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Vom ‘Hotel Mama’ ins ‘Hotel Gattin’

Sophie Achleitner
20. Mai 2025
Vom ‘Hotel Mama’ ins ‘Hotel Gattin’

Hotel Mama ist rund um die Uhr geöffnet, 365 Tage im Jahr, bei Schlechtwetter und bei Krankheit. Es kocht, räumt auf, betreut Kinder, organisiert Termine und wäscht Wäsche – zuverlässig, unbezahlt und meist unsichtbar. Mütter in Österreich stemmen nach wie vor den Löwenanteil der unbezahlten Sorge- und Hausarbeit. Mit unbezahlter Hausarbeit verbringen sie sogar mehr Zeit als jede andere Bevölkerungsgruppe: Mütter übernehmen täglich 3 Stunden und 42 Minuten allein an Hausarbeit – fast doppelt so viel wie Väter. Über die Woche bedeutet das knapp 13 Stunden an mehr Arbeit – mehr als eineinhalb Arbeitstage zusätzlich. Und das neben der bezahlten Arbeit, Kinderbetreuung und Familienorganisation.

Bei Vätern sieht die Sache ganz anders aus: Sie leisten von allen Männern am wenigsten Hausarbeit. Selbst Single-Männer machen mehr. Die Familiengründung führt bei Vätern nicht zu mehr Beteiligung. Und selbst ohne Kinder: Sobald eine weibliche Person im Haushalt lebt, zeigen die Daten einen Rückzug der Männer aus der unbezahlten Arbeit und damit den Einzug ins ‘Hotel Gattin’. Während Männer durch das Zusammenleben mit einer Frau, selbst in einem kinderlosen Haushalt, mehr Freizeit haben, verlieren Frauen Zeit für sich, sobald sie nicht mehr allein wohnen.

Diese Ungleichheit ist kein individuelles Versäumnis, sondern das Ergebnis politischer und gesellschaftlicher Strukturen und Entscheidungen. Der Mythos vom „bisschen Haushalt“ und das traditionelle Rollenbild, dass Kinder und Angehörigenpflege „Frauensache” seien, halten sich hartnäckig – und verhindern echte Gleichstellung.

Um diese strukturelle Ungleichverteilung aufzubrechen, braucht es gezielte politische Maßnahmen: eine flächendeckende, kostenlose Kinderbetreuung und einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr, eine verpflichtende Väterkarenz sowie eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, um die unbezahlte Arbeit fairer aufzuteilen. Denn solange Hotel Mama selbstverständlich offenhält, bleibt Gleichstellung nur ein leeres Versprechen.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Tiroler Tageszeitung.

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