impflotterie
/ 20. Januar 2022

Das „Anreiz- und Belohnungspaket“ zur Steigerung der Impfquote in Österreich wurde heute kurz vor der bevorstehenden Abstimmung im Nationalrat über die Impfpflicht vorgestellt. Der Inhalt kurz auf den Punkt gebracht: ein finanzielles Anreizsystem für Gemeinden und eine Impflotterie sollen die notwendige Steigerung der Impfquote in Österreich bewirken.

Die Maßnahmen im Überblick

Impflotterie

Konkret soll mit der Impflotterie jede:r zehnte Geimpfte die Chance auf einen Gutschein-Gewinn im Wert von 500 Euro bekommen, unabhängig vom Zeitpunkt der Impfung. Außerdem geht mit jeder weiteren Teilimpfung auch eine weitere Möglichkeit auf einen Gewinn einher. Also lautet die Gleichung: drei Impfungen = drei Gewinnchancen. Die Lotterie startet am 15. März und fällt dadurch mit dem offiziellen Inkrafttreten der Impfpflicht-Kontrollen zusammen. Die Gutscheine können bei österreichischen Betrieben, wie etwa im Handel, der Hotellerie und Gastronomie oder auch in Kultur- und Sporteinrichtungen eingelöst werden.

Anreizsystem für Gemeinden

Zusätzlich zur Impflotterie wurde ein Anreizsystem für Gemeinden in Aussicht gestellt. Kann eine österreichische Gemeinde eine Impfquote von mindestens 80 Prozent vorweisen, erhält sie einen Basiszuschuss aus einem Pool von insgesamt 75 Millionen Euro. Die weitere Staffelung liegt bei einem Pool von 150 Millionen Euro Auszahlung bei einer 85-prozentigen Impfquote. Liegt die Impfquote höher als 90 Prozent, sollen insgesamt 300 Millionen Euro ausgezahlt werden. Ausgehend von einer durchschnittlichen Gemeinde mit 3.000 Einwohner:innen und einer Impfquote von 80 Prozent, ergibt das rund 30.000 Euro Zuschuss.

Für beide Maßnahmen des Anreiz- und Belohnungspakets zusammen sind 1,4 Milliarden Euro budgetiert. Davon ist eine Milliarde für die Lotterie vorgesehen und rund 400 Millionen Euro für das Anreizsystem für Gemeinden.

Was bringt’s und wem bringt’s was?

Ein kurzer Blick auf die Verteilung der Bevölkerungsschichten nach Impfstatus in Österreich, lässt bereits erahnen, was das eben präsentierte Maßnahmenpaket verabsäumt hat. Der Impfstatus aufgedröselt nach Merkmalen wie Alter, Einkommen und Wahlverhalten gibt Aufschluss darüber, wer sich bereits impfen hat lassen, wer nicht, wer zögert und wer überhaupt nicht bereit dazu ist, sich impfen zu lassen.

Aufgeschlüsselt nach Alter sind vor allem die 45- bis 54-Jährigen am impf-skeptischsten bzw. gar nicht impfbereit (Stand der Daten: Juli 2021). Insgesamt zeigen sich im Durchschnitt 15 Prozent der Befragten nicht impfbereit. Weitere 14 Prozent zögern, wobei Unsicherheit über die Impfentscheidung eher in den jüngeren Altersgruppen zu sehen ist, etwa bei den 14- bis 24-Jährigen und bei den 25- bis 34-Jährigen.

Auch bei der Aufschlüsselung nach Haushaltseinkommen zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Vor allem bei den mittleren bis unteren Einkommensschichten (Einkommen unter 1.500 Euro, bzw. Einkommen zwischen 1.500 Euro und 2.700 Euro) ist der Anteil jener, die nicht impfbereit sind oder starke Zweifel hegen am größten, während Haushalte mit Einkommen ab 2.700 Euro sich deutlich häufiger für die Impfung entscheiden.

Verteilungswirkung der Maßnahme

Es sollte betont werden, dass nur jede zehnte Person, die geimpft ist oder sich impfen lässt, eine Chance auf Gewinn des 500 Euro-Gutscheins über die Impflotterie hat. Eine Impfprämie von 500 Euro pro vollständig geimpfter Person, wäre zwar teurer gekommen mit Kosten von rund 4 Milliarden Euro, aber hätte zumindest eine gleichmäßige Verteilung des monetären Anreizes bewirkt. Im Fall der Lotterie hat zwar jede Person, die gleiche Gewinnchance, aber nur, wenn auch das nötige Wissen, beispielsweise über die Anmeldung zur Impflotterie vorhanden ist. Bei einer Impfprämie wäre die monetäre Zusicherung zwar ebenso abhängig von einer vollständigen Impfung, ein fix zugesicherter monetärer Betrag ist allerdings ein stärkerer Anreiz als die bloße Chance auf einen Gewinn. Aus diesem Grund wäre wohl eine Impfprämie eine wirksamere Maßnahme zur Erhöhung der Impfquote.

Was sagt die Literatur dazu?

Die Literatur über Wirkungen und Anreizstärke von Impflotterien ist nicht sehr aussagekräftig und bestenfalls unsicher darüber, ob genannte Lotterien überhaupt den notwendigen Anreiz schaffen können, damit Menschen sich impfen lassen. Die Ergebnisse einer Studie aus den USA (Mai 2021) deuten darauf hin, dass Lotterieprogramme möglicherweise die Impfzögerlichkeit verringern können, dass das aber von Land zu Land und sogar Bundesstaat zu Bundesstaat verschieden sein kann. Studienergebnisse deuten ebenfalls darauf hin, dass Forschungsergebnisse gemischt, ohne Auswirkung bis eher negativ ausfallen und dass solche Lotterien deshalb mit anderen Maßnahmen kombiniert und ergänzt werden sollten, um etwas zu bewirken.

Ein spannender Aspekt in Bezug auf das Gemeinde-Anreizsystem ist ein Impflotterie-Design aus Philadelphia: dort haben jene Gemeinden mit sehr niedrigen Impfquoten zusätzliche Chancen auf Gewinn erhalten, um besonders dort viele Menschen zur Impfung animieren zu können. Zusätzlich wurde eine automatische Anmeldung zur Lotterie durchgeführt, auf Basis der Wohnadresse und nur mittels ‚Opt-Out-Option‘ konnte man sich als Teilnehmer:in aus der Lotterie ziehen.

Handlungsempfehlungen

  • Statt einer Impflotterie sollte eine fix ausgezahlte Impfprämie für dreifach oder zweifach geimpfte Menschen kommen. So gibt es von Anfang an die Sicherheit, dass bei erfolgter, ausreichender Immunisierung auch sicher eine Prämie ausgezahlt wird. Die Prämie wäre zwar teurer, allerdings wirkt sie besser und insbesondere auch eine bessere Unterstützung für von der Krise hart getroffene Haushalte mit niedrigem Einkommen bringen. Auch die Wirtschaft würde davon stärker profitieren.
  • Ob Impfprämie oder Impflotterie, die Maßnahme kann nur wirklich wirken, wenn besonders jene Zielgruppen angesprochen werden, die zurzeit noch zögerlich sind. Dazu braucht es gezielte Informationskampagnen bei jüngeren Leuten, sowie bei Haushalten mit niedrigem Einkommen und bei Menschen die zur Gruppe der Nicht-Wähler:innen gehören. Auch eine Umstellung von einem Opt-In auf ein Opt-Out Impfsystem wäre wünschenswert. Ein Beispiel dafür ist die automatische Impfanmeldung für ungeimpfte Wiener:innen. Dieses System sollte für ganz Österreich ausgerollt werden und mit Beratungsterminen verknüpft werden.

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