Vergangenen Dienstag zog Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) Bilanz zum Budget des letzten Jahres. Die von den Krisen geprägten letzten beiden Jahre schlugen sich auf der Ausgabenseite des Budgets deutlich zu Buche. Corona-Hilfen und Teuerungsmaßnahmen waren ganz schön teuer. In Krisenzeiten greift der Staat steuernd ein und federt die schlimmsten sozialen Auswirkungen ab. Richtig und wichtig – in der Theorie. Ganz praktisch kam es bei der Konstruktion der Hilfsgelder aber zu schweren handwerklichen Fehlern. Die Rechnung tragen die Steuerzahler:innen.
Die Hilfszahlungen an Haushalte waren wichtig, sonst wäre der Anstieg der Armut noch rasanter verlaufen. Bei Unternehmen sah die Sache allerdings etwas anders aus. Corona-Hilfen sind eigentlich dazu gedacht Unternehmen durch die Krise zu helfen und ihr Überleben zu sichern. Allzu genau hat man da nicht hingesehen: Die mangelhaft konzipierten Hilfen führten zu einer Vielzahl an überförderten Unternehmen. Der Staat griff ihnen mit Steuergeldern nicht in größter Not unter die Arme, er finanzierte ihre Gewinne mit. Mindestens eine halbe Milliarde an Steuergeld floss als Corona-Hilfe in die Gewinne der Unternehmen. Die Milliarden, die an überförderte Unternehmen geflossen sind, hätte man stattdessen für jene Menschen ausgeben können, die besonders hart von der Teuerung getroffen sind. Die, die jetzt das Doppelte oder Dreifache für die Gasrechnung hinlegen oder denen in nur einem Jahr dreimal die Miete erhöht wurde. Die Einmalzahlungen halfen all diesen Menschen nur einmal. Die Entlastung ist heuer längst verpufft.
Wer jeden Euro dreimal umdreht, braucht nachhaltige und dauerhafte Sicherheiten. Ein Instrument dafür sind armutsfeste Sozialleistungen. Seit Jahresbeginn werden nun viele Leistungen, wie etwa die Familienbeihilfe, jährlich an die hohen Preise angepasst. Den Wertverlust der letzten Jahre hat die Regierung aber nicht wettgemacht. Arbeitslosengeld und Notstandshilfe werden gar nicht erst angepasst. Ein Blick auf die Armutsgefährdungsschwelle macht einem bewusst, was das für arbeitslose Menschen bedeutet. Im Durchschnitt fehlen ihnen monatlich 300 Euro, um nur über die Armutsgrenze zu kommen. Klug gesetzte Preisbremsen könnten hier helfen und die Teuerung für alle dämpfen. Die Strompreisbremse ist ein guter Start, Preise bremsen sollten wir aber auch beim Gas und bei den Mieten. Auch die langfristige Perspektive blieb im Budget außen vor: Die Bereiche Pflege, Kinderbetreuung und Bildung müssen dringend ausgebaut werden.
Mehr als zwei Jahre Pandemie haben das Pflegepersonal in die Knie gezwungen. Viele denken über einen Jobwechsel nach, gleichzeitig wollen viel zu wenige in die Branche hinein. Bis 2030 fehlen uns in der Pflege rund 90.000 Personen. Aber nicht nur dort fehlt uns das Personal. Seit mehr als einem Jahrzehnt verfehlt Österreich die EU-Ziele für Kleinkinderbetreuung. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz: Ohne ausreichend Betreuung können Frauen, die immer noch den Löwenanteil der unbezahlten Arbeit schultern, nicht voll arbeiten. Für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind Betreuungsplätze ein zentraler Schlüssel. Stichwort Lehrkräftemangel: Uns fehlen Lehrer:innen im Land. Häufig unterrichten Lehrkräfte in Mittelschulen Fächer, für die sie gar nicht ausgebildet sind. Wenn ein Deutschlehrer auf einmal Physik unterrichten soll, braucht man sich eigentlich gar nicht fragen, ob wir mehr Budget im Bildungssektor brauchen. Die Teuerung zwingt Familien bei Bildungsausgaben zu sparen, so wird die Nachhilfe gestrichen, die gerade nach der Corona-Zeit und Distance Learning für viele so wichtig wäre, um wieder aufzuholen. Während uns also für den notwendigen Ausbau staatlicher Leistungen das Geld hinten und vorne fehlt, freuen sich Unternehmen über Milliardensubventionen und riesige Steuergeschenke.
Dabei haben die wenig zu klagen: Die deutlichste Steigerung bei den Steuereinnahmen sehen wir mit rund 39 Prozent bei der Körperschaftsteuer, also der Steuer auf Unternehmensgewinne. Unternehmen verbuchten in den letzten Jahren also saftige Gewinne. Trotzdem senkt die Regierung nun die Körperschaftsteuer. Die Senkung reißt uns im Endausbau ein jährliches Loch von über 800 Millionen Euro in die Staatskasse.
Auch der Energiekostenzuschuss 2 wird teuer für uns: Sieben Milliarden Euro macht die Regierung für Unternehmen 2022 und 2023 locker. Ein gravierender Konstruktionsfehler zeichnet sich bereits ab: Verluste nachweisen müssen kleine und mittlere Unternehmen nämlich nicht. Darüber hinaus wird beim Zuschuss nicht kontrolliert, ob Unternehmen das Geld für höhere Energiekosten doppelt kassieren. Also einmal durch Preiserhöhungen für ihre Kunden, ein zweites Mal als Hilfszahlung vom Staat. Schon bei der ersten Auszahlungsrunde des Energiekostenzuschusses haben heimische Unternehmen nicht nur ihre gestiegenen Energiekosten an Konsumentinnen weitergegeben, sondern gleichzeitig auch ihre Preismargen erhöht. Ein Teil der Inflation ist somit hausgemacht.
Es macht den Anschein, als würde die Regierung aus den Fehlern der Corona-Hilfen nichts lernen. Selbstverständlich muss man Unternehmen in Krisenzeiten begleiten. Wer aber mit Steuergeldern unterstützt wird, gehört streng kontrolliert. Stellt sich heraus, dass ein Unternehmen die Hilfen gar nicht gebraucht hat, dann braucht es eine Rückzahlungspflicht. Bezahlt werden die Hilfen schließlich aus dem Portemonnaie von uns allen, den Steuerzahler:innen und Konsument:innen im Land.
Dieser Text erschien zunächst als Kommentar bei „ZackZack“.