Fachkräftemangel Momentum Institut
/ 14. März 2023

Immer wieder lesen wir von Unternehmen, die Probleme bei der Besetzung offener Stellen haben. Der Fachkräftemangel als Verantwortlicher ist fest verankert in der wirtschaftspolitischen Berichterstattung. Einer wissenschaftlichen Definition unterliegt der Begriff des Fachkräftemangels nicht, allerdings einer gesetzlichen. Berufe, in denen es weniger als 1,5-mal so viele Arbeitslose wie offene Stellen gibt, werden vom Gesetzgeber als Mangelberuf klassifiziert. Für Bewerber:innen auf Mangelberufe gelten erleichterte Zuzugsbestimmungen für Angehörige aus EU-Drittstaaten. Damit wird der Pool an potenziellen Arbeitskräften vergrößert und Unternehmen werden von einem Verbesserungsdruck befreit. Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen wäre aber in vielen Mangelberufen dringend notwendig, denn oft liegt der Grund für Rekrutierungsschwierigkeiten beim Unternehmen selbst. So müssten die Löhne in jenen Berufen, in denen besonders schwer Personal zu finden ist, eigentlich stark steigen. Der neue Policy Brief des Momentum Institut zeigt allerdings das Gegenteil. Die Löhne in Mangelberufen sind im Beobachtungszeitraum von 2016 bis 2021 weniger stark gestiegen als der Durchschnitt aller Löhne.

Der Policy Brief des Momentum Institut zum Fachkräftepotenzial als Download:

Lohnentwicklung in Mangelberufen

Arbeitskräftepotenzial besser ausschöpfen

Von einem Mangel an potenziellen Arbeitskräften kann derzeit keine Rede sein. Das Arbeitskräftepotenzial ist nach wie vor enorm. Unter Einbindung aller Altersgruppen, der Erwerbsarbeitslosen sowie von Frauen am Arbeitsmarkt, wird ein immenses Potenzial nicht ausgeschöpft. Österreich ist weit von Vollbeschäftigung entfernt. Auch wenn die Arbeitslosenquote nach einem Peak während der Pandemie nun wieder rückläufig ist, befinden wir uns dennoch in einer Phase von hoher Arbeitslosigkeit. In den 70ern und 80ern gab es Arbeitslosenquoten von unter zwei Prozent. Im Jahr 2022 war sie inklusive Schulungsteilnehmer:innen mit 7,8 Prozent rund viermal so hoch. Rund 335.000 Menschen waren im Jahr erwerbsarbeitslos oder in Schulung und standen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Das sind rund siebenmal so viele Menschen wie zu Beginn der 1970er-Jahre.

Arbeitslosenquote seit 1970

Frauen in Mangelberufen unterrepräsentiert

Ein Blick auf die Geschlechterverteilung in den ausgewählten Mangelberufen lässt zudem erkennen, dass eine ungleiche Geschlechterverteilung Ursache für Rekrutierungsschwierigkeiten darstellen kann. Nur etwa ein Drittel der Beschäftigten in Mangelberufen sind Frauen. So befinden sich beispielsweise Berufe wie Hilfsarbeiter im Bau und Bergbau oder Maschinenmechaniker auf der bundesweiten Mangelberufsliste, jeweils mit einem Männeranteil von über 97 Prozent. Auf der anderen Seite sind weiblich dominierte Berufe wie Pflegeberufe auf der Mangelberufsliste vertreten. Als Betreuungskräfte im Gesundheitswesen arbeiten zum Zeitpunkt der Analyse lediglich 15 Prozent Männer.

Frauen- und Männeranteil in Mangelberufen

Handlungsempfehlungen

Die wenig differenzierte Diskussion um den Fachkräftemangel, verfälscht die Wahrnehmung zwischen einem tatsächlichen Mangel an Spezialist:innen und Berufen, die aufgrund schlechter Entlohnung und Arbeitsbedingungen schlicht unattraktiv (geworden) sind. Um einerseits dieser Differenzierung ge- recht zu werden, und andererseits einen Mangel an Spezialist:innen in Zukunftsjobs zu verhindern, empfiehlt das Momentum Institut mehrere Maßnahmen:

  • Reform der Mangelberufliste
  • Ausbau der Kinder- und Altenbetreuung
  • Ausbildungsoffensive für Greenjobs
  • Bessere Vermittlung von Erwerbsarbeitslosen

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