Mindestsicherung
/ 22. September 2022

Die Zahlen der Statistik Austria von 2021 zeigen, dass insgesamt 199.173 Menschen Mindestsicherung beziehen. Im Vergleich zum Vorjahr sind das mehr als 7.000 Bezieher:innen weniger. Die Frauenquote der Bezieher:innen (Kinder ausgenommen) liegt bei 54 Prozent, damit waren 2021 57.152 Frauen auf die Mindestsicherung angewiesen. Die Ausgaben beliefen sich letztes Jahr auf 966 Millionen Euro, das sind 0,53 Prozent der Sozialausgaben oder 0,31 Prozent der gesamten Staatsausgaben. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Ausgaben für die Mindestsicherung gestiegen.

Was ist die Mindestsicherung?


Die Mindestsicherung ist das letzte Sicherheitsnetz für Menschen in Österreich. Sie soll dafür sorgen, dass Menschen zumindest das Allernötigste zum Leben haben. Die Anforderungen für den Bezug der Mindestsicherung sind streng: Eigenes Vermögen muss aufgebraucht sein, EU oder EWR-Bürger:innen haben nur dann Anspruch, wenn sie in Österreich arbeiten oder schon mehr als fünf Jahren hierzulande wohnen. Zudem muss die Arbeitsbereitschaft für den Mindestsicherungsbezug gegeben sein, ausgenommen davon sind Mindestsicherungsbezieher:innen, die das Pensionsantrittsalter erreicht haben oder Kinder und pflegebedürftige Personen betreuen. Auch wird keine Mindestsicherung bezahlt, wenn gegen Integrationsvereinbarungen verstoßen wird (BMSGPK 2022).

Wie hoch ist die Mindestsicherung?

Die aktuell gesetzlichen Bestimmungen zur Höhe der Mindestsicherung sind noch nicht bundesweit einheitlich. Denn das neue Sozialhilfe-Grundgesetz löst die Mindestsicherung ab. Mit Ende 2021 wurde das neue Sozialhilfe-Grundgesetz in sechs Bundesländern (Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Kärnten, Vorarlberg) umgesetzt. In den anderen Bundesländern gilt bis zur Umsetzung weiterhin das Mindestsicherungsgesetz. Neu ist: Es gelten Maximalsätze statt Mindeststandards. Für Einpersonenhaushalte und Alleinerziehende beträgt die monatliche Hilfe maximal 978 Euro (12 mal jährlich). Zusätzlich können die Bundesländer Zuschläge pro Kind zwischen 29 und 117 Euro gewähren. Auch Menschen mit besonderen Bedürfnissen bekommen einen Zuschlag. Für Paare sind es 1.369 Euro. Begrenzt wurden im Rahmen des neuen Gesetzes die Geldleistungen an Mehrpersonenhaushalte. Dabei sollen Erwachsene in einer Haushaltsgemeinschaft nicht mehr als 175 Prozent von dem beziehen, was Alleinlebende bekommen. Also maximal 1.712 Euro monatlich (oesterreich.gv.at).

Die tatsächlich ausbezahlten Leistungen aus der Mindestsicherung pro Bezieher:in sind gering. Nur für Paare mit zwei oder mehr Kindern und Alleinerziehende mit vier oder mehr Kindern liegen sie bei über EUR 1.000.

Wer bekommt Mindestsicherung?


Die geringen tatsächlich ausgezahlten Leistungen aus der Mindestsicherung haben neben den geringen Maximalbeträgen auch damit zu tun, dass Menschen ihr Einkommen mit der Mindestsicherung „aufstocken“ können. Das heißt, die Mindestsicherung kann auch von Menschen bezogen werden, die andere Einkünfte haben. Sind diese Einkünfte jedoch sehr gering und liegen unter der Mindestsicherungsgrenze, ist es möglich – solange die Anspruchskriterien erfüllt sind – bis zur maximalen Höhe der Mindestsicherung „aufzustocken“. Von diesen Aufstocker:innen ist zum Beispiel dann die Rede, wenn Menschen einer Erwerbstätigkeit nachgehen, aber so wenig verdienen, dass sie trotz Arbeitseinkommen unter der Mindestsicherungsgrenze bleiben. Die Zahlen aus 2021 zeigen, dass 71 Prozent der Bezieher:innen ihr Einkommen „aufstocken“. Nur 29.877 Menschen sind Vollbezieher:innen.

 

Viele Menschen sind erwerbstätig, verdienen aber zu wenig und sind so auf die Mindestsicherung angewiesen. 2021 waren das 15.404 Menschen. Über 38.000 Bezieher:innen der Mindestsicherung sind auf Jobsuche, befinden sich in Umschulung oder beziehen anderweitig Leistungen des Arbeitsmarktservice. Die dritte Gruppe der Mindestsicherungsbezieher:innen mit Einkünften sind u. a. Bezieher:innen von Unterhaltszahlungen.

Neben den erwerbstätigen Bezieher:innen ist der Großteil  entweder zu jung oder zu alt für Erwerbstätigkeit. Viele sind in Ausbildung oder sind aufgrund von Angehörigenpflege oder Kinderbetreuung nicht in der Lage, Arbeiten zu gehen.

Viele Menschen sind nach wie vor abhängig von der Mindestsicherung – das muss sich ändern.


Die Mindestsicherung sollte als letztes Netz im Sozialstaat Österreich dienen. Die große Zahl an Aufstocker:innen zeigt jedoch, dass die Mindestsicherung auch dort hilft, wo andere Sozialleistungen versagen. Das Arbeitslosengeld sollte selbst eine existenzsichernde Wirkung haben, verfehlt diese jedoch regelmäßig. Eine Nettoersatzrate von 70 Prozent wäre dafür dringend notwendig. Zudem sollten Junge und Alte auch ohne Mindestsicherung durch Pensions- und Unterhaltszahlungen abgesichert sein. Auch ein Mindestlohn von 2.000 Euro muss endlich her, denn die hohe Zahl der Bezieher:innen mit zu niedrigem Einkommen zeigt, dass Erwerbsarbeit allein oft nicht ausreicht, um die täglichen Kosten zu stemmen.

 

Neuigkeiten einmal die Woche in deiner Mailbox - der Momentum Institut Newsletter

Ich bin einverstanden, einen regelmäßigen Newsletter zu erhalten. Mehr Informationen: Datenschutz.