Schultafel
/ 11. März 2022

Österreich gibt knapp 9% der öffentlichen Gelder für Bildung aus. Der größte Teil fließt in den Elementarbereich und die höhere Bildung. Vor allem Berufsschulen erhalten verhältnismäßig wenig Geld – und das obwohl seit Jahren von der „Aufwertung der Lehre“ die Rede ist. Während die Ausgaben für Bildung seit Jahren mehr oder weniger stagnieren, ist man hierzulande auch von Chancengleichheit in Schule und Uni noch weit entfernt: Bildung wird nach wie vor vererbt.

Wieviel Geld wird in Österreich für Bildung in die Hand genommen? Wohin fließt das Geld, das wir in den Bildungssektor stecken? Die Statistik Austria veröffentlicht jährlich Daten zu den Bildungsausgaben, aufgeschlüsselt nach Bildungseinrichtungen und Aufwendungszwecken, die Aufschluss über diese Fragen geben.

Das Gesamtbild bleibt – im Zeitverlauf betrachtet – recht stabil. Österreich gibt jährlich rund 9% der Staatsausgaben für Bildung aus. Anteilsmäßig an den Bildungsausgaben wird für den Elementar- und Pflichtschulbereich mit 54% der größte Teil ausgegeben, dazu gehören Kindertagesheime, Volksschulen und allgemein bildende Pflichtschulen bis zur 9. Schulstufe (Ende der Schulpflicht). 19% werden in den Sekundarbereich II (9. Schulstufe aufwärts) investiert, das restliche Viertel in den Postsekundar- und Tertiärbereich (Universitäten, Fachhochschulen etc.).

Genauer aufgeschlüsselt fließen rund 30 % in allgemeinbildende Pflichtschulen. In Kindertagesheime werden immerhin 14% der Bildungsausgaben gesteckt. Im Sekundarbereich steigen vor allem Berufsschulen am schlechtesten aus, die nur drei von 100 Bildungseuros erhalten – am wenigsten im gesamten Sekundarbereich. Im Tertiärbereich fließt der Löwenanteil an Universitäten: Mit 22% der ausbezahlten Bildungsgelder landen sie auf Platz 2 in der Gesamtbetrachtung. Im Vergleich wenig erhalten außerdem Pädagogische- und Fachhochschulen mit nur 1% bzw. 2% der Gesamtausgaben für den Bildungssektor.

Gerechnet pro Schüler:in, Lehrling oder studierender Person zeichnet sich ein ähnliches Bild. Personen, die eine Lehre in einer Berufsschule machen erhalten am wenigsten Pro-Kopf-Zuwendung von den Bildungsausgaben: nur 5.123 Euro werden pro Lehrling ausgegeben. Gleichzeitig sind Berufsschulen auch jene, die gemessen an den Bildungsausgaben am wenigsten Gelder beziehen. Universitäten hingegen erhalten mehr als ein Fünftel der Bildungsausgaben, investieren aber auch viel mehr Geld mit 14.667 Euro pro studierender Person. Die Tatsache, dass seitens vieler Unternehmen seit Jahren ein Mangel an qualifizierten Lehrlingen beklagt wird, spiegelt sich also nicht in den Ausgaben für Berufsschulen wider.

Im Zeitverlauf betrachtet haben sich die Ausgaben für die jeweiligen Bildungseinrichtungen kaum verändert. Nur die Ausgaben für Kindertagesheime und Universitäten sind anteilig an den Bildungsausgaben des jeweiligen Jahres in den letzten 20 Jahren gestiegen. Die Anteile an den Ausgaben für Universitäten betrugen im Jahr 2000 noch knapp 18%, fast zwanzig Jahre später sind es rund 22%. Ein ähnlicher Ausgabenzuwachs ist bei den Kindertagesheimen zu beobachten: wurden im Jahr 2000 noch knapp 9% an den Elementarbereich ausgezahlt, waren es 2020 bereits knappe 14%. Schlechter steht es einmal mehr um die Ausgaben für Berufsschulen: diese sind in den letzten zwei Jahrzehnten immer weniger geworden. Auch die anteiligen Ausgaben für allgemeinbildende Pflichtschulen sind von 34%, also mehr als einem Drittel der Bildungsausgaben, auf 29% abgesunken.

Dass Kindertagesheime und Universitäten die „Gewinner“ der Bildungsausgaben sind, sieht man auch im indexierten Vergleich. Die Ausgaben für Bildung haben sich seit dem Jahr 2000 insgesamt fast verdoppelt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) und die Staatsausgaben sind im gleichen Zeitraum weniger stark angestiegen. Die Finanzkrise 2009 hatte dabei keinen merklichen Einfluss auf das Bildungsbudget. Am stärksten angestiegen sind die Ausgaben im 20-Jahresvergleich bei Kindertagesheimen und Universitäten, die sich verdreifacht bzw. mehr als verdoppelt haben. Auch in dieser Ansicht ist ersichtlich, dass für Berufsschulen am wenigsten Mittel in die Hand genommen wurden.

Nach Aufwendungszweck betrachtet wird der größte Anteil mit 60 % für Personal ausgegeben. Über ein Fünftel wird in Sachaufwände gesteckt. Dazu gehören Ausgaben für Schulbücher, Schüler:innen-Freifahrten und Mieten für Schulgebäude. Investiert werden rund 6 %. Mit 4% fließt ein relativ kleiner Teil in Form von Transfers an private Haushalte (Studienförderung, Stipendien, bildungsrelevante Teile der Familienbeihilfe).

Die kürzlich veröffentlichte Bildungsstatistik bildet nun erstmals die Bildungsausgaben im Corona-Krisenjahr 2020 ab. Insgesamt wurden im Jahr 2020 rund 19,4 Milliarden Euro für das Bildungswesen ausgegeben. Das entspricht einem Anteil von 8,8 Prozent an den gesamten Staatsausgaben. In etwa gleich viel wurde im Vorjahr für Unternehmenshilfen und Kurzarbeit ausgegeben.

Während der Corona-Krise wurden die Staatsausgaben relativ betrachtet nur für wirtschaftliche Angelegenheiten erhöht. Dieser Bereich erhielt ein Ausgabenplus von 5,5 Prozentpunkten, wohingegen alle anderen Bereiche im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 weniger Gelder erhielten. Die Ausgaben für soziale Sicherung sanken beispielsweise um 1,6 Prozentpunkte – auch das Bildungswesen verlor einen Prozentpunkt an Ausgaben verglichen mit dem Vorkrisenjahr 2019.

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Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat sich bei den Bildungsausgaben im Zeitverlauf wenig verändert. Die öffentlichen Bildungsausgaben (exkl. Forschung) im Jahr 2012 betrugen am BIP gemessen 5%. Im Jahr 2019 waren es rund 19 Milliarden Euro, was 4,8% des BIPs entspricht. Im Corona-Jahr 2020 wurden rund 5 % des BIPs in Bildung gesteckt.

Wie schneidet Österreich bei den Bildungsausgaben im internationalen Vergleich ab? Der EU27-Schnitt der Bildungsausgaben in Prozent des BIP liegt bei 4,9 %. Österreich liegt mit 5,2 % (inkl. Forschung) knapp über dem EU27-Durchschnitt. Auffallend ist, dass skandinavische Länder wie Schweden, Dänemark oder Finnland deutlich höhere Bildungsausgaben gemessen am BIP verzeichnen. Schweden ist mit fast 8 % Spitzenreiter, gefolgt von Dänemark mit knapp 7 %. Die Anteile, die in Elementar- und Primarbereiche investiert werden sind in diesen Ländern besonders hoch. Das macht sich letztlich auch bei den Kinderbetreuungsquoten bemerkbar: Während Österreich seit mehr als einem Jahrzehnt die EU-Kinderbetreuungsziele verfehlt, sind in Dänemark 7 von 10 Kindern unter 3 Jahren in Betreuung. Österreich ist beim Kindergarten-Ausbau europäisches Schlusslicht mit nur 3 von 10 Kindern unter 3 Jahren in Betreuung. Wir sehen das auch im Budget: Während Schweden rund 2 % des BIPs in den Elementarbereich pumpt, dümpelt Österreich bei nicht einmal einem Prozent des BIPs herum.

Erzielen die Ausgaben für Bildung auch einen entsprechenden Effekt? Schafft der Staat Österreich etwa mehr Chancengleichheit im Schul- und Universitätssystem? Die Zahlen hierfür sprechen leider eine andere Sprache. Bildung wird in Österreich, ähnlich dem Vermögen, immer noch sehr stark vererbt. Von 100 Volksschulkindern beginnen etwa nur 22 Arbeiter:innenkinder ein Bachelorstudium. Aus Akademiker:innenhaushalten sind es hingegen ganze 67. Bis zum Masterstudium dünnt sich das Feld weiter aus: nur 7 von 100 Arbeiterinnen:kinder bleiben übrig, ihnen gegenüber stehen immer noch 25 Akademiker:innenkinder (Datenstand: 2017).

Empfehlungen des Momentum Instituts:

  • Aufstockung Studienbeihilfe
  • Ausweitung Toleranzsemester für niedrige Einkommen
  • Bessere Finanzierung der Berufsschulen
  • Ausbau der Elementarpädagogik und -betreuung vor allem in ländlichen Gebieten

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