Labor
/ 7. Dezember 2020
  • Teststrategie & Contact-Tracing mit Kosten von EUR 3,4 Mrd. für ganzes Jahr
  • Nur 41% des Schadens eines neuen 6-wöchigen Lockdowns
  • 9.000 zusätzliche Arbeitsplätze für Contact-Tracer

 

Eine intelligente Massentest-Strategie kombiniert mit einem massiven Ausbau des Contact-Tracing käme für ein ganzes Jahr auf Kosten von EUR 3,4 Mrd. Das wäre weniger als 1% der jährlichen Wirtschaftsleistung. Ein harter Lockdown würde dagegen alleine bei einer Dauer von 6 Wochen die österreichische Volkswirtschaft mit EUR 8,3 Mrd. schädigen. Das zeigen Berechnungen von Wirtschaftsforschungsinstituten zum zweiten Lockdown. Hinzu kämen in diesem Fall noch staatliche Hilfszahlungen in Milliardenhöhe.

Die epidemiologische Effektivität einer neuen Teststrategie und eines funktionierenden Contact-Tracings müssen qualifizierte Gesundheitsexperten beurteilen. Geht man aber davon aus, dass damit ein neuer Lockdown verhindert werden kann, ist die Kosten-Nutzen Rechnung eindeutig positiv. “Mit nur einem Bruchteil der finanziellen Aufwände, die ein oder mehrere neuerliche Lockdowns verursachen würden, könnte zusätzlicher Schaden für die heimische Wirtschaft und hunderttausende Beschäftigte verhindert werden“, analysiert Oliver Picek, Chefökonom des Momentum Instituts.

Testen und Tracen statt Lockdown

Regelmäßige Massentests und ein funktionierendes Contact-Tracing wären im Vergleich nicht nur kostengünstiger, sondern hätten auch einen positiven Effekt auf den Arbeitsmarkt. Angesichts von gegenwärtig 457.000 Arbeitslosen könnte die öffentliche Hand in großem Maßstab “Contact-Tracer” anstellen. Bei einem monatlichen Bruttolohn von EUR 2.000 Euro ließen sich mit EUR 500 Mio. 13.000 Vollzeit-Stellen finanzieren, die dem WHO-Contact Tracing-Rechner zufolge täglich bis zu 2.100 positive Tests betreuen und abarbeiten können. Derzeit gibt es nur rund 4.000 Contact-Tracer, manche davon in Teilzeit. Der Teststrategie liegt folgende Annahme zugrunde: Würde die Hälfte der österreichischen Bevölkerung zusätzlich 1 Jahr lang alle 4 Tage auf das Virus getestet, fielen bei EUR 7 pro Test dafür Kosten von EUR 2,9 Mrd. an.

 

Lage bleibt angespannt

Wie dringend notwendig der „Wiederaufbau“ des im Herbst kollabierten Contact-Tracings ist, verdeutlicht ein Blick auf die aktuelle Situation (Stand 04.12.): Derzeit verzeichnet Wien mit 50% noch die höchste Aufklärungsquote bei den Neuinfektionen im Bundesländervergleich. Am anderen Ende der Skala rangieren Niederösterreich mit 11%, Vorarlberg mit 9% und Salzburg mit gerade einmal 8% an aufgeklärten Fällen. Die Effektivität der Kontakt-Nachverfolgung hängt jedoch nicht nur von der Anzahl der Contact-Tracer pro 100.000 Einwohner ab, sondern auch davon, ob diese dafür in Vollzeit eingesetzt werden können. Auch die Kooperationsbereitschaft der Bevölkerung ist essentiell.

Trotz der besorgniserregend niedrigen Aufklärungsquoten planen die Bundesländer nur relativ wenig zusätzliches Personal für das Contact-Tracing. Zwar wollen die meisten in den kommenden Wochen neu einstellen und manche zusätzlich temporäre Unterstützung vom Bundesheer anfordern. Konkret geplant sind jedoch bundesweit vorerst nur 351 Stellen. “Für ein effektives Contact-Tracing wird das hinten und vorne nicht reichen. Die öffentliche Hand sollte daher in großem Maßstab zusätzliches Personal einstellen”, empfiehlt Picek.

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