Bildung wird in Österreich nach wie vor stark vererbt, wie die neue Statistik Austria-Publikation „Bildung in Zahlen 2022/23“ bestätigt. Während mehr als jedes zweite Kind von Eltern mit Hochschulabschluss selbst ein Studium absolviert, ist es bei Kindern aus Familien ohne Hochschulbildung nur jedes Fünfte. Etwa 8 von 10 Kindern, deren Eltern maximal die Matura haben, absolvieren selbst keinen höheren Abschluss als die Reifeprüfung. Sind die Eltern Akademiker:innen, machen nur 4 von 10 Kindern maximal die Matura.
Wer eine niedrige Bildung aufweist – sprich maximal einen Pflichtschulabschluss – hat im Schnitt ein geringeres Einkommen und ist deutlich stärker armutsgefährdet als Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen. Auch das Risiko, erwerbsarbeitslos zu sein oder zu werden ist für Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss bedeutend höher. Wer maximal die Pflichtschule abgeschlossen hat, hat mit einem Netto-Jahresäquivalenzeinkommen von rund 25.200 Euro ein um 35 Prozent geringeres Einkommen – also ein Drittel weniger als eine Person mit Universitätsabschluss (38.953 Euro).
Selbst nach dem Bezug von Sozialleistungen ist mehr als jede vierte Person mit maximal Pflichtschulabschluss armutsgefährdet. Ein Viertel der Menschen mit maximal Pflichtschulbildung verdient unter der Armutsgefährdungsschwelle von 18.866 Euro pro Jahr. Die mittleren 50 Prozent der Personen mit Universitätsabschluss liegen rund 20.000 Euro über der Armutsgefährdungsschwelle. Sie weisen eine Armutsgefährdung von nur 13 Prozent auf. Die geringste Armutsgefährdung zeigen die Daten bei Menschen mit Lehrabschluss (10 Prozent).
Wächst ein Kind in Armut auf, hat das auch im späteren Leben Konsequenzen: Jedes dritte armutsgefährdete Kind lebt auch zwanzig Jahre später als junger Erwachsener in materieller Armut und kann somit der Armutsspirale nicht entkommen. Ob ein Kind in Armut aufwächst, entscheidet auch darüber, welchen Bildungsweg es einschlägt, wie hoch das spätere Einkommen und damit auch die spätere Pension sein wird, und wie gesund und zufrieden die Person mit dem eigenen Leben einmal sein wird.
Wenn man schon bei Kindern in jungen Jahren mit einer guten frühkindlichen Bildung ansetzt, dann zementiert die Armut ihren Bildungsweg nicht so stark ein. Das zeigt auch eine Studie über den Bildungsverlauf von Kindern, die den Kindergarten besucht haben eindrücklich (Fessler & Schneebaum, 2019): Wer den Kindergarten besucht, macht später einmal einen höheren Bildungsabschluss, hat ein höheres Einkommen und ein deutlich geringeres Risiko, arbeitslos zu werden.
Der kürzlich veröffentlichte Sozialbericht bestätigt ebenfalls: Erwerbstätige Frauen und Männer, die eine Kindheit in Armut oder Ausgrenzung erlebt haben, bekommen etwa 23 Prozent (Männer) bzw. 15 Prozent (Frauen) weniger Gehalt pro Jahr, verglichen zu jenen, die nicht in Armut aufgewachsen sind.
Doch mit den Investitionen in die Kinderbildung sieht es hierzulande schlecht aus: Österreich investiert halb so viel oder sogar weniger in die frühkindliche Bildung als skandinavische Länder. Während Österreich lediglich 0,7 Prozent der hiesigen Wirtschaftsleistung in die Betreuung von Kleinkindern steckt, sind es in Dänemark 1,3 Prozent, in Schweden 1,8 Prozent und in Norwegen mit 2 Prozent des BIP fast dreimal so viel.
Würde Österreich so viel wie Dänemark in die Kleinkindbildung investieren, müssten jährlich etwa 2,4 Milliarden Euro zusätzlich in die Kinderbetreuungsstätten fließen. Lautet das Vorbild Schweden, Island oder Norwegen müssten gar zwischen 4,4 und 5,2 Milliarden Euro mehr pro Jahr investiert werden. Pro Kind bedeutet das unter Umständen doppelt bis dreimal so viel Budget: Würde Österreich etwa 2 Prozent des BIPs in die Kindertagesstätten stecken, stünde ein Budget pro Kind von 21.380 Euro zur Verfügung.
Das Momentum Institut empfiehlt den qualitativen und quantitativen Ausbau der Kinderbetreuung sowie bessere Arbeitsbedingungen für Pädagog:innen, sowohl im Kindergarten als auch in den Schulen. Die Einführung einer Gesamtschule hilft gegen die ungleiche Vererbung von Bildung, da Kinder mit Eltern aus unterschiedlichen Bildungsniveaus länger die Schule und gleiche Bildung teilen. Eine Ganztagesschule kann die sozialen Unterschiede bei privaten Bildungsinvestitionen (etwa Nachhilfe oder Hobbies) von ärmeren Familien etwas abfedern.