Mädchen das putzt
/ 6. März 2024

Kurz nach dem österreichischen Equal Pay Day am 14. Februar und dem Equal Care Day am 29. Februar folgt der internationale Weltfrauentag am 8. März. An diesem Tag wird an die nach wie vor herrschende Diskriminierung, Ungleichstellung, Ungleichberechtigung und ungleiche Bezahlung von Frauen erinnert.

Während der Equal Pay Day den Gender Pay Gap – also die geschlechtsspezifische Einkommenslücke von erwerbstätigen Frauen und Männern in den Fokus stellt, macht der Equal Care Day auf die unbezahlte und oft unsichtbare, weibliche Haus-, Sorge- und Familienarbeit aufmerksam. Beiden Gedenktagen gemein sind die nach wie vor fest verankerten traditionellen Rollenbilder und Stereotypen über Frauen in unserer Gesellschaft. Der 8. März erinnert uns daran, dass diese aufgebrochen werden müssen, um die Gleichstellung von Frauen und Männern zu erreichen.

Von jung bis alt: Der Gender Care Gap bleibt fest bestehen

Frauen leisten mehr. Egal ob am Anfang ihres Lebens, in der Mitte oder zum Lebensabend. Insgesamt beträgt der Gender Overall Care Gap in Österreich 71 Prozent. Zur Berechnung des “Gender Overall Care Gaps” wird die durchschnittliche tägliche Dauer von unbezahlten Care-Tätigkeiten an der Gesamtbevölkerung gemessen – darin sind alle Menschen in Österreich ab 10 Jahren inkludiert, egal ob sie Sorgearbeit leisten oder nicht.

Frauen leisten im Schnitt 3 Stunden und 48 Minuten Sorgearbeit, während es bei den Männern nur 2 Stunden 14 Minuten sind. Da es aber viel häufiger Männer sind, die gar keine Sorgearbeit leisten, fällt der Gender Overall Care Gap deutlich größer aus, als wenn man nur die Ausübenden betrachtet. Selbst wenn man nur die Ausübenden betrachtet, beträgt der Gender Care Gap 43 Prozent (Momentum Institut 2024).

Der Gender Overall Care Gap ist in jeder Altersgruppe eines Menschenlebens sichtbar – es fängt schon bei den jüngsten an. Bereits bei den 10-14-Jährigen leisten Mädchen um 31 Prozent mehr Care-Arbeit als die Buben, bei den Jugendlichen ist es sogar um die Hälfte (49 Prozent) mehr. Am größten ist die Lücke bei der unbezahlten Arbeit zwischen den Geschlechtern, in dem Alter wo Frauen im Schnitt Mütter werden - zwischen 25 und 39 Jahren schießt der Gender Overall Care Gap auf satte 130 Prozent hinauf. Aber auch zur Zeit des Pensionseintritts machen Seniorinnen 73 Prozent mehr unbezahlte Arbeit als das männliche Pendant. Es ist also egal, welche Altersgruppe betrachtet wird, Frauen übernehmen immer mehr Care-Arbeit als Männer.

Früh übt sich: Enorme Gender Care Gaps bei Kindern und Jugendlichen

Der Gender Overall Care Gap bei 10 bis 14-jährigen Mädchen liegt bei 31 Prozent. Bei den 15 bis 19-Jährigen klafft er schon bei 49 Prozent. Wir sehen also, dass Mädchen bereits in frühen Kinderjahren merklich mehr unbezahlte Arbeit im Haushalt übernehmen als Buben. Im Schnitt verbringt ein 10-14-jähriges Mädchen bereits 11 Minuten mehr pro Tag mit unbezahlter Haus- und Sorgearbeit. Bei den 15 bis 19-Jährigen übernehmen Mädchen bereits eine halbe Stunde mehr pro Tag.

Tätigkeiten folgen den traditionellen Rollenbildern: 'Mädchen in den Haushalt, Buben in den Garten'

Ein Blick auf die Tätigkeiten, die von Kindern und Jugendlichen im Haushalt und in der Familie übernommen werden, verrät, dass das traditionelle Rollenbild „Hausarbeit und Kinder sind Frauensache“ wohl immer noch gelebt wird.

Bei den 10 bis 14-jährigen Buben und Mädchen ist die Aufteilung von unbezahlter Haus- und Care-Arbeit bereits eindeutig: Buben erledigen eher die Gartenarbeit, versorgen Nutztiere und gehen mit dem Hund spazieren. Mädchen verbringen deutlich mehr Zeit mit häuslichen Care-Tätigkeiten wie Aufräumen und Putzen, Kochen und Geschirr abwaschen oder Einkaufen.

Bei den 15-19-Jährigen ist die Ungleichheit noch ausgeprägter: Weibliche Jugendliche im Alter von 15 bis 19 Jahren übernehmen fast um die Hälfte mehr an unbezahlten Care-Tätigkeiten verglichen zu männlichen Jugendlichen dieser Altersgruppe. Die Tätigkeiten, bei denen männliche Jugendliche mehr übernehmen beschränken sich wiederum auf „Outdoor-Tätigkeiten“ wie Gartenarbeit, kleinere Reparaturen im Haus oder in der Wohnung und Gassi gehen mit dem Hund.

Selbst wenn sie die Betreuung von Kindern im Haushalt – in den meisten Fällen also jüngere Geschwister – übernehmen, dann ist es die Tätigkeit „mit dem Kind lesen, spielen und reden“. Im Vergleich übernehmen weibliche Jugendliche dieser Altersgruppe bereits Wege für die Kinderbetreuung und die Versorgung und Beaufsichtigung des Kindes. Sie bringen also zum Beispiel ihre jüngeren Geschwister in den Kindergarten oder passen nachmittags oder abends auf sie auf. Weibliche Jugendliche unterstützen auch andere Haushalte weitaus zeitintensiver als männliche Jugendliche. Die meiste Zeit verbringen sie allerdings wiederum mit typisch häuslichen Care-Tätigkeiten wie Kochen, Einkaufen, Aufräumen und Ordnen, Geschirr abwaschen, Wäsche waschen und Bügeln.

In beiden Altersgruppen gibt es außerdem viel weniger Tätigkeiten, mit denen Buben insgesamt mehr Zeit verbringen (der Gender Care Gap also negativ ist) als Mädchen. Außerdem sind die Gender Care Gaps meistens deutlich kleiner für Buben und männliche Jugendliche: Bei keiner einzigen Tätigkeit übersteigt der Gender Care Gap für Buben (negativer Gender Care Gap = Buben machen mehr) die 100-%-Marke. Es sind also Mädchen und junge Frauen, die deutlich mehr Zeit in die unbezahlten Care-Tätigkeiten investieren, im Vergleich zu den Buben und jungen Männern.

Seniorinnen müssen herhalten: Gender Care Gap bei 40 Prozent

Im Alter wird es leider nicht besser: Frauen zwischen 60 und 74 Jahren übernehmen im Schnitt fast 5 Stunden unbezahlte Care-Arbeit pro Tag. Männer dieser Altersgruppe nur etwa 3,5 Stunden. Frauen übernehmen also etwa 40 Prozent mehr.

Der Gender Care Gap bei den unterstützenden Care-Tätigkeiten beträgt etwa ein Drittel. Hier übernehmen Frauen im Alter von 60 bis 74 Jahren 34 Prozent mehr. Innerhalb dieser unterstützenden Care-Arbeit gibt es allerdings riesige Gender Care Gaps bei den einzelnen Tätigkeiten – das bedeutet, Frauen übernehmen zeitlich gesehen immer noch deutlich mehr Minuten pro Tag verglichen zu Männern. Besonders ausgeprägt ist das etwa beim Bügeln, beim Wäsche waschen, Kochen, Aufräumen und Geschirr abwaschen. Hier wurden für die Analyse nur Personen herangezogen, die tatsächlich Sorgearbeit leisten.

Und: Wenn Kinder Kinder bekommen, dann kommt die Oma zum Handkuss. Bei der Kategorie „Care-Arbeit für einen anderen Haushalt“ liegt der Gender Care Gap bei 30 Prozent. Vor allem die Kinderbetreuung als Unterstützung für einen anderen Haushalt ist durchgehend weiblich geprägt. Das heißt: Es sind die Omas, die sich um die Enkelkinder kümmern. Auch bei der Pflege bzw. Hilfeleistung für Erwachsene in einem anderen Haushalt – zum Beispiel die Pflege der eigenen Eltern – sind es Frauen, die diese Tätigkeit überwiegend ausüben.

Genau diese Unterstützungsleistungen für einen anderen Haushalt (da die wenigsten Pensionist:innen mit ihren eigenen Eltern oder mit Enkelkindern in einem Haushalt leben) wird in der Zeitverwendungserhebungs-Publikation der Statistik Austria aber zur Kategorie „Freiwilligentätigkeiten“ gezählt, nicht zur „unbezahlten Haus- und Sorgearbeit“. Da die Pflege von den eigenen Eltern, wenn sie alt sind oder die Betreuung von Enkelkindern aber sehr wichtige Care-Tätigkeiten sind und in den meisten Fällen unbezahlt bleiben, müssen sie hier auf jeden Fall eingerechnet werden. Denn unbezahlte Arbeit darf nicht weiter versteckt werden – unsichtbar ist sie ohnehin viel zu oft.

Die Analyse der Kinder und Jugendlichen zeigt uns, wollen wir die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern tatsächlich aufbrechen, ist es zentral auch bei den Rollenbildern anzusetzen, damit schon Kinder sehen, es ist nicht selbstverständlich, dass sich die Mama um ‘alles’ kümmert, das mit Kindern oder Haushalt zu tun hat und der Papa macht hauptsächlich Handwerkliches.

Das Momentum Institut empfiehlt: 

  • verpflichtende Väterkarenz: Gehen Väter in Karenz, leisten sie auch später nach der Rückkehr ins Berufsleben mehr unbezahlte Arbeit und verbringen mehr Zeit mit ihren Kindern
  • Ausbau der qualitätsvollen Pflege, von der mobilen Unterstützung bis hin zu Pflegeeinrichtungen, damit auch die Pflege von Angehörigen nicht nur unbezahlt auf den Schultern von Frauen lastet
  • Flächendeckendes, kostenloses Kinderbetreuungsangebot mit langen Öffnungszeiten, die mit Vollzeitarbeit vereinbar sind: das fördert einerseits den Wiedereinstieg von Frauen ins Erwerbsleben nach der Karenz und gleichzeitig kann gute pädagogische Arbeit dazu beitragen, dass Rollenbilder bereits im Kindesalter aufgebrochen werden und in einem nicht-familiären Rahmen vorgelebt werden
  • Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag eines Kindes
  • Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich: Verkürzen wir generell die Arbeitszeit, bleibt Männern mehr Zeit für unbezahlte Arbeit. Das ermöglicht es Frauen, mehr Stunden bezahlt zu arbeiten. Das wiederum fördert die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen und verringert das spätere Risiko in Altersarmut zu landen.

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