Stau als Symbolbild für CO2-Steuer
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  Joel Tölgyes
/ 3. Oktober 2022

Nach langem Hin und Her startet die CO2-Steuer nun tatsächlich mit 1. Oktober. Prompt werden im Boulevard die Mehrkosten skandalisiert. Die Kritik wirkt vor dem Hintergrund der ohnehin enormen Energiepreise zunächst verständlich. Allerdings macht man es sich mit einem plumpen „jetzt wird alles noch teurer“ zu leicht. Denn teuer wird es vor allem dann, wenn wir weiterhin dabei zusehen, wie unser Planet samt Klima vor die Hunde geht. Unwetter- und Dürreschäden sind da nur ein paar Posten in einer langen Liste an Kosten, die auf uns zukommen, wenn wir weitermachen wie bisher.

An einigen Schrauben der CO2-Steuer sollten wir dennoch drehen. In ihrer derzeitigen Form schert sie alle über einen Kamm – ungeachtet mangelnder Alternativen. So können sich beispielsweise Mieter:innen ihr Heizsystem nicht aussuchen, obwohl sie die volle Steuer zahlen. Der Heizungstausch obliegt den Vermieter:innen. Ähnlich bei der Mobilität: Solange öffentliche Verkehrsmittel fehlen, können viele Menschen ihr Auto nicht einfach stehen lassen.

Gleichzeitig nimmt die Steuer exzessive Energieverschwendung zu wenig in die Mangel. Im letzten Jahr war jedes dritte neuzugelassene Auto in Wien ein Geländewagen. Daran wird die CO2-Steuer in ihrer jetzigen Form und Höhe wohl kaum etwas ändern. Wer sich in Wien bisher den übermäßigen Verbrauch eines Geländewagens leisten konnte, der dürfte auch mit den zusätzlichen neun Cent pro Liter Diesel kein großes Problem haben. Ähnliches gilt fürs Heizen. Wer es sich bisher leisten konnte, im Winter die Einfahrt zu heizen, der wird damit nicht aufhören, weil er nun nicht einmal einen Cent pro Kilowattstunde Gas mehr bezahlt.

CO2-Steuer klimasozial gestalten

Statt populistisch die Abschaffung der – im Vergleich zu den derzeitigen Energiepreisanstiegen geringen – CO2-Steuer zu fordern, sollten wir sie klimasozial gestalten. Konkret bedeutet das zunächst, dass die Preissignale auch an der richtigen Stelle ankommen müssen. Beim Heizen gelingt das, indem ähnlich wie in Deutschland die Kosten der CO2-Steuer zwischen Mieter:innen und Vermieter:innen geteilt werden. Letztere hätten somit einen finanziellen Anreiz, Wohnungen besser zu dämmen und Heizungen zu tauschen. Gleichzeitig werden Mieter:innen entastet. Eine Alternative bieten Mietabschläge bei Richtwert- und Kategoriemieten, in denen mit Gas, Öl oder Kohle geheizt wird. Während wir Grundbedürfnisse wie Heizen für alle leistbar halten müssen, sollten wir Energieverschwendung bremsen: Beides möglich wäre mit einer progressiven Ausgestaltung der CO2-Steuer, indem – ähnlich der Strompreisbremse – ein Grundbedarf an Heizenergie gar nicht oder nur sehr gering besteuert wird, während exzessiver Verbrauch deutlich teurer wird.

Gleichzeitig müssen wir jene Alternativen, die für einen klimafreundlichen Umstieg notwendig sind, schleunigst ausbauen. Allen voran in ländlichen Gebieten braucht es endlich eine gute Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz, damit auch dort klimafreundliche und leistbare Alternativen zur Verfügung stehen. Dass es sie noch immer nicht gibt, ist im Gegensatz zur Einführung der CO2-Steuer übrigens tatsächlich ein Skandal.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar in der Wiener Zeitung.

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