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„Gierflation?“ – Wenn Gewinne die Teuerung antreiben

Oliver Picek
04. März 2023
„Gierflation?“ – Wenn Gewinne die Teuerung antreiben

Der Begriff „Gierflation“ kommt aus den USA. Er setzt sich zusammen aus „Gier“ und „Inflation“. Was ist damit gemeint? Das ist einfach erklärt: Manche Unternehmen erhöhen ihre Preise deutlich über ihre Kosten hinaus. Das bringt ihnen schöne Profite, denn damit steigt die Gewinnspanne ordentlich an. Gut für die Unternehmen und ihre meist wohlhabenden Besitzer:innen, möchte man meinen. Wäre da nicht ein Problem. Sie erhöhen damit direkt die Preise. Verursachen Inflation. Die Teuerung fällt stärker aus, als sie müsste. Das wird nicht nur zur Belastung für viele Menschen, die sich dadurch noch weniger leisten können. Es wird auch zum Problem der gesamten Wirtschaft, weil die Inflation länger und höher bleibt.

Etwas wissenschaftlicher formuliert heißt die „Gierflation“ auch Profit-Preis-Spirale. Denn wegen Preiserhöhungen durch hohe Profite einiger Branchen steigen die Kosten in den übrigen Bereichen der Wirtschaft. Deren Unternehmen erhöhen dann ebenso die Preise. Wissenschaftlich lässt sich ausrechnen, welche Branchen die Preise außer Kontrolle brachten. Geht man drei Jahre zurück, noch vor die Corona-Krise und misst die Preiserhöhungen bis heute: Dann sind die Inflationstreiber die Branchen Energie, Bau, Landwirtschaft, Handel, Verkehr, Gastronomie, Beherbergung und die Finanzbranche. Während in der gesamten Wirtschaft die Preise der heimischen Produktion um rund elf Prozent stiegen, waren es in diesen Branchen bis zu 42 Prozent.

Hausgemachte Inflation

Besonders rasant erhöhten die Unternehmen die Preise im letzten Jahr. 2022 gab es die höchste Inflation seit Jahrzehnten. Auslöser der großen Teuerung waren zwar die Energiepreise, allen voran verursacht durch den Angriff Russlands auf die Ukraine. Doch es gibt einen Teil der Teuerung, der seinen Ursprung woanders hat. In Österreich selbst. Dieser Teil ist hausgemacht, beschreibt die inländisch verursachte Inflation. Und der wurde ganz überwiegend von steigenden Profiten der Unternehmen getrieben. Die Teuerung der heimischen Produktion insgesamt machte letztes Jahr 7 Prozent aus. Davon verursachten steigende Profite ganze 5 Prozentpunkte. Ohne diese hohen Gewinnaufschläge läge die Teuerung daher deutlich niedriger.

International ist Österreich mit dem Phänomen nicht alleine. Profit-Preis-Spiralen haben Wirtschaftsforscher bereits in den USA, Kanada, Australien, und Deutschland festgestellt. Selbst die Europäische Zentralbank musste zuletzt eingestehen, dass sie fälschlicherweise die Löhne im Blick hatte, während eigentlich die Gewinne der Unternehmen die Preise nach oben trieben. Im Vergleich mit unseren europäischen Partnern steht Österreich aber sogar schlechter da. Die profitgetriebene Teuerung fällt in Österreich um rund einen Prozentpunkt höher aus als in anderen Ländern, die den Euro als Währung haben. In Österreich dreht sich also zunehmend eine Profit-Preis-Spirale.

Freifahrtschein für Unternehmen

Die Bundesregierung lässt die Unternehmen damit davonkommen. Sie schaltete etwa erst auf großen politischen Druck hin die Wettbewerbsbehörde ein, um Treibstoffpreise zu untersuchen. Die bestätigte zwar die hohen Preisaufschläge – aber da könne man trotzdem nichts machen. Die politische Unterstützung des Wirtschaftsministers für ein entschiedenes Vorgehen fehlte ebenso. Wer sich erhoffte, dass die Behörde für niedrigere Preise für Konsument:innen die Zähne fletscht, wurde enttäuscht. Er oder sie fand nur einen zahnlosen Papier-Tiger vor.

Zahm ist auch die Steuerpolitik. Selbst wenn man viele der hohen Gewinne nicht verhindern kann, könnte sie die Regierung zumindest stärker besteuern. Dann hätte sie Geld zur Verfügung, um die Folgen der Profit-Preis-Spirale für Arme und die Mittelschicht auszugleichen. Oder gar mit Preisbremsen direkt die Teuerung zu dämpfen. Doch ab diesem Jahr sinkt der Steuersatz auf die Gewinne der großen und mittleren Unternehmen. Ein steuerpolitischer Fehler ersten Ranges, der sich nun doppelt rächt. Die Teuerungsgewinner können sich freuen, sie tragen künftig weniger zur Gesellschaft bei. Aus ihrer Sicht gilt: Zahlen dürfen die anderen. Auf Kosten der Allgemeinheit geht es ihnen noch besser. Fairness in Zeiten hoher Inflation ist das keine. Die sieht anders aus.

 

Dieser Text erschien zunächst in der Momentum-Kolumne „Ausgerechnet“ bei ZackZack.

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