Der Fachkräftemangel lässt sich oft auf niedrige Löhne zurückführen

Der Fachkräftemangel lässt sich oft auf niedrige Löhne zurückführen.

/ 12. Oktober 2021

Die Mehrheit der Unternehmen in Berufen mit einem beklagten „Arbeitskräftemangel“ sucht Mitarbeiter:innen zu Mindest-Kollektivvertragsgehältern. Die erwartbare Reaktion auf einen Mangel, höhere Löhne anzubieten, bleibt bei vielen Unternehmen bisher aus. Das Momentum Institut hat die beim Arbeitsmarktservice (AMS) inserierten Stellenanzeigen und die Gehaltsangaben dazu analysiert.

Österreichs Wirtschaft erlebt einen starken Aufschwung. Viele Betriebe – unter anderem jene, die während der Lockdowns auf Kündigungen statt auf Kurzarbeit gesetzt haben – suchen wieder Mitarbeiter:innen. Das schlägt sich in der Zahl der offenen Stellen nieder. Nachdem Ende Dezember 2020 mit knapp 50.000 die niedrigste Zahl der beim Arbeitsmarktservice (AMS) gemeldeten Stellen seit über vier Jahren registriert wurde, sind mit Stand Ende August 126.000 Stellen ausgeschrieben.

Dennoch wird von Wirtschaftskammer, einigen Unternehmer:innen (speziell aus den Branchen Gastronomie, Hotellerie sowie aus Bäckereien), Wirtschaftsbund, Industriellenvereinigung und dem Arbeitsminister vermehrt ein Mangel an Arbeitswilligkeit beklagt. Der Tenor dabei ist, dass die Höhe des Arbeitslosengeldes die Arbeitslosen davon abhielte, Jobs anzunehmen. Die Vorschläge zur „Behebung“ des Arbeitskräftemangels reichen dabei von einem degressiven Arbeitslosengeld, das nach einem gewissen Zeitraum unter das derzeitige Notstandshilfeniveau absinkt, bis zu verschärften Zumutbarkeitsbestimmungen für Langzeitarbeitslose, einer Streichung der Zuverdienstgrenze für Arbeitslose, und einem erzwungenen Abrutschen aus der Notstandshilfe in die Mindestsicherung.

Fachkräftemangel: Köchinnen und Köche sind heiß begehrt aber schlecht bezahlt

Der Markt regelt es, bis er es nicht mehr tut.

Findet ein Unternehmen nicht ausreichend Mitarbeiter:innen, müsste es den Gesetzen des Marktes folgend die Löhne erhöhen oder die Arbeitsbedingungen verbessern. Doch mehr als die Hälfte der offenen Stellen nennt Gehälter im Bereich der Mindesthöhe der Kollektivverträge. Eine Bereitschaft zur Überzahlung – wie wohl oft genannt – wird de facto nie konkret in Euro angegeben. Der Mitarbeitermangel ist damit bei einem Teil der Betriebe hausgemacht. Dennoch dürften Arbeitslose viele dieser Stellen trotz Bezahlung an der Untergrenze annehmen.

Fachkräftemangel: Jobangebote sind nur kurz ausgeschrieben

Wie lange werden Arbeitskräfte gesucht?

Die Inserate in den ausgewählten Berufen sind nur geringfügig länger online als die gesamten beim AMS gemeldeten offenen Stellen. Selbst in Tourismusregionen gibt es beim Alter der Stellenanzeigen kaum Abweichungen vom Üblichen. Das ist ein Zeichen, dass der generelle Mangel an Arbeitsplätzen noch nicht vorbei ist und selbst viele Betriebe mit niedrigen Gehaltsangeboten noch immer Mitarbeiter:innen finden.

Handlungsempfehlungen

  • Unternehmen, die Schwierigkeiten haben, ihr gewünschtes Personal zu finden, müssten die Entlohnung erhöhen bzw. die Arbeitsbedingungen verbessern. Konkrete Gehaltsangebote über dem Mindest-Kollektivvertrag motivieren mehr Menschen, sich bei Unternehmen mit Rekrutierungsschwierigkeiten zu bewerben.
  • Ein genereller Mindest-Kollektivvertragslohn in Höhe von EUR 1.800 könnte helfen unbeliebte Niedriglohn-Branchen aufzuwerten. Berufe, mit denen man bisher schlecht sein Auskommen bestreiten konnte, weil sie teils weit niedrigere Gehälter bieten, würden so im Vergleich zu anderen Berufen attraktiver werden und Arbeitskräfte anlocken.

Die detaillierte Analyse gibt es hier als Download:

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