Justitia als Symbolbild für ungerechte Steuerstruktur
/ 17. Mai 2022

Pflegekräfte, Bäckerinnen, Paketboten zahlen rund ein Drittel ihres Einkommens an Steuern und Abgaben. Die Vermögen der reichsten Menschen Österreichs tragen hingegen kaum zum Staatshaushalt bei. Eigentlich wäre es naheliegend, dass jene, die mehr haben, auch mehr beitragen. Wer wenig hat, braucht jeden Euro im Alltag – Essen kaufen, Miete zahlen, Wohnung heizen. Das gilt besonders jetzt, wo die Preise gerade in diesen lebensnotwendigen Bereichen in die Höhe schießen. Steuern sollten arme Menschen kaum, hohe Steuern schon gar nicht zahlen.  

Praktisch sieht es allerdings ganz anders aus, denn die österreichische Steuerstruktur liegt gewaltig schief: 80 von 100 Steuereuros stammen von Arbeit und Konsum. Wer täglich arbeiten geht, trägt viel bei. Nur drei von 100 Euro kommen hingegen von vermögensbezogenen Steuern. Über die Körperschaftsteuer zahlen Unternehmen sechs von 100 Euro – zusammen gerade einmal 9 von 100 Steuereuros aus Vermögens- und Unternehmensgewinnen. Wer also sein Vermögen für sich arbeiten lassen kann, trägt wenig bei.  

Daran ändert auch die Steuerreform nichts, im Gegenteil: Die Körperschaftseuer sinkt von 25 auf 23 Prozent – ein Steuergeschenk, das zu fast 90 Prozent auf den Haushaltskonten der reichsten zehn Prozent landet. Steuern auf Vermögen und daraus resultierende Einkommen sinken ohnehin seit Jahrzehnten. Die Abschaffung der Vermögensteuer 1993 hat den Anteil am Steueraufkommen um fast ein Drittel reduziert. Das Geld, das dem Staatshaushalt dadurch verloren geht, fehlt im Sozialsystem.  

Die Chance auf mehr Steuergerechtigkeit hat die Regierung bei der Steuerreform verpasst. Der Handlungsbedarf durch die Inflation öffnet ein Fenster, dieses Versäumnis anzugehen: Werden Vermögen, Erbschaft und Gewinne endlich entsprechend besteuern, können wir den Faktor Arbeit entlasten.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Kleinen Zeitung.

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