Kinder die Hausübungen machen
/ 7. September 2020

Die Ampellösung also. Geht es nach Bildungsminister Faßmann wird dieser Schulstart in der CoV-Krise „als normaler Regelbetrieb“ über die Bühne gehen. „Schichtbetrieb“ und geteilte Klassen wie vor den Ferien sollen mit der Corona-Ampel verhindert werden. Eine Portion Skepsis erscheint hier angebracht, schließlich sind die Details noch alles andere als klar. Der wesentlichste Punkt steht allerdings schon fest: Springt die Ampel auf Rot, würde sofort wieder auf Heimunterricht umgestellt. Schulschließungen im betroffenen Bezirk wären die Folge, das damit einhergehende Chaos für die Eltern ebenfalls.

Schulen und Kindergärten haben sich während des Lockdowns als systemrelevante Infrastruktur erwiesen. Es ist wie bei einem Domino. Fällt die Schule aus, fallen nicht nur die Kinder um den Unterricht um, sondern vor allem auch die Frauen aus dem Arbeitsmarkt. Zumeist sind nämlich sie es, die für die Kinderbetreuung zuhause bleiben und ihre Arbeitszeit reduzieren. Laut einer SORA-Umfrage verringerten berufstätige Mütter mit Kindern unter 14 Jahren durch die Schulschließungen ihre Wochenarbeitszeit im Schnitt um 9,6 Stunden. Wie meine KollegInnen vom Momentum Institut ausgerechnet haben, sinkt ihr Einkommen bis Ende des Jahres damit im Schnitt um 4.400 Euro pro Frau. Weil dadurch auch die Pension geschmälert wird, sackt das gesamte Lebenseinkommen um durchschnittlich 5.100 Euro ab. Für 253.000 erwerbstätige Mütter mit Kindern unter 14 Jahren summieren sich die Einbußen auf stattliche 1,3 Milliarden Euro.

Die bereits bisher bestehende Kluft beim Einkommen zwischen Männern und Frauen vertieft sich damit weiter. Traditionelle Rollenbilder feiern durch Corona ein Comeback, die Gleichstellung von Frauen erfährt einen herben Rückschlag. Das verdeutlichen auch andere Zahlen. Österreichweit gibt es 390.000 Paare und 41.000 Alleinerzieherinnen mit betreuungspflichtigen Kindern. Die derzeit bestehende Möglichkeit zu Sonderurlaub, wenn Corona-bedingt die Schule ausfällt, nahmen knapp 5.000 Menschen in Anspruch. 72 Prozent(!) von ihnen waren Frauen. Das zeigt noch etwas: Die wenigsten greifen auf das existierende Modell zurück. Offensichtlich deshalb nicht, weil die Sonderbetreuungszeit die Zustimmung des Dienstgebers erfordert. In der schlimmsten Rezession seit den 1930er Jahren überlegt man es sich aus Angst um den eigenen Job halt zweimal, auch noch derartige „Extravaganzen“ einzufordern.

Die nun von Arbeitsministerin Aschbacher ins Spiel gebrachte Flexibilisierung der Ruhebestimmungen beim Homeoffice ist blanker Zynismus. Anstatt die Kinderbetreuung rechtlich adäquat zu regeln, soll sie also vermehrt zu Randzeiten stattfinden. Genau darunter litten Eltern bereits während des Lockdowns. Laut der SORA-Umfrage werkte jeder fünfte befragte Elternteil am frühen Morgen, am Abend oder am Wochenende, manche auch nachts. Frauen, die nicht im Homeoffice, sondern in der Fabrik arbeiten, bringt auch das nichts.

Um die finanziellen Einbußen für berufstätige Mütter zu begrenzen und ihre Berufschancen zu wahren, brauchen wir daher einen Rechtsanspruch auf bezahlte Sonderbetreuungszeit. Den ArbeitgeberInnen sollte dafür 90 Prozent des Lohns von der öffentlichen Hand ersetzt werden. Die Schweiz könnte hier als Vorbild dienen, wo ein ähnliches Modell bereits realisiert wurde. Eines darf nämlich nicht noch einmal passieren: Berufstätige Eltern wie während des Lockdowns im Frühjahr mit ihren Kindern einfach im Stich zu lassen. Der Preis dafür wäre für alle zu hoch.

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