Durch Öl verseuchter Boden
/ 16. Dezember 2020

Rund 62 % der österreichischen Anleihen im Unternehmensanleihen-Kaufprogramm "Corporate Sector Purchase Programme" (CSPP) der Europäischen Zentralbank (EZB) sind der Erdöl- und Gasindustrie zuzurechnen. Im Juni 2019 betrug der Anteil noch 42 %. Die Geldpolitik der EZB könnte somit indirekt die klimapolitischen Ziele der Europäischen Union behindern.

Das Momentum Institut empfiehlt eine grünere Geldpolitik: Nachhaltigkeitskriterien als Voraussetzung für die Aufnahme von Unternehmensanleihen in Kaufprogramme. Banken mit klimafreundlichen Unternehmens- und Immobilienfinanzierungen sollen günstigere Refinanzierungen der Zentralbanken erhalten.

Zusammensetzung der österreichischen Anleihen im Kaufprogramm

Seit mehreren Jahren gehören großvolumige Anleihenkäufe zum geldpolitischen Programm der EZB. Neben Staatsanleihen werden auch Unternehmensanleihen gekauft. Dies soll die Finanzierung von privaten Investitionen erleichtern. Dabei werden lediglich Anleihen mit entsprechender Bonität in das Kaufprogramm aufgenommen. Weil die Struktur kohlenstoffintensiver Industrien aber oft große Unternehmen hervorbringt, sind diese im Kaufprogramm überrepräsentiert. Konkret hat sich das Momentum Institut angesehen, welche österreichischen Anleihen die EZB für ihr Kaufprogramm ausgewählt hat.

Sektoranteile am Gesamtvolumen der österreichischen Unternehmensanleihen im CSPP

Im Oktober 2020 machten Anleihen der fossilen Industrie rund 62 % der verfügbaren österreichischen Unternehmensanleihen im EZB-Programmaus. Die genaue Zusammensetzung ihres Portfolios hält die EZB geheim. Geht man aber ihrer generellen ‚marktneutralen‘ Kaufstrategie folgend davon aus, dass sie einen möglichst gleich hohen Prozentsatz aller Anleihen besitzen möchte, dann spiegeln die in Frage kommenden Anleihen auch die tatsächlich gekauften wider – zumindest nach einiger Zeit. Auch wenn die Motive natürlich ganz andere sind, indirekt unterstützt die EZB am Anleihenmarkt damit vor allem die fossile Industrie. In diese Sparte fallen Anleihen der OMV, Borealis und der strategischen Erdölreserve des Bundes (ELG). Das verbleibende Drittel teilte sich auf verschiedene andere Branchen auf: Die Anleihegeschäfte der Telekom Austria machten 12 % aus, die im internationalen Vergleich relativ grünen Energieproduzenten (EVN. Verbund, KELAG, Energie AG Oberösterreich) 9 %. Immobilien machten weitere 7 % aus, Glücksspiel (NOVOMATIC AG) 5 %, Versicherungen 4 % und der Bausektor 1 %.

Zeitliche Entwicklung

Verglichen mit Juni 2019 zeigt sich zudem, dass der Anteil der fossilen Industrie sogar zugenommen hat. Damals lag der Anteil des fossilen Sektors noch bei 42 %, um zwanzig Prozentpunkte unter dem aktuellen Wert. Dagegen waren mit 25 % noch mehr Anleihen anderer Energiefirmen mit einem nachhaltigeren Energiemix vertreten.

Sektoranteile der Unternehmensanleihen am Gesamtvolumen der österreichischen Unternehmensanleihen im CSPP, Stand Juni 2019

Maßnahmen für eine klimaverträgliche Geldpolitik

Die Klimakrise hat das Potenzial, das Preisstabilitätsziel der EZB zu gefährden. So könnten Naturkatastrophen etwa zu starken Schwankungen der Lebensmittelpreise führen. Auch die Finanzmarktstabilität könnte durch klimawandelbedingte Wertverluste negativ beeinflusst werden. Neben der Preisstabilität ist aber auch die Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der EU im Mandat der EZB verankert, u. a. daher auch die anvisierte Senkung der CO2-Emissionen um 55% bis 2030. Das Momentum Institut schlägt daher eine Reihe von Maßnahmen vor, mit denen die Geldpolitik der EZB in größere Übereinstimmung mit den klimapolitischen Zielen der Europäischen Union gebracht werden kann.

  • Nachhaltigkeitskriterien sollten Voraussetzung für den Kauf von Unternehmensanleihen im Zuge von Anleihenkaufprogrammen werden.  
  • Banken mit vielen grünen Projekten sollten günstigere Finanzierungen der Zentralbanken erhalten
  • Unternehmen sollen zur Offenlegung von CO2-Bilanzen verpflichtet werden. Ratingagenturen sollen diese in ihre Bonitätsprüfungen einfließen lassen.

Der Policy Brief im Detail:

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