Blick aus Fenster einer Wohnung als Symbolbild für die (fehlende) MIetpreisbremse
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  Alexander Huber
/ 25. März 2023

Trotz nach wie vor zweistelliger Teuerungsraten und einer drohenden Erhöhung der Richtwertmieten um fast 9 Prozent konnten die Grünen der ÖVP keinen Kompromiss abringen. Was stattdessen kommt, hat in Österreich als Anti-Teuerungsmaßnahme fast schon Tradition: eine Einmalzahlung. Für die Wohnkostenbeihilfe macht der Finanzminister abermals 250 Millionen Euro locker. Während andere EU-Länder dank Preisbremsen längst einen Rückgang der Inflation erleben, setzt man in Österreich nach wie vor auf Ausgleichszahlungen. Die Wohnkostenbeihilfe ist die vorläufige Krönung der gescheiterten Inflationsbekämpfung made in Austria.

Mieter:innen als Durchlaufposten

Eine Mietpreisbremse sei nicht „treffsicher“, behaupten ihre Gegner. Sieht man genauer hin, erkennt man schnell: Eine Mietpreisbremse ist so zielsicher wie ein Dartpfeil mitten ins Schwarze. Teilt man Österreichs Haushalte von arm bis ultrareich in zwei Teile, lebt die ärmere Hälfte fast ausschließlich zur Miete. Erst bei den reichsten zehn Prozent nach Vermögen sind vermehrt die anzutreffen, die nicht nur eine Immobilie besitzen, sondern mehrere, und die Wohnungen darin vermieten. Dazwischen leben die Menschen in den eigenen vier Wänden. Doch Vermieter:innen gehören zu den Allerreichsten, Mieter:innen zu den Ärmeren.

Aus der Sicht der Mieter:innen ist die Wohnkostenbeihilfe deutlich schlechter als eine Mietpreisbremse. Über 500 Euro im Jahr kostet Mieter:innen im Altbau die unmittelbar anstehende Erhöhung im Durchschnitt. Nicht einmal die Hälfte davon – rund 200 Euro – übernimmt nun der Staat, allerdings natürlich nur in diesem Jahr. Schon nächstes Jahr müssen die Haushalte die dauerhaft gestiegenen Wohnkosten ganz alleine stemmen. Die Mieter:innen sind bei dieser neuerlichen Einmalzahlung nur ein Durchlaufposten. Spätestens im Herbst liegen diese 250 Millionen Euro am Konto der Vermieter:innen. Sie wären diejenigen gewesen, die bei einer Mietpreisbremse auf einen Teil ihrer Einnahmen verzichten hätten müssen. Stattdessen kommt jetzt eben ein Teil ihrer höheren Mieteinnahmen nicht von den Mieter:innen direkt, sondern von den Steuerzahler:innen in Österreich. Nun, da die staatliche Unterstützung gewiss ist, wird auch kaum eine Vermieter:in mehr auf die Mieterhöhung verzichten.

Mietpreisbremse hätte nichts gekostet

In den Ländern, die den Haushalten nicht nur Geld zugeschoben haben, sondern auch effektiv Preise gesenkt haben, ist die Teuerung bereits deutlich zurückgegangen. Spanien oder Frankreich stechen hervor. In Österreich setzt man hingegen nach wie vor auf Kompensationszahlungen. Mit Ausnahme der Strompreisbremse wird den Menschen einmalig Geld in die Hand gedrückt, um mit dauerhaft gestiegenen Preisen fertig zu werden. Das kann sich nicht ausgehen.

Bei der gescheiterten Mietpreisbremse hat die Bundesregierung einen aufgelegten Elfmeter vergeben. Sie wäre die am leichtesten umsetzbare aller Anti-Teuerungsmaßnahmen gewesen. Obendrein hätte die Bremse den Staat keinen Cent gekostet. Während für Energie und Lebensmittel bereits deutlich mehr bezahlt werden muss, lässt es Österreich zu, dass absurd hohe Mietsteigerungen die Teuerung noch zusätzlich befeuern.

Vermieter:innen wird die Teuerung voll abgegolten, Mieter:innen zahlen doppelt

Mit der Teuerungskrise ist in Österreich ein Verteilungskampf entbrannt, in dem es darum geht, wer den Wohlstandsverlust durch die hohen Energiepreise schultern soll. Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen, Arbeitslose und Pensionist:innen haben die höchsten Verluste ihrer Kaufkraft seit mehr als sechzig Jahren hingenommen. Nur Vermieter:innen werden rasch und vollständig für die gesamte Teuerung kompensiert – einschließlich gestiegener Energiepreise. Das macht wenig Sinn, denn Energiekosten müssen Mieter:innen sowieso selbst bezahlen. Mieter:innen zahlen doppelt, Vermieter:innen werden entschädigt für etwas, das sie gar nicht selbst bezahlen müssen.

Dass sich die Immobilienlobby innerhalb der ÖVP so durchgesetzt hat, ist ein Jammer. Dass sie die komplette Politik der Regierung bestimmt, ein sozialpolitisches Armutszeugnis. Für die reichsten zehn Prozent ist ein angemessener Anteil am allgemeinen Wohlstandsverlust sehr wohl zumutbar, ein Mindestmaß an Solidarität angebracht. Stattdessen kommt mit der Wohnkostenbeihilfe eine große Umverteilaktion. Nur halt von unten nach oben.

 

Dieser Text erschien zunächst in der Momentum-Kolumne "Ausgerechnet" bei ZackZack.

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