalb dieser unterstützenden Care-Arbeit gibt es allerdings riesige Gender Care Gaps bei den einzelnen Tätigkeiten – das bedeutet, Frauen übernehmen zeitlich gesehen immer noch deutlich mehr Minuten pro Tag verglichen zu Männern. Besonders ausgeprägt ist das etwa beim Bügeln, beim Wäsche waschen, Kochen, Aufräumen und Geschirr abwaschen. Hier wurden für die Analyse nur Personen herangezogen, die tatsächlich Sorgearbeit leisten.

Und: Wenn Kinder Kinder bekommen, dann kommt die Oma zum Handkuss. Bei der Kategorie „Care-Arbeit für einen anderen Haushalt“ liegt der Gender Care Gap bei 30 Prozent. Vor allem die Kinderbetreuung als Unterstützung für einen anderen Haushalt ist durchgehend weiblich geprägt. Das heißt: Es sind die Omas, die sich um die Enkelkinder kümmern. Auch bei der Pflege bzw. Hilfeleistung für Erwachsene in einem anderen Haushalt – zum Beispiel die Pflege der eigenen Eltern – sind es Frauen, die diese Tätigkeit überwiegend ausüben.

Genau diese Unterstützungsleistungen für einen anderen Haushalt (da die wenigsten Pensionist:innen mit ihren eigenen Eltern oder mit Enkelkindern in einem Haushalt leben) wird in der Zeitverwendungserhebungs-Publikation der Statistik Austria aber zur Kategorie „Freiwilligentätigkeiten“ gezählt, nicht zur „unbezahlten Haus- und Sorgearbeit“. Da die Pflege von den eigenen Eltern, wenn sie alt sind oder die Betreuung von Enkelkindern aber sehr wichtige Care-Tätigkeiten sind und in den meisten Fällen unbezahlt bleiben, müssen sie hier auf jeden Fall eingerechnet werden. Denn unbezahlte Arbeit darf nicht weiter versteckt werden – unsichtbar ist sie ohnehin viel zu oft.

Die Analyse der Kinder und Jugendlichen zeigt uns, wollen wir die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern tatsächlich aufbrechen, ist es zentral auch bei den Rollenbildern anzusetzen, damit schon Kinder sehen, es ist nicht selbstverständlich, dass sich die Mama um ‘alles’ kümmert, das mit Kindern oder Haushalt zu tun hat und der Papa macht hauptsächlich Handwerkliches.

Das Momentum Institut empfiehlt: 

  • verpflichtende Väterkarenz: Gehen Väter in Karenz, leisten sie auch später nach der Rückkehr ins Berufsleben mehr unbezahlte Arbeit und verbringen mehr Zeit mit ihren Kindern
  • Ausbau der qualitätsvollen Pflege, von der mobilen Unterstützung bis hin zu Pflegeeinrichtungen, damit auch die Pflege von Angehörigen nicht nur unbezahlt auf den Schultern von Frauen lastet
  • Flächendeckendes, kostenloses Kinderbetreuungsangebot mit langen Öffnungszeiten, die mit Vollzeitarbeit vereinbar sind: das fördert einerseits den Wiedereinstieg von Frauen ins Erwerbsleben nach der Karenz und gleichzeitig kann gute pädagogische Arbeit dazu beitragen, dass Rollenbilder bereits im Kindesalter aufgebrochen werden und in einem nicht-familiären Rahmen vorgelebt werden
  • Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag eines Kindes
  • Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich: Verkürzen wir generell die Arbeitszeit, bleibt Männern mehr Zeit für unbezahlte Arbeit. Das ermöglicht es Frauen, mehr Stunden bezahlt zu arbeiten. Das wiederum fördert die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen und verringert das spätere Risiko in Altersarmut zu landen.
Katharina Mader

Weltfrauentag 2023: Die Benachteiligungen der "anderen" Bevölkerungshälfte

Frauen Shilouetten

Kurz nach dem österreichischen Equal Pay Day am 16. Februar folgt der internationale Weltfrauenkampftag am 8. März. An diesem Tag soll an die nach wie vor herrschende Diskriminierung, Ungleichstellung, -berechtigung und -bezahlung von Frauen erinnert werden. Multiple Krisen wie die Corona-Pandemie sowie die Energie- und Teuerungskrise stellen unsere Gesellschaft und die Politik auf die Probe.

Etwas Positives haben Krisen aber an sich: Oft bieten sie Spielraum, Dinge zu verändern und an bestehenden ungleichen oder ungerechten Machtverhältnissen zu rütteln. Spielraum, um die ungleichen Geschlechterverhältnisse, die hierzulande herrschen, aufzubrechen und in punkto Gleichstellung endlich etwas voranzutreiben hätte es reichlich gegeben. Zu mehr Geschlechtergerechtigkeit haben die Krisen aber leider nicht beigetragen – im Gegenteil:

Traditionelle Rollenbilder wurden etwa von den Lockdowns der Corona-Krise verschärft und die Anti-Teuerungsmaßnahmen der Regierung, die allen Menschen gleichermaßen helfen sollten mit der hohen Inflation zu leben, wurden nicht ausreichend auf die unterschiedlichen Auswirkungen auf Frauen und Männer durchdacht. Frauen erleben in Österreich nach wie vor zahlreiche Benachteiligungen – sei es im Erwerbsleben, im Haushalt oder bei der Kinderbetreuung, bei den Pensionen oder auch bei der Repräsentation in politischen Prozessen oder Unternehmensstrukturen.

/ Frauen & Erwerbsleben

/ Die Teilzeit-Falle

Von allen erwerbstätigen Personen in Österreich sind 47 Prozent weiblich und 53 Prozent männlich. Die Verteilung der Erwerbsbeteiligung zwischen den Geschlechtern ist also relativ gleich. Trotzdem erhalten Frauen nicht einmal 4 von 10 Lohnkuchen-Stücken: Die Anteile der Bruttobezüge von Arbeitnehmer:innen an der Gesamtlohnsumme sind nämlich nicht gleichmäßig zwischen den Geschlechtern verteilt. 63 Prozent der Bruttobezüge werden an Männer ausgezahlt, während Frauen nur 37 Prozent beziehen. Von 2020 auf 2021 hat sich an dieser Verteilung rein gar nichts geändert. Nur bei der Teilzeitquote gab es eine Veränderung gegenüber dem Jahr 2020 – sie ist weiter angestiegen: Die weibliche Teilzeitquote kratzt im Jahr 2021 an der 50 Prozent-Marke; das bedeutet, fast die Hälfte der erwerbstätigen Frauen in Österreich arbeitet in Teilzeit (genau: 49,6 Prozent), während es bei Männern lediglich 11,6 Prozent sind, die teilzeitbeschäftigt sind.

Mit so einer hohen weiblichen Teilzeitquote landet Österreich im EU-Vergleich mittlerweile auf Platz 2. Im Jahr 2020 lag die weibliche Teilzeitquote noch bei 47 Prozent, jene der Männer bei etwa 10 Prozent - damit belegte Österreich im EU-Vergleich Platz 3. Im Jahr 2021 hat Österreich Deutschland überholt und ist damit das EU-Land mit der zweithöchsten weiblichen Teilzeitquote – beinahe 50 Prozent. Nur die Niederlande, wo 65 Prozent der Frauen Teilzeit beschäftigt sind, haben eine noch höhere Teilzeitquote. Dort ist die weibliche Teilzeitquote im gleichen Zeitraum allerdings deutlich gesunken – im Jahr 2020 waren es noch 76 Prozent.

/ Frauen & Carearbeit

Fragt man Menschen, warum sie Teilzeit arbeiten, kann das verschiedene Gründe haben: Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen oder andere persönliche bzw. familiäre Gründe, die Inanspruchnahme einer Aus- oder Weiterbildung, eine Person findet keine Vollzeitbeschäftigung oder sie möchte keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen. Der häufigste Grund, warum Personen im Jahr 2021 Teilzeit arbeiten, ist jener der Betreuungspflichten. 32 Prozent der Teilzeitbeschäftigten arbeiten nicht in Vollzeit, weil sie Kinder betreuen oder Angehörige pflegen; weitere 7 Prozent arbeiten in Teilzeit aus anderen persönlichen oder familiären Gründen. Die Geschlechterunterschiede bei der Frage nach Teilzeitarbeit aufgrund von Kinderbetreuungspflichten sind eklatant: Während knapp 40 Prozent der weiblichen Teilzeitbeschäftigten angeben, dass sie aufgrund von Kinderbetreuung und Pflegepflichten keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen, sind es bei den teilzeitbeschäftigten Männern nur knapp 7 Prozent (Statistik Austria 2021).

Einer der Hauptgründe für weibliche Teilzeitarbeit ist also Kinderbetreuung, was darauf schließen lässt, dass das Kinderbetreuungsangebot in Österreich nicht so ausgestaltet ist, dass Vollzeitbeschäftigung für alle Frauen möglich ist. Um einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen zu können, brauchen Eltern in etwa 10 Stunden täglich (inklusive Wegzeiten), in denen das Kind betreut wird. In ganz Österreich haben nur 38 Prozent der Kindertagesheime – in etwa 4 von 10 Einrichtungen – länger als 10 Stunden geöffnet. Das schließt eine Vollzeitbeschäftigung für viele gänzlich aus. Außerhalb von Wien, wo 71 Prozent der Kindergärten länger als 10 Stunden täglich geöffnet sind, haben nur 24 Prozent der Kinderbetreuungseinrichtungen länger als 10 Stunden geöffnet. In Oberösterreich sind es sogar nur 14 Prozent.

Hinzu kommt, dass der Anteil der sogenannten „VIF-konformen“ Einrichtungen für Kinderbetreuung – also jene Einrichtungen, die eine Vollzeitbeschäftigung ermöglichen – im Zeitverlauf sogar gesunken ist. Der Anteil der 0-2-Jährigen, der in VIF-konformen Kinderbetreuungseinrichtungen betreut wird, ist seit 2014 in zwei Drittel der Bundesländer gesunken. 2014 waren in ganz Österreich 62 Prozent der 0-2-Jährigen VIF-konform betreut, 2021 waren es nur mehr knapp 60 Prozent Am stärksten war der Rückgang überraschenderweise in Wien (ein vergleichsweise gut aufgestelltes Bundesland in Sachen Kinderbetreuung) mit 8,2 Prozentpunkten, gefolgt von der Steiermark und Oberösterreich. Im Burgenland – dort wo in den letzten Jahren sehr viel Geld in den Ausbau der Kinderbetreuung investiert wurde sind nun 44 Prozent der 0-2-Jährigen VIF-konform betreut, während es 2014 noch etwa 23 Prozent waren. Auch Niederösterreich, Tirol, Kärnten und Vorarlberg konnten ihre Betreuungsquoten verbessern.

/ Frauen & unbezahlte Arbeit während der Pandemie

Trotz stetiger Verbesserung beim Kinderbetreuungsausbau fällt der Löwenanteil der unbezahlten Betreuungsarbeit, aber auch Hausarbeit immer noch auf Frauen zurück. Die Corona-Pandemie hat das eindrücklich gezeigt.

Der Großteil der Betreuungspflichten während der Schul- und Kindergartenschließungen durch die Lockdowns wurde von Frauen und vor allem von Müttern übernommen. Das zeigt eine Auswertung des Austrian Corona Panel Projekts, das verschiedene Wellen der Corona-Pandemie umfasst. Während Väter im Schnitt täglich 3 Stunden mit Kinderbetreuung verbrachten, waren es bei Müttern 7 Stunden täglich. Sie waren auch mit knapp 3 Stunden im Schnitt doppelt so lang mit unbezahlter Hausarbeit beschäftigt im Vergleich zu Vätern. Beim Durchschnitt der täglich aufgewendeten Zeit für Erwerbsarbeit verhält es sich genau umgekehrt: Väter gingen knapp 7 Stunden täglich ihrer Erwerbsarbeit nach, bei Müttern waren es nur 3 Stunden im Schnitt. Während Väter also der Erwerbsarbeit nachgingen, wendeten Mütter die gleiche Zeit für Kinderbetreuung auf.

Zwar reduzierten sowohl Frauen als auch Männer ihre Erwerbsarbeitszeit als die Corona-Pandemie ausbrach und der erste Lockdown kam, aber Mütter reduzierten ihre Erwerbsarbeitszeit stärker als Väter. Bei Männern zeigt die Auswertung der Daten, dass es keinen eindeutigen Unterschied zwischen Männern mit und Männern ohne Kind zu geben scheint – die Kurven der wöchentlichen Arbeitsstunden verlaufen sehr ähnlich – unabhängig vom Elternschaftstatus. Bei Frauen sieht es anders aus. Frauen mit Kind hatten nicht nur ein niedrigeres Ausgangslevel an wöchentlich geleisteten Arbeitsstunden im Vergleich zu Frauen ohne Kind – sie reduzierten ihre Arbeitszeiten auch stärker.

Wäre all die unbezahlte Arbeit, die während der Corona-Pandemie geleistet wurde in der Gesamtwertschöpfung erfasst, würde das ungefähr 42 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung entsprechen. In absoluten Zahlen wurde während den ersten beiden Jahren der Corona-Pandemie unbezahlte Arbeit im Wert von 168 Milliarden Euro in Österreich verrichtet.

Anteilsmäßig leisteten Frauen mit 60 Prozent den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit. 112 Milliarden Euro, die Frauen aber nicht bezahlt wurden – das würde rund 28 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung (etwa 401 Milliarden Euro im Jahr 2021) entsprechen. Die unbezahlte Care-Arbeit der Männer beläuft sich auf 57 Milliarden Euro, was ungefähr 14 Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht.

Auch außerhalb von Pandemiezeiten ist unbezahlte Arbeit übrigens in ganz Europa Frauensache. In keinem einzigen Land ist die Verteilung der unbezahlten Arbeit gleich. Das zeigen Eurostat Daten von der Harmonised European Time Use Survey aus dem Jahr 2010. In Österreich verrichten Frauen im Schnitt 4:15 an unbezahlter Arbeit, bei Männern sind es nur 2:12. Österreich landet auf Platz 6 der Länder, in denen unbezahlte Arbeit zwischen Männern und Frauen sehr ungleich verteilt ist (in Zeitdifferenzen) – zu Lasten der Frauen.

Mit knapp 5 Stunden täglich wenden allerdings italienische Frauen am meisten Stunden für unbezahlte Haus- und Sorgearbeit auf. Gemeinsam mit Griechenland und der Türkei befindet sich Italien unter den Top-3 Ländern, in denen auch der Unterschied zwischen unbezahlter Arbeit, die von Frauen übernommen wird, verglichen zu den Stunden der Männer am eklatantesten ist. Türkische Frauen arbeiten 3 Stunden 40 Minuten täglich mehr unbezahlt als Männer, in Italien sind es 3 Stunden Unterschied und in Griechenland etwa 2 Stunden 40 Minuten.

Skandinavische Länder wie Norwegen oder Finnland hingegen – die auch oft als Vorzeigeländer angeführt werden, wenn es um Gleichstellung der Geschlechter geht – sind auch wenig überraschend ganz vorne mit dabei unter jenen mit den geringsten Geschlechterunterschieden in punkto unbezahlter Arbeit. Die Top-3 Länder, in denen der Unterschied von unbezahlten täglichen Arbeitsstunden zwischen Frauen und Männern am geringsten ist, sind Norwegen, die Niederlande und Finnland. In allen drei Ländern arbeiten Frauen nur in etwa eine Stunde pro Tag mehr unbezahlt als Männer.

Um an der ungleichen Verteilung unbezahlter Arbeit in Österreich etwas zu verändern, braucht es neue Daten. Die letzte Zeitverwendungserhebung fand in Österreich im Jahr 2008/09 statt – vor fast 15 Jahren. Neue Ergebnisse der aktuellen Zeitverwendungserhebung 2023 werden Aufschluss darüber liefern, ob sich in diesen letzten 15 Jahren tatsächlich etwas an der Ungleichverteilung unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern verändert hat oder ob – wie so oft – Stillstand herrscht. Um die Entwicklung in Zukunft auch wissenschaftlich beobachten zu können, sollten Zeitverwendungserhebungen jedenfalls regelmäßiger durchgeführt werden.

/ Frauen & Politik

Damit sich etwas ändert braucht es treffsichere Maßnahmen seitens der Politik. Diese ist allerdings sowohl auf kleineren als auch auf größeren Ebenen männlich dominiert, Frauen bleiben unterrepräsentiert. Beispielsweise gibt es in Österreich nur 10,4 Prozent weiblich besetzte Bürgermeister:innen-Posten. Niederösterreich ist mit 14 Prozent Bürgermeisterinnen der Spitzenreiter, Vorarlberg ist das Bundesland-Schlusslicht mit nur 6 Prozent Frauenanteil unter Bürgermeister:innen und Wien hatte überhaupt noch nie eine Bürgermeisterin.

Je kleiner außerdem die politische Einheit, desto niedriger wird der Frauenanteil. Im Vergleich mit dem EU27-Schnitt ist Österreich vor allem auf kleineren, regionaleren Ebenen schlechter aufgestellt. Während Österreich im EU-Parlament und im nationalen Parlament Frauenanteile von rund 42 Prozent erreicht, was sogar über dem EU27-Schnitt von 29 Prozent liegt, dünnt sich der Frauenanteil auf Gemeindeebene und in Bürgermeister:innen-Ämtern aus. Während in österreichischen Gemeinden nur noch 26 Prozent der Vertreter:innen weiblich sind, sind es bei den Bürgermeister:innen nur noch etwa 10 Prozent. Im Vergleich zum EU27-Schnitt – 35 Prozent Frauen in Gemeinden und 18 Prozent weibliche Bürgermeisterinnen - hinkt Österreich mit den diesen Frauenanteilen in der Kommunalpolitik deutlich hinterher.

Im Zeitverlauf betrachtet hat sich in den letzten zehn Jahren wenig am Frauenanteil in der Politik verbessert – egal auf welcher Ebene. Der Frauenanteil in europäischem und österreichischem Parlament hat noch nie die 50 Prozent-Marke überschritten.

Auch in der Unternehmenswelt – besonders in Führungspositionen - sind Frauen sehr schlecht vertreten. Zwar liegt der weibliche CEO-Anteil in Österreichs größten börsennotierten Unternehmen bei 15 Prozent (EU27-Schnitt: 8,4 Prozent), doch sind in Österreich nur 9,5 Prozent Frauen in Führungspositionen tätig, während es im EU27-Schnitt mit 21 Prozent mehr als doppelt so viele sind. Österreich landet damit an vorletzter Stelle im EU-Vergleich und ist wieder einmal Schlusslicht.

Von Gleichstellung, Gleichbezahlung oder Gleichberechtigung von Frauen gegenüber Männern kann also in den meisten Bereichen noch nicht gesprochen werden – im Gegenteil: Österreich hinkt in vielen Hinsichten hinten nach, etwa beim Kinderbetreuungsangebot, bei gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit und aber auch bei der weiblichen Repräsentation auf politischen Ebenen.

/ Fazit

Die multiplen Krisen wären Chancen gewesen, um bestehende Ungerechtigkeiten zwischen Frauen und Männern auszubügeln – Chancen, die leider ungenutzt verstrichen sind, da Ungerechtigkeit und Ungleichheit für Frauen gegenüber Männern in Österreich leider nach wie vor die Überhand haben.

Das Momentum Institut empfiehlt daher:

  • Eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, um unbezahlte Arbeit besser mit der Erwerbsarbeit vereinen zu können
  • Regelmäßige Zeitverwendungserhebungen mit wissenschaftlicher Begleitung der Ergebnisse
  • Verpflichtende Väterkarenz
  • Volle Lohntransparenz, damit gleiche Arbeit gleich bezahlt wird
  • Kostenlose, flächendeckende Kinderbetreuung mit Öffnungszeiten, die mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar sind
  • Zweites verpflichtendes Kindergartenjahr
  • Höhere Bewertung von Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten bei der Pension
  • Erhöhung der Ausgleichszulage, unabhängig vom Partner:inneneinkommen

Bis zu 60 Prozent Einkommenslücke für Frauen mit Migrationsgeschichte

Symbolbild Equal Pay Day

Anlässlich des internationalen Weltfrauentags analysiert das ökosoziale Momentum Institut die Einkommens- und Vermögenssituation von Frauen mit Migrationsgeschichte in Österreich. Die aktuelle Auswertung zeigt, dass sie am geringsten bezahlt werden und kaum über Vermögen verfügen.

Analysiert wurden alle rund zwei Millionen unselbstständig erwerbstätigen Frauen. Jede Vierte von ihnen ist nicht in Österreich geboren und hat Migrationshintergrund. Frauen ohne Migrationshintergrund erhalten um 35 Prozent weniger Lohn als erwerbstätige Männer ohne Migrationsgeschichte. Diese Frauen erhalten im Durchschnitt rund 13.400 Euro weniger Lohn jährlich als Männer.

Die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen mit Migrationshintergrund beträgt sogar 41 Prozent. Die Lohnlücke von Frauen mit Migrationsgeschichte ist am größten im Vergleich mit Männern ohne Migrationsgeschichte. Hier liegt sie sogar bei 60 Prozent. Allein diese Lohnlücke, die bei rund 22.700 Euro liegt, ist mehr, als Migrantinnen überhaupt verdienen. Ihr mittleres Einkommen beträgt nur rund 15.400 Euro. Aber auch im Vergleich zwischen Frauen mit und ohne Migrationshintergrund haben Migrantinnen das Nachsehen. Sie haben rund 9.300 Euro im Jahr weniger an Einkommen.

Teilzeitarbeit als Treiber für Einkommenslücke

Frauen arbeiten viel häufiger in Teilzeitanstellungen als Männer. Der überwiegende Teil macht das aber nicht freiwillig. Hauptgrund für Teilzeitarbeit für 4 von 5 Frauen ist die unbezahlte Sorgearbeit für Kinder oder pflegebedürftige Angehörige. Um die unbezahlte Arbeit zu stemmen, reduzieren sie ihre Erwerbsarbeit deutlich. Jede zweite erwerbstätige Frau in Österreich arbeitet Teilzeit. Von zehn Teilzeitkräften im Land sind acht Frauen. Bei Frauen ohne Migrationshintergrund arbeitet mit 49,2 Prozent knapp die Hälfte in Teilzeit. Bei Frauen mit Migrationshintergrund sind es mit rund 46 Prozent sogar etwas weniger. Das müsste der Einkommenslücke tendenziell entgegenwirken. Hätten Frauen mit Migrationshintergrund die gleiche Teilzeitquote wie Frauen ohne, wäre die Einkommenslücke vermutlich sogar noch größer.

Niedriglohnbranchen: Migrantinnen überrepräsentiert

Bei der Zusammensetzung der Erwerbstätigen nach Geschlecht und Migrationshintergrund zeigt sich ein sehr ungleiches Bild: Frauen mit Migrationshintergrund sind in Niedriglohnbranchen wie Gastronomie und Beherbergung (31 Prozent), Leiharbeit (24 Prozent), Erziehung (20 Prozent), Gesundheit (18 Prozent) oder Landwirtschaft (18 Prozent) überrepräsentiert, was zum migrationsspezifischen Gender-Pay-Gap beiträgt.

Frauen mit Migrationshintergrund haben im Mittel auch deutlich weniger Vermögen als der Rest der Bevölkerung. Im Vergleich mit Männern ohne Migrationshintergrund besitzen sie nur ein Viertel des Vermögens. Während sich ihr mittleres Nettovermögen auf 12.200 Euro beläuft, haben Männer ohne Migrationshintergrund 48.200 Euro, eine Differenz von 36.000 Euro. Selbst im Vergleich innerhalb der Frauen, besitzen Frauen mit Migrationsgeschichte rund 24.000 Euro weniger als Frauen, die in Österreich geboren sind. Personen mit Migrationsgeschichte erben deutlich seltener. Aber auch die bisherige Aufenthaltsdauer, also wie lange sich eine Person schon in Österreich befindet und hier Vermögen aufbauen konnte, spielt für die Vermögenslücke eine Rolle.

Handlungsempfehlungen

Um die eklatanten Lücken bei Einkommen und Vermögen von Migrantinnen zu schließen, empfiehlt das Momentum Institut eine Reihe von Ansatzpunkten:

  • Kinderbetreuung und Altenpflege sollte in Österreich sowohl qualitativ als auch quantitativ ausgebaut werden.
  • Eine verpflichtende Väterkarenz könnte dazu beitragen, dass Frauen wieder schneller in die Erwerbsarbeit zurückkehren.
  • Frankreich hat gezeigt, dass eine kürzere Normalarbeitszeit von 35 Stunden dazu führt, dass Frauen vermehrt in der ‘kurzen’ Vollzeit arbeiten.
  • Zusätzlich könnte die verpflichtende Transparenz bei Gehältern Diskriminierung vorbeugen und dabei helfen, dass Frauen für die gleiche Arbeit auch tatsächlich das gleiche Gehalt bezahlt bekommen.
  • Außerdem ist es empfehlenswert die Löhne in Niedriglohnbranchen anzuheben oder einen Mindestbruttolohn von 2.000 Euro einzuführen.
  • Um die Vermögensungleichheit zu schmälern kann eine Erbschaftssteuer helfen.

Zwischen Equal Pay und Weltfrauentag: Österreich könnte von den Besten lernen

Schreibmaschine Equality-Gender Pay Gap-Equal Pay Day

Am 15. Februar war wieder einmal „Equal Pay Day“, der Tag bis zu dem Frauen in Österreich seit Jahresbeginn statistisch gesehen unbezahlt gearbeitet haben. Am 8. März, wird der Weltfrauentag begangen. Auch dieser Tag soll auf die fehlende Gleichstellung und -bezahlung von Frauen aufmerksam machen. An beiden Tagen steht ein grundlegendes Problem im Fokus: der Gender Pay Gap, also der Einkommensunterschied zwischen den Geschlechtern, der Frauen in Österreich rund 46 Tage Lohn kostet.

Gen Einkommensgleichheit?

Im Vergleich zum Vorjahr ist der Equal Pay Day um sechs Tage nach vorne gerückt. Das bedeutet in diesem Fall sechs Schritte nach vorne – gen Einkommensgleichheit. Jubeln sollten wir dennoch nicht zu voreilig. Für die Berechnung werden nämlich nur Vollzeitbeschäftigte herangezogen – Teilzeitbeschäftigte, größtenteils weiblich (rund 47 % der Frauen arbeiteten im Jahr 2020 in Teilzeit), sind nicht inkludiert.

Die „bereinigte“ Einkommensschere verzerrt das Bild enorm, der Gender Pay Gap von 12,7 % wird damit kleingerechnet. Inkludiert man Teilzeitbeschäftigte und nicht ganzjährig Beschäftigte, liegt die wahre geschlechtsspezifische Einkommenslücke bei satten 36 %. Der Equal Pay Day wird also viel zu früh ausgerufen, tatsächlich fällt er heuer erst auf den 10. Mai 2022.
 
Eklatant sind auch die regionalen Unterschiede. Es kommt in Österreich stark darauf an, in welchem Bundesland frau lebt und arbeitet. Nach einer um Teilzeitbeschäftigte bereinigten Kalkulation stehen sich der Westen und der Osten des Landes mit Pay Gaps von 18 % in Wien und knapp 47 % in Vorarlberg gegenüber. Das liegt stark an der Verfügbarkeit von Kinderbetreuungseinrichtungen: mit Vollzeit kompatible Kindergärten lassen sich außerhalb der großen Städte mit der Lupe suchen. So ist der Gender Pay Gap in Vorarlberg und Oberösterreich besonders hoch, gerade dort, wo es besonders wenig Kindergärten mit längeren Öffnungszeiten gibt.

Frauen verlieren überall

Nicht nur beim Erwerbseinkommen werden die Unterschiede zwischen den Geschlechtern deutlich. Frauen in Österreich verlieren in allen Bereichen: Sie bekommen um 8 % weniger Arbeitslosengeld, besitzen um knapp 30 % weniger Vermögen, erben um 36 % weniger als Männer und steigen mit 38 % weniger Pensionsgeld auch bis ins hohe Alter um einiges schlechter aus.  Die sogenannte Teilzeit-Falle, die bei vielen Frauen zuschnappt, und der große Unterschied bei Pensionszahlungen haben verheerende Auswirkungen auf das Lebenseinkommen von Frauen. Schon durch kurze Teilzeit-Phasen verliert eine Frau enorm: Verdient sie im Vollzeit-Job 2.500 Euro brutto, fehlen ihr mit einer fünfjährigen Teilzeitphase mehr als 48.000 Euro an Lebenseinkommen – durch entgangenes Gehalt und geringere Pensionszahlungen. Je nach Dauer der Teilzeit-Phase und monatlichem Bruttogehalt kann dieser Verlust auf bis zu 200.000 Euro ansteigen.

Selbst schuld? Keineswegs!

Teilzeit zu arbeiten, ist für viele Frauen aber schlichte Notwendigkeit: Kinderbetreuungsangebote fehlen. Väter gehen – wenn überhaupt – nur sporadisch in Karenz (lediglich 1 % der Väter länger als 6 Monate). Unbezahlte Care-Arbeit wird überwiegend von Frauen verrichtet, weil der Pflegesektor (der noch dazu zum Großteil weiblich aufgestellt ist) trotz der systemerhaltenden Relevanz dieser Berufsgruppe viel zu schlecht entlohnt ist. Das sind die wahren Gründe, warum Frauen so häufig teilzeitbeschäftigt sind und enorme Gehaltseinbußen in Kauf nehmen müssen. Die höhere Teilzeitquote von Frauen führt nicht nur zu niedrigeren Gehältern, weil weniger Stunden gearbeitet wird – auch pro Stunde sind Teilzeitjobs niedriger entlohnt. Außerdem zahlen Branchen, in denen vermehrt Frauen arbeiten, niedrigere Gehälter als jene, in denen großteils Männer beschäftigt sind. Durch die Bank erreichen Frauen seltener Führungspositionen. Schlussendlich spielt auch reine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts eine nicht zu vergessende Rolle für den Gender Pay Gap.

Die anderen machen’s besser

Wenn Österreich im bisherigen Tempo gegen die finanzielle Ungleichheit zwischen Frauen und Männern weiterkämpft, werden selbst unsere Ur-Ur-Ur-Enkelinnen im Jahr 2362 noch nicht gleichgestellt und -bezahlt sein. Österreichs Gender Pay Gap hat sich in den letzten 20 Jahren nur um sagenhafte 2 Prozentpunkte verringert. Ein Blick in andere Länder lohnt sich, um das Tempo anzukurbeln und treffsichere Maßnahmen zu schaffen: Gesetzliche Verbote, gleiche Arbeit ungleich zu bezahlen, verpflichtende Väterkarenz und Arbeitszeitverkürzung à la 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich gibt es in Island. Kostenlose und flächendeckende Kinderbetreuung führt in Skandinavien zu höheren Kinderbetreuungsquoten. Auch die Mindestpensionen müssen erhöht werden – um nur ein paar Ideen zu nennen. Es wird also Zeit für die Politik dafür zu sorgen, dass Frauen keinen Tag länger unbezahlt arbeiten und endlich gleichgestellt werden.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Wiener Zeitung.

Frauen leisteten Care-Arbeit im Wert von 108 Mrd. Euro

weltfrauentag

Am 8. März ist Weltfrauentag. An diesem Tag soll an die nach wie vor herrschende Diskriminierung, Ungleichstellung, -berechtigung und -bezahlung von Frauen erinnert werden. Vor allem die Corona-Pandemie und die Lockdowns – der erste ist fast auf den Tag genau zwei Jahre her - hat die Situation für viele Frauen und Mütter besonders verschärft.

Frauen & die Teilzeit-Falle

Von allen erwerbstätigen Personen in Österreich sind 47 Prozent weiblich und 53 Prozent männlich. Die Verteilung der Erwerbsbeteiligung zwischen den Geschlechtern ist also relativ gleich. Trotzdem erhalten Frauen nur 4 von 10 Lohnkuchen-Stücken: die Anteile der Bruttobezüge an der Gesamtlohnsumme sind nämlich nicht gleichmäßig zwischen den Geschlechtern verteilt. 63 Prozent der Bruttobezüge werden an Männer ausgezahlt, während Frauen nur 37 Prozent beziehen.

Mitunter Grund dafür ist die hohe weibliche Teilzeitquote. Diese beträgt im Jahr 2020 satte 47 Prozent, während nur 10 Prozent der Männer Teilzeit-beschäftigt sind. Mit dieser hohen Teilzeitquote bei Frauen lande Österreich im EU-Vergleich auf Platz 3. Noch höhere Frauen-Teilzeitquoten gibt es nur in Deutschland mit 48 Prozent und absoluter Spitzenreiter sind die Niederlande mit 76 Prozent weiblicher Teilzeit-Erwerbstätigkeit. Österreich liegt mit diesem Stockerlplatz weit über dem EU27-Durchschnitt von 30 Prozent Frauenteilzeitquote.

Mitunter ein Grund für diese hohe weibliche Teilzeitquote in Österreich sind Kinderbetreuungspflichten, die zum Großteil von Frauen und Müttern übernommen werden. Bei den Gründen für eine Teilzeitbeschäftigung geben 38,5 Prozent der Frauen Kinderbetreuungspflichten an, während Männer nur in rund 6 Prozent der Fälle wegen Kinderbetreuung einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen.

Stichwort Kinderbetreuung: In Österreich haben nur knapp 4 von 10 Kindergärten (38 Prozent) länger als 10 Stunden geöffnet - ungefähr das tägliche Zeitfenster, das Eltern brauchen, um einer Vollzeitbeschäftigung inklusive Wegzeit nachgehen zu können. In Wien sind 71 Prozent der Kindergärten länger als 10 Stunden geöffnet, in Oberösterreich nur 14 Prozent. Außerhalb der Stadt Wien haben nur 2 von 10 Einrichtungen lang genug offen, um Vollzeit arbeiten zu können. Das bedeutet, dass außerhalb Wiens nur jeder 5. Kindergartenplatz mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar ist.

Frauen & Corona

Kinderbetreuung war auch in Zeiten der Corona-Pandemie ein bedeutendes Thema. Der Löwenanteil der Betreuungspflichten während der Schul- und Kindergartenschließungen durch die Lockdowns wurde von Frauen und vor allem von Müttern übernommen. Das zeigt eine Auswertung des Austrian Corona Panel Projekts, das verschiedene Wellen der Corona-Pandemie umfasst. Während Väter im Schnitt täglich 3 Stunden mit Kinderbetreuung verbrachten, waren es bei Müttern 7 Stunden täglich. Sie waren auch mit knapp 3 Stunden im Schnitt doppelt so lang mit unbezahlter Hausarbeit beschäftigt im Vergleich zu Vätern. Beim Durchschnitt der täglich aufgewendeten Zeit für Erwerbsarbeit verhält es sich genau umgekehrt: Väter gingen knapp 7 Stunden täglich ihrer Erwerbsarbeit nach, bei Müttern waren es nur 3 Stunden im Schnitt. Während Väter also der Erwerbsarbeit nachgingen, wendeten Mütter die gleiche Zeit für Kinderbetreuung auf.

Zwar reduzierten sowohl Frauen als auch Männer ihre Erwerbsarbeitszeit als die Corona-Pandemie ausbrach und der erste Lockdown kam, aber Mütter reduzierten ihre Erwerbsarbeitszeit stärker als Väter. Bei Männern zeigt die Auswertung der Daten, dass es keinen eindeutigen Unterschied zwischen Männern mit und Männern ohne Kind zu geben scheint – die Kurven der wöchentlichen Arbeitsstunden verlaufen sehr ähnlich – unabhängig vom Elternschaftstatus. Bei Frauen sieht es anders aus. Frauen mit Kind hatten nicht nur ein niedrigeres Ausgangslevel an wöchentlich geleisteten Arbeitsstunden im Vergleich zu Frauen ohne Kind – sie reduzierten ihre Arbeitszeiten auch stärker.

Die Kinderbetreuung, die größtenteils von Frauen und Müttern übernommen wurde, blieb unbezahlt. Das war auch schon vor der Corona-Pandemie der Fall: unbezahlt blieben jegliche Care-Arbeitstätigkeiten wie Kinderbetreuung, Pflege und Betreuung von Angehörigen und Haushaltstätigkeiten. Wäre all die unbezahlte Arbeit, die während der Corona-Pandemie geleistet wurde in der Gesamtwertschöpfung erfasst, würde das ungefähr 44 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung entsprechen. Anteilsmäßig leisteten Frauen mit 60 Prozent den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit. 108 Milliarden Euro, die Frauen aber nicht bezahlt wurden – das würde rund 27 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung entsprechen. Die unbezahlte Care-Arbeit der Männer beläuft sich auf knapp 70 Milliarden Euro, was ungefähr 17 Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht.

Schnell wird deutlich: Frauen und insbesondere Mütter sind die Verliererinnen der Corona-Krise. Während sie den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit, der Kinderbetreuung übernahmen – in vielen Fällen deshalb auch ihre Erwerbsarbeitszeit reduzierten – mussten sie dadurch auch enorme Einkommenseinbußen in Kauf nehmen. Das wirkt sich auf das potenzielle Lebenseinkommen aus. Zwar schrumpft durch die Corona-Krise das Lebenseinkommen beider Geschlechter, doch das der Frauen stärker. Der Lebenseinkommensverlust durch die Corona-Krise beläuft sich bei Vätern auf rund 3.600 Euro – bei Frauen sind es rund 7.600 Euro Verlust. Das heißt, der Corona-bedingte Gender Pay Gap bei den Lebenseinkommen beläuft sich auf satte 446.000 Euro, um die Frauen weniger bekommen.

Vor allem durch die Lockdown-Schließungen und Arbeitszeitreduktionen steigen Mütter schlechter aus: für sie bedeuten die wiederholten Schließungen rund 1,2 Milliarden Euro mehr an Lebenseinkommensverlust als für Väter.

Frauen & Politik

Damit sich etwas ändert braucht es treffsichere Maßnahmen seitens der Politik. Diese ist allerdings sowohl auf kleineren als auch auf größeren Ebenen hauptsächlich männlich aufgestellt, Frauen bleiben unterrepräsentiert. Beispielsweise gibt es in Österreich noch immer nur knapp 10 Prozent weiblich besetzte Bürgermeister:innen-Posten. Niederösterreich stellt mit 13 Prozent Bürgermeisterinnen den Spitzenreiter, Tirol ist das Bundesland-Schlusslicht mit nur 6 Prozent Frauenanteil unter Bürgermeister:innen und Wien hatte überhaupt noch nie eine Bürgermeisterin.

Je kleiner außerdem die politische Einheit, desto niedriger wird der Frauenanteil. Im Vergleich mit dem EU27-Schnitt ist Österreich vor allem auf kleineren, regionaleren Ebenen schlechter aufgestellt. Während Österreich im EU-Parlament und im nationalen Parlament Frauenanteile von rund 40 Prozent erreicht, dünnt sich der Frauenanteil auf Gemeindeebene und in Bürgermeister:innen-Ämtern aus.

Auch in der Unternehmenswelt – besonders in Führungspositionen - sind Frauen sehr schlecht vertreten. Nur 5 Prozent der CEOs in österreichischen börsenotierten Unternehmen sind Frauen. Der EU27-Durchschnitt liegt hier bei 8 Prozent.

Im Zeitverlauf betrachtet hat sich in den letzten zehn Jahren wenig am Frauenanteil in der Politik verbessert. Der Frauenanteil in europäischem und österreichischem Parlament hat noch nie die 50 Prozent-Marke überschritten. Vor allem auf Gemeindeebene und bei weiblicher Bürgermeister:innen-Besetzung herrscht Stillstand.

Von Gleichstellung, Gleichbezahlung oder Gleichberechtigung von Frauen gegenüber Männern kann also in den meisten Bereichen noch nicht gesprochen werden – im Gegenteil: Österreich hinkt in vielen Hinsichten hinten nach, etwa beim Kinderbetreuungsangebot, bei gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit und aber auch bei der weiblichen Repräsentation auf politischen Ebenen.

 

Das Momentum Institut empfiehlt daher:

  • Sicherstellung von flächendeckenden, umfassenden und kostenlosen Kinderbetreuungsmöglichkeiten
  • verpflichtende Väterkarenz
  • Ausbau der öffentlichen Beschäftigung in systemrelevanten und gesamtwirtschaftlich sinnvollen Bereichen bei einem Mindestlohn von EUR 1.800 brutto
  • höhere Bewertung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten
  • starke Erhöhung einer von Familienstand und Partner:inneneinkommen unabhängige Ausgleichszulage
  • mehr Gehaltstransparenz und Verbot von ungleicher Bezahlung für dieselbe Tätigkeit
  • gerechtere Verteilung der Arbeitszeit: Einführung einer 30-Stunden-Woche