CO2

Ampel-Koalition schaltet auf freie Fahrt: Schnellanalyse des Momentum Instituts

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Deutschlands Ampel-Koalition zwischen SPD, Grünen und FDP steht, der Koalitionsvertrag wurde heute Nachmittag präsentiert. Das sozialliberale Momentum Institut hat die Pläne der Koalition analysiert: Positiv hervorzuheben ist der Anstieg des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde. Im Klima-Kapitel will die Koalition zwar den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen, versäumt es jedoch, den Ausstoß von CO2 angemessen zu bepreisen.

Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde auch für Österreich sinnvoll

Die Ampel-Koalition will den Mindestlohn von derzeit 9,60 Euro pro Stunde im kommenden Jahr auf 12 Euro (1.782 Euro pro Monat) anheben. „Ein Mindestlohn in dieser Höhe würde auch in Österreich einiges bewirken. Vor allem in frauendominierten Sektoren sind manche Einstiegsgehälter deutlich unter dem künftigen deutschen Mindestlohn“, sagt Oliver Picek, Chefökonom am Momentum Institut. Ein Mindestlohn von 12 Euro brutto pro Stunde würde etwa das kollektivvertragliche Brutto-Einstiegsgehalt einer angelernten Frisörin in Österreich um 261 Euro pro Monat anheben, der Lohn einer Servicekraft mit Lehrabschluss um 208 Euro pro Monat steigen.

Klima: CO2-Preis zu niedrig, Kohleausstieg 2030

Höhere CO2-Preise hat die Ampel nicht vorgesehen. Der CO2-Preis liegt in Deutschland seit diesem Jahr bei 25 Euro pro Tonne, bis 2025 soll er stufenweise auf 55 Euro wachsen, wie die Vorgänger-Koalition beschloss.

Mit der Steuerreform wurde für Österreichs ein CO2-Preis beschlossen, der sich an den deutschen Preisen orientiert. „Um eine tatsächliche Lenkungswirkung zu erzielen, ist ein Einstiegspreis von mindestens 50–60 Euro pro Tonne notwendig, der in den kommenden Jahren deutlich anwachsen muss. Sowohl Deutschland als auch Österreich versäumen es somit, klimaschädliches Verhalten angemessen zu bepreisen“, so Joel Tölgyes, Klima-Experte am Momentum Institut. Damit erhöht sich der Erfolgsdruck für andere klimapolitische Maßnahmen, wie Ordnungspolitik oder öffentliche Klimainvestitionen. Neue Studien aus Deutschland zeigen, dass zum Erreichen der Klimaziele jährlich Bundesmittel von rund 30 Milliarden Euro notwendig wären.

Der Ausstieg aus der Kohleenergie soll in Deutschland „idealerweise“ bereits 2030 erfolgen, anstatt wie ursprünglich geplant 2038. Zumindest für gewerbliche Neubauten will die Ampel-Koalition eine Solardachpflicht einführen. Auch Österreich setzt im Rahmen des Energie-Ausbau-Gesetzes auf Photovoltaik-Anlagen auf Dächern, jedoch ohne entsprechende Verpflichtungen.

Zusätzliches Risiko für Pensionen durch Aktienmarkt

Nach schwedischem Vorbild soll ein staatlicher finanzmarktabhängiger Pensionsfonds eingeführt werden, der das Umlagesystem ergänzen soll. Zunächst soll ein Pensionsvermögen von 10 Milliarden Euro für die weltweite Anlage am Kapitalmarkt zur Verfügung stehen. Das sind 0,3% der deutschen Wirtschaftsleistung oder 240 Euro pro PensionistIn. Eine Anlage von öffentlichen Pensionsbeiträgen auf globalen Kapitalmärkten setzt die deutsche Pensionsvorsorge damit höheren Risiken als bisher aus, weil dadurch Wechselkursschwankungen unmittelbaren Einfluss auf das Rentenniveau haben können. Geprüft werden soll außerdem die gesetzliche Anerkennung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen, was ebenfalls höhere Risiken für die individuelle Altersversorgung mit sich bringen dürfte. „Höhere Gewinne gibt es immer nur mit höherem Risiko. Doch höheres Risiko bedeutet auch, dass aus dem Gewinn schnell ein Verlust werden kann“, analysiert Alexander Huber, Pensionsexperte des Momentum Instituts.

Für Österreich macht so ein Fonds wenig Sinn, denn er kommt für den demographischen Wandel zu spät. Der vollzieht sich in Österreich bis 2030, während solch ein Fonds erst Jahrzehnte später seine maximale Auszahlung abwerfen würde - sofern diese sich überhaupt einstellen. Denn die historische Rendite ist kein Naturgesetz für die Zukunft. Wenn das Risiko in Form einer negativen Rendite zuschlägt, könnte solch ein Fonds sogar eine zusätzliche finanzielle Belastung für das Pensionssystem bedeuten.

Der Zusammenhang zwischen Flugverkehr, Corona und dem Klima

Klimawandel und Corona

Um der Klimakrise entgegenzuwirken, müssen wir weniger CO2 emittieren - also unter anderem weniger ins Flugzeug steigen. Eine drastische Reduktion des österreichischen Flugverkehrs wurde im Jahr 2020 durch die Covid-19 Pandemie erreicht. Auch, wenn die massiven Einbrüche in Passagier- und Flugzahlen in erster Linie unfreiwillig waren, zeigen sie, wie groß das Treibhausgaspotential des (österreichischen) Flugsektor ist, und wie viel CO2 gespart werden könnte, wenn wir unser Reiseverhalten auch abseits der Pandemie verändern.

Wie stark wurde der Flugsektor von Corona getroffen?

Im Jahr 2020 ging das Passagieraufkommen in Österreich im Vergleich zum Vorjahr um rund 74% zurück (36 Mio. vs. 9,3 Mio. Passagiere), die Anzahl der gelandeten und gestarteten Flüge reduzierte sich österreichweit um 64% (320 Tsd. vs. 114 Tsd.). Besonders das zweite Quartal 2020 erfuhr starke Einbußen.

Weniger stark betroffen als die anderen österreichischen Flughäfen waren Salzburg und Innsbruck mit jeweils 61% und 57% Passagierrückgang. Die zwei westösterreichischen Flughäfen verzeichnen laut Daten der Statistik Austria vor allem hohe Passagierzahlen in den Wintermonaten, also dem 1. Quartal, was auf den Wintertourismus rückzuführen sein könnte. Da das 1. Quartal 2020 am wenigsten von der Corona-Krise gezeichnet war, sind auch die allgemeinen Einbußen geringer. Die Emissionen an Flughäfen in Westösterreich scheinen also deutlich vom Wintertourismus beeinflusst.

In absoluten Zahlen verzeichnete der Flughafen Wien bei weitem die massivsten Einbrüche, da er fast 90% aller österreichischen an- und abreisenden Flugpassagiere abwickelt. Bei einer genauen Betrachtung der Veränderungen des Flugverkehrs ab Wien in der obigen Grafik zeigt sich: Die Einbußen erreichten Höchstwerte von bis zu -100% im 2. Quartal 2020, und Passagierzahlen/Flugbewegungen gingen viel stärker zurück als der Frachtverkehr. Fracht konnte also auch während der Krise mit geringeren Einschränkungen transportiert werden.

Besseres Klima durch Corona?

Aus klima- und umweltpolitischer Sicht bedeuten diese ungewöhnlichen Entwicklungen im Passagieraufkommen nun vor allem eines - es konnten massive Mengen an CO2 eingespart werden, die ohne Pandemie nun in der Atmosphäre wären und ihren Beitrag zur Klimaerwärmung leisten würden:

Auf Basis der am häufigsten beflogenen Destinationen von Wien nach Westeuropa, Osteuropa, in den Nahen & Mittleren Osten, sowie auf Langstrecken wurden im Jahr 2019, gewichtet nach Passagierzahlen und Streckenlängen, 4,53 Mio. Tonnen CO2 emittiert. Bei gleichbleibendem Trend für 2020 ergibt das unter Berücksichtigung der Passagierreduktionen ab Wien eine Einsparung von 3,41 Mio. Tonnen CO2.

 

In anderen Worten bedeutet das:

  • 2020 konnte durch die geringe Anzahl an Passagierreisen ab Wien so viel CO2 eingespart werden, wie 370.835 Österreicher*innen summiert pro Kopf in einem Jahr emittieren (Pro-Kopf-Emissionen in Ö. 2019: 9,2 t). Das entspricht sogar mehr, als der Gesamtbevölkerung der Stadt Graz pro Jahr.
  • Wären die von Österreich ausgehenden Emissionen aus dem internationalen Flugverkehr Teil der österr. Verkehrsemissionen, wäre der Flugverkehr 2019 für 16% der Verkehrsemissionen verantwortlich gewesen. Die Einsparungen im Jahr 2020 hätten demnach etwa 12% der Verkehrsemissionen gebracht.

Was bedeutet das nun für Österreich?

Eine so drastische Flugreduktion wie in der Corona-Krise wird nach Bewältigung der Corona-Krise wohl kaum zur Normalität werden, zumindest nicht ohne weitere ökonomische Maßnahmen. Die Analyse verdeutlicht jedoch, wie stark das Treibhauspotential im österreichischen Flugsektor ist, und wie viel CO2 eingespart werden kann, wenn weniger Menschen ins Flugzeug steigen. Um CO2-Einsparungen nicht nur durch eine Pandemie zu schaffen, brauchen wir auch nach der Krise Maßnahmen, um Flugbewegungen drastisch zu reduzieren: Weniger unnötige Kurzstreckenflüge, Bepreisung von Treibhausgasen und eindeutige Zuordenbarkeit/Zuweisung von Verantwortung von Emissionen an die jeweils emittierenden Länder. So können Anreize geschaffen werden, Lösungen für einen klimagerechteren Luftverkehr zu finden.