Grunderwerbssteuer
/ 11. Januar 2023

Die Grunderwerbsteuer ist eine wichtige Einnahmequelle für den Staat. Eine Abschaffung oder Senkung würde dazu führen, dass Geld für Bildung, Klimamaßnahmen und Sozialsystem fehlt. Profitieren würden von einer Abschaffung vor allem reiche Haushalte, während für die Mehrheit der Bevölkerung eine Abschaffung keineswegs zu leistbarem Wohnraum führen würde. Auch Umwelt und Klima könnten durch eine Senkung der Grunderwerbsteuer weiter in Mitleidenschaft gezogen werden. Damit Wohnen wieder leistbarer wird, sollten Mietsteigerungen gesetzlich begrenzt werden. Außerdem sollte Baugrund bevorzugt an gemeinnützige Bauträger vergeben werden. Wer Immobilien zur Wertanlage kauft, ohne darin zu wohnen, sollte dafür künftig mehr Grunderwerbsteuer zahlen. Damit könnte sich der Immobilienmarkt entspannen und Wohnraum würde wieder günstiger werden. 

Grunderwerbsteuer: Wichtige Finanzierungsquelle für den Sozialstaat

Rund 1,7 Milliarden Euro an Einnahmen spülte die Grunderwerbsteuer im Jahr 2021 in die Staatskasse. Geld, das vom Staat dringend gebraucht wird: Kurzfristig mussten aufgrund der Corona-Pandemie und der Energiepreiskrise unterschiedliche Haushalts- und Unternehmenshilfen finanziert werden. Dazu kommen laufende Ausgaben, etwa für das Bildungs- und Sozialsystem, wo es teilweise jetzt schon an Geld mangelt. Die Energiekrise hat uns außerdem deutlich vor Augen geführt, wie wichtig der Ausbau erneuerbarer Energieträger ist und immer heißere Sommer und schneelose Winter zeigen die Dringlichkeit von wirkungsvoller Klimapolitik, etwa den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel auf. 
Insbesondere bei den vermögensbezogenen Steuern kann sich der Staat keine Steuersenkungen leisten. Die Grunderwerbsteuer ist eine der letzten vermögensbezogenen Steuern, die nennenswerte Einnahmen generiert. Der Großteil der Einnahmen stammt jetzt schon aus Steuern auf Arbeit und Konsum. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Problem verschärft: Vermögens- und Erbschaftssteuer wurden in den 1990er und 2000er Jahren abgeschafft. Steuern auf Grund und Boden zählen damit zu den wichtigsten verbleibenden vermögensbezogenen Steuern. 2020 stammten lediglich 1,5 Prozent des gesamten Steuer- und Abgabenaufkommens aus vermögensbezogenen Steuern (OECD).
 

Die Besteuerung von Grund und Boden setzt sich aus der jährlich erhobenen Grundsteuer und der beim Kauf fälligen Grunderwerbsteuer zusammen. Dazu kommt eine Gebühr von 1,1 Prozent für die Eintragung im Grundbuch. Weil die Bewertungskritierien für die Grundsteuer so alt sind, bringt diese kaum Einnahmen, obwohl die Immobilienpreise in den letzten Jahren so stark gestiegen sind. Einzig die Grunderwerbsteuer wächst mit dem Wert der Immobilien, denn diese wird prozentual auf den Kaufpreis berechnet. 

Grunderwerbsteuer nur geringer Anteil der Kaufkosten

Die Grunderwerbsteuer beträgt maximal 3,5 Prozent des Kaufpreises einer Immobilie samt Grundstück. Im Vergleich zum Kaufpreis per se ist der Anteil damit verschwindend klein. Wer in Wien eine 80 Quadratmeter-Wohnung kaufen möchte, zahlt dafür im Schnitt rund 375.000 Euro. Für die Grunderwerbsteuer fallen zusätzlich rund 13.000 Euro an – im Vergleich zum Kaufpreis verschwindend wenig. Dazu kommt, dass Käufer:innen die Grunderwerbsteuer nicht zwingend allein tragen müssen. Verkäufer:in und Käufer:in können sich auch darauf einigen, dass sie beide jeweils für einen Teil der Grunderwerbsteuer aufkommen. Internationale Studien zeigen, dass Verkäufer:innen tatsächlich oft einen beträchtlichen Anteil der Steuer tragen. In diesem Fall müsste der/die Käufer:in noch einmal deutlich weniger Grunderwerbsteuer zahlen. Dazu kommt, dass die Grunderwerbsteuer in bestimmten Fällen noch niedriger ausfällt. Wird die Immobilie vererbt oder verschenkt, kommt es zu einer Staffelung: Für die ersten 250.000 Euro werden nur 0,5 Prozent Grunderwerbsteuer fällig, für die folgenden 150.000 Euro sind es zwei Prozent. Erst danach greift der volle Steuersatz von 3,5 Prozent. Für eine Wohnung im Wert von 375.000 Euro werden bei einer Erbschaft somit lediglich 3.752 Euro an Grunderwerbsteuer fällig.  
 

Dass Wohnraum so teuer ist, liegt somit nicht an der Grunderwerbsteuer, sondern an den extremen Immobilienpreissteigerungen in den letzten Jahren. In Wien war der Preisanstieg am deutlichsten. Für eine Wohnung mit 80 Quadratmetern zahlte man dort im Jahr 2021 im Schnitt um 145.000 Euro mehr als im Jahr 2015. Im Vergleich dazu, zahlte man im Jahr 2021 gerade einmal 13.100 Euro an Grunderwerbsteuer. 

Vor allem reiche Menschen würden von Abschaffung profitieren

Die hohen Immobilienpreise erlauben es nur reichen Menschen, Eigentum zu erwerben. Bei einem Immobilienpreis von 375.000 Euro, wie zurzeit in Wien für eine 80 Quadratmeter-Wohnung üblich, müsste eine Person mit einem Medianeinkommen (rund 31.407 Euro pro Jahr) rund 68 Jahre sparen (angenommen bei einer Sparquote von 8,2 Prozent – Sparquote der privaten Haushalte, Statistik Austria – und Zinsen von zwei Prozent). Dementsprechend besitzen ärmere Leute viel seltener eine Eigentumswohnung: Nur rund 25 Prozent der Haushalte im ärmsten Einkommensfünftel wohnen im Eigenheim. Im obersten Einkommensfünftel wohnen dagegen rund 70 Prozent der Haushalte in einer Eigentumswohnung oder einem Eigentumshaus. 
Von einer Abschaffung der Grunderwerbsteuer würden somit reichere Haushalte deutlich öfter profitieren. Denn einerseits besitzen sie deutlich öfter Immobilien, die sie bei Abschaffung oder Senkung der Grunderwerbsteuer günstiger vererben oder verschenken könnten. Andererseits haben sie das nötige Geld, um sich neue Immobilien zu kaufen. Ärmere Haushalten fehlt dieses Geld dagegen – auch nach Abschaffung der Grunderwerbsteuer.  
 

Abschaffung der Grunderwerbsteuer begünstigt Bodenversiegelung

Wird die Grunderwerbssteuer gesenkt oder gar abgeschafft, dann wird damit auch Bodenversiegelung steuerlich begünstigt. Das ist ein Problem, denn schon jetzt wird in Österreich jeden Tag eine Fläche von 5,8 Hektar verbaut. Das entspricht einer Fläche von rund acht Fußballfeldern pro Tag. Bodenversiegelung führt dazu, dass Wasser nicht mehr in den Boden gelangen kann. Dadurch werden Überschwemmungen begünstigt und das versiegelte Erdreich wird unfruchtbarer, was das Artensterben begünstigt und so auch für die Landwirtschaft zu Problemen führen kann. 
Flächenversiegelung befeuert auch die Klimakrise, denn asphaltierte Straßen und Gebäude speichern Wärme viel stärker als unversiegelter Boden. Aus klima- und umweltpolitischer Sicht ist es daher wichtig, Bodenversiegelung zu verringern. Das bedeutet auch, dass wir mit dem vorhandenen Platz sparsamer umgehen müssen. Mehrparteienhäuser können auf der gleichen versiegelten Fläche Wohnraum für mehr Menschen bieten als überdimensionierte Einfamilienhäuser. Auch den Materialverbrauch betreffend sind Mehrparteienhäuser effizienter. Werden Mehrparteienhäuser näher an Stadtzentren gebaut, dann spart man zusätzlich versiegelte Fläche ein, die durch Verkehrsanbindungen zustande kommt.

Echte Lösungen für leistbares Wohnen

  • Damit Wohnen wieder leistbar wird, braucht es einerseits eine Reform des Mietmarkts. Mietbremsen, wie in Spanien oder Frankreich, helfen insbesondere ärmeren Haushalten dabei, ihre Wohnkosten zu schultern.
  • Flächenwidmung sollte sozialen Wohnbau bevorzugen: Gemeinnützige Bauträger, wie Genossenschaften, sollten bei der Vergabe von Grundstücken zuerst am Zug sein. Damit kann mehr günstiger Wohnraum geschaffen werden. Außerdem sollte Flächenwidmung künftig die Bodenversiegelung minimieren, indem keine abgelegenen Gründe mehr als Bauland zugelassen werden und stattdessen auf Verdichtung in den Stadtzentren geachtet wird. 
  • Nach der ersten Eigentumswohnung könnte die Grunderwerbsteuer für alle weiteren Wohnungen bzw. Häuser auf 5 Prozent erhöht werden. Für Unternehmen könnte die Grunderwerbsteuer noch stärker – auf 10 Prozent – erhöht werden. Das würde die Nachfrage nach Wohnungseigentum, das nicht für die eigenen Wohnzwecke gebraucht wird, reduzieren. Das entspannt den Wohnungsmarkt und sorgt dafür, dass die Preise für Eigentumswohnungen sinken. Außerdem könnten die zusätzlichen Steuereinnahmen dazu genutzt werden, leistbaren öffentlichen Wohnbau zu errichten. 

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