Am Anfang stand ein Krieg. Russland überfällt die Ukraine. In jedem Krieg gibt es sie: die Kriegsgewinner. Neben den Energiekonzernen gehören – mit etwas Verzögerung – die Banken dazu. Der Krieg brachte die Inflation zurück. Als Reaktion darauf erhöhte die Europäische Zentralbank ihre Leitzinsen. Das nutzen die privaten Banken nun geschickt aus. Sie jonglieren mit den Zinssätzen, sodass die eigene Kasse im Dauerton klingelt. Gönnten sich Rekordgewinne schon im letzten Jahr. So richtig explodieren die Profite aber erst heuer. Wer da keine Übergewinne sehen will, muss schon fest die Augen verschließen.
Woher kommt die Gewinn-Bonanza? Die Branche vergoldet sich ihr Wirken mit einer Ausweitung der Zinsspanne um zwei Drittel. Die Sparer erhalten weiter mickrige Niedrigzinsen. Am anderen Ende erhöhen die Banker die Zinsen für Kreditnehmer und Kreditnehmerinnen mit variablen Verträgen stark. Häuslbauer oder Menschen mit Konsumkrediten werden kräftig zur Kasse gebeten. Teils hunderte Euro mehr müssen sie monatlich abliefern. Immer mehr von ihnen steht das Wasser bis zum Hals.
Derweil nützen die Banker auch den Staat als Melkkuh für Profite. Jeden Euro, den die Banken nicht brauchen, können sie bei der Europäischen Zentralbank (EZB) auf ein Konto legen und dafür ordentliche Zinsen kassieren. Aktuell 3,75 Prozent. Das sind Zinsen wie früher, ein Traum-Sparbuch. Genau das, was sie ihren Sparern heutzutage verwehren. Denn von jedem Euro Zinserhöhung der EZB seit letztem Jahr, schnappten sich die Banken 71 Cent. Der kleine Rest, 29 Cent, blieb den Sparerinnen und Sparern. Ein lukratives Geschäft für die Banken, innerhalb von elf Monaten haben sie damit 1,6 Milliarden Euro „verdient“. Nur ein paar Klicks mit der Maus, um das Geld virtuell anzulegen. Kein Risiko. Ein Ende der Praxis ist nicht in Sicht.
Die Leidtragenden sind aber nicht nur die Sparenden. Auch der Staat blutet aus. Weil die Republik Österreich die EZB mitbesitzt, bedeutet jede Subvention der Banken einen Verlust für das Land. Nun kann das kleine Österreich die Geldpolitik der EZB nicht beeinflussen. Sehr wohl aber kann sich der Finanzminister die privatisierten Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit zurückholen. Mit einer Übergewinnsteuer.
Muss man sich vor einer solchen Steuer fürchten? Nein. Bankenvertreter und wirtschaftsliberale Ökonomen malen bei fast jeder Steuererhöhung den Teufel an die Wand. Der Standort sei gefährdet, das koste Investitionen? Als die Republik nach der milliardenteuren Bankenkrise vor 15 Jahren eine Bankenabgabe zum Ausgleich einhob, trat der umgekehrte Effekt ein. Die Branche kurbelte die Investitionen an.
Benötigen Banken aber die Profite als Puffer gegen die nächste Krise? Die Rekordgewinne füllen zwar die Geldspeicher der Banken. Aber nur, weil die Banken mit dem Entleeren der Geldspeicher kaum hinterherkommen. Die BAWAG schüttete trotzdem 95% der Profite an ihre Aktionäre und Aktionärinnen aus. Die Erste Bank zahlte die höchste Dividende der Unternehmensgeschichte, dazu kommt ein Rückkauf eigener Aktien. Beides senkt das Eigenkapital, den Puffer gegen die Krise. Dass im Geldspeicher überhaupt eine Reserve verbleibt, verdanken wir den Bankenaufsehern. Sie zwingen die Banken dazu. Egal, ob sie Gewinne schreiben oder nicht. Das war eine Lehre aus der letzten Bankenkrise vor 15 Jahren.
Letztlich ist die Sondersteuer auch eine Frage der Fairness. Nach eben jener Bankenkrise blieb die Allgemeinheit auf der Rechnung sitzen. Die Rettung der Banken verschlang Unsummen. Die eigentlich als Ausgleich eingeführte Bankenabgabe deckte nur einen Bruchteil der entstandenen Kosten ab. Zehn Milliarden sind noch offen. Hilft man den Banken in schlechten Zeiten, darf man sich auch Beiträge in guten Zeiten erwarten. Nicht zuletzt, weil sowieso alle großen Banken eine Staatsgarantie besitzen – sie gelten als „too big to fail“, zu wichtig für das Funktionieren der Wirtschaft.
Wer Übergewinnsteuer für Banken als Populismus oder Willkür abkanzelt, kennt die Geschichte nicht. Sondersteuern als Folge von Kriegen sind so stinknormal, dass es fast schon wieder langweilig ist. Auch nach der letzten Finanzkrise gab es sie weltweit zuhauf, ebenso in Österreich. Zuletzt haben Spanien, Litauen, Tschechien, Ungarn und bald Italien eine eingeführt, um die Zufallsgewinne durch die Inflation abzuschöpfen. Sie befinden sich in bester Gesellschaft. Die britische Premierminister Margaret Thatcher entschied sich schon in den 1980ern für eine Banken-Sondersteuer. Für Heike Lehner ist die Steuer kein Geniestreich. Für Thatcher war sie das ideologisch auch nicht. Doch sie wusste: There is no alternative. Die hohe Inflation stammt von Preiserhöhungen der Unternehmen. Damals wie heute ist sie die größte Umverteilungsaktion ihrer Generation. Wenn die Bundesregierung den vielen Inflations-Verlierern hilft, muss sie auch den Gewinnern einen Beitrag abverlangen.
Dieser Text erschien zunächst in leicht abgewandelter Form als Gastkommentar im „Standard“.