Bleistift und Papier
/ 15. April 2021

Österreich hat seinen Wiederaufbauplan bei der Europäischen Kommission eingereicht. Nur 4 Prozent des Investitionsvolumens sind wirklich neu. Der Rest ist zur einen Hälfte bereits umgesetzt oder in Umsetzung und zur anderen Hälfte schon im Regierungsprogramm verankert. Eine später Arbeitsbeginn und der daraus entstehende Zeitdruck dürften die Kreativität abgetötet haben. Als Konsequenz wird weniger Geld als möglich für neue, zusätzliche, die Wirtschaft belebende Projekte eingesetzt. Das erhöht den Erwartungsdruck auf den Rest des „Comeback-Plans“ noch mehr. Denn ein zweites Konjunkturpaket, das diesen Namen verdient, fehlt bisher schmerzlich, um Österreichs Wirtschaft tatsächlich zu einem Comeback zu verhelfen.

Kaum neue Ideen im österreichischen Wiederaufbauplan

Nur 5 der geplanten Investitionsprojekte sind tatsächlich gänzlich neue Ideen. Knapp die Hälfte (16 Projekte) sind bereits umgesetzt bzw. beschlossen und werden jetzt nur im Plan angerechnet. Weitere 12 Projekte sind noch nicht umgesetzte/beschlossene Ideen, die aber im Regierungsprogramm stehen. Betrachtet man das viel relevantere gesamte Investitionsvolumen der oben genannten Projekte, so stammen lediglich 4 % aus neuen Projekten. Die verbleibenden 96 % dienen als Mittelausstattung oder Aufstockung von bereits in Umsetzung befindlichen Ausgaben (51 % - zum Teil coronabedingt), oder aber nur Ausgaben, mit denen Projekte aus dem Regierungsprogramm umgesetzt werden sollen (45 %).

Der Großteil der Gelder geht in Infrastrukturinvestitionen

Eine Zuordnung der Gelder ist oftmals schwierig, wenn es um Investitionen geht. Die Zahlung erhält zwar meist konkret eine Gruppe, aber der Nutzen kommt unter Umständen mehreren gesellschaftlichen Gruppen zugute. Soweit als möglich lassen sich die Gelder des Wiederaufbauplans auf die Gruppen „Unternehmen“, „ArbeitnehmerInnen & Familien“ sowie „Infrastruktur“ zuordnen, die allen zugute kommt. Unternehmen erhalten ein gutes Viertel des Plans, während ArbeitnehmerInnen und Familien nur rund 17 % des Wiederaufbaufonds bekommen. Der große Rest – über die Hälfte – besteht allerdings aus Infrastrukturinvestitionen.

CO2-Effekte bleiben unklar

Der Wiederaufbauplan spricht selbstbewusst davon, dass die Durchführung der Maßnahmen eine Einsparung von 20 Millionen Tonnen CO2 bringen soll und damit die Pro-Kopf-Emissionen von 9,2 auf 6 Tonnen sinken. Wie diese Zahlen berechnet werden, bleibt allerdings unklar. Zum Vergleich: Der nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) der Bundesregierung soll bei einem gesamten Investitionsvolumen von EUR 166-173 Mrd. im Zeitraum von 2021 bis 2030 Einsparungen von 14,2 Millionen Tonnen bringen. Nimmt man die Zahlen des Wiederaufbauplans ernst, so führt das zu absurden Schlüssen: Dass die Maßnahmen des Wiederaufbauplans 115-mal effizienter seien als jene des NEKP, darf man berechtigterweise bezweifeln.

45 % der Ausgaben des Wiederaufbauplans gehen in 3 große Projekte

Ein Fünftel des gesamten Volumens soll als größte Einzelmaßnahme für den Breitbandausbau (Gigabit-fähige Netze und Anbindungen) aufgewendet werden. Obwohl diese sehr sinnvolle Maßnahme im Regierungsprogramm steht, und sogar schon in Programmen vorheriger Regierungen (z.B. Schwarz-Blau 2) stand, findet nun erstmals eine konkrete Mittelbedeckung mit knapp EUR 900 Mio. statt. Telekom-Betreiber:innen sollen 50-65 % der Projektkosten erstattet werden, vor allem auch im ländlichen Raum. Zum Teil wird dies aber bereits schon jetzt im Kommunalinvestitionsgesetz gefördert.

Hinter dem Begriff „Digitale und ökologische Investitionen in Unternehmen“ verbirgt sich die während der Corona Pandemie bereits beschlossene Investitionsprämie. Sie gibt es seit letztem Herbst und wurde in der Zwischenzeit mehrfach auf EUR 3 Mrd. aufgestockt. Immerhin das Ziel des grünen Teils der anzurechnenden Prämie klingt gut: 10.300 Elektro-Autos, 100 Ladestationen, 5.000 Photovoltaikstationen und 1.000 thermische Sanierungen sollen ermöglicht werden. Außerdem sollen Energieeffizienzinvestitionen von bis zu 500 Unternehmen gefördert werden. Dabei dürfte allerdings ein erheblicher Mitnahmeeffekt vorhanden sein. Anstatt wirklich neue Investitionen zu stimulieren, dürften eher die Gewinne der Unternehmen subventioniert werden. Dennoch ist die Investitionsprämie konjunkturpolitisch wohl eine der sinnvolleren Maßnahmen.

Auch ein Teil der Kosten des Koralmtunnels soll durch die Wiederaufbaumitteln des RRF zurückgeholt werden (EUR 543 Mio. bei Gesamtkosten von EUR 1.366 Mrd.). Das Projekt firmiert im Plan unter dem Titel „Errichtung neuer Bahnstrecken und Elektrifizierung von Regionalbahnen“.

Fazit

Liest man den Plan, erhärtet sich unweigerlich der Eindruck, dass die Bundesregierung wenig Kreativität gezeigt hat. Der Plan besteht hauptsächlich aus bereits umgesetztem oder im Regierungsprogramm ohnehin vereinbarten. Die konkrete Mittelzuteilung zu Projekten im Regierungsprogramm ist zwar zu begrüßen. Die Chance, zusätzliches, neues Geld zu investieren, wurde aber teilweise vergeben. Nur weil mit dem vorläufigen Ende (Unterdrücken) der schwersten Auswirkungen der Pandemie mittels Impfung und Herdenimmunität ein Aufschwung wartet, heißt das noch nicht, dass nicht nachhaltige Schäden bleiben. Arbeitslosigkeit, Einkommensverluste, Bildungsverluste, und viele weitere Auswirkungen lasten auf einer ausreichenden Wiederbelebung der Wirtschaft in Form eines kräftigen, länger andauernden Booms. Grundsätzlich hat die Bundesregierung mit ihrem „Comeback-Plan“ allerdings die Chance, das noch nachzuholen und den entsprechenden Schub für die österreichische Volkswirtschaft zu planen und umzusetzen. Der Erwartungsdruck auf diesen steigt allerdings enorm an. Denn ein zweites Konjunkturpaket, das diesen Namen verdient, fehlt bisher schmerzlich, um Österreichs Wirtschaft tatsächlich zu einem Comeback zu verhelfen.


Hier findet ihr die ganze Studie:

Den gesamten Wiederaufbauplan der österreichischen Regierung findet ihr hier zum Download.

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