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Mietpreise: Wer mietet, zahlt schon lange drauf

Barbara Blaha
28. März 2022
Mietpreise: Wer mietet, zahlt schon lange drauf

Es gibt Kostensteigerungen, die kommen scheinbar überfallsartig: wie die Erhöhung der Gas- und Strompreise. Hier hat eine politische Debatte begonnen, erste Maßnahmen wurden getroffen. Anders schaut es bei einem mindestens ebenso lebenswichtigen Bereich aus: dem Wohnen. Zahlen des Momentum Instituts zeigen, dass die privaten Hauptmieten im Durchschnitt seit 2010 um ganze 50 Prozent gestiegen sind. Zum Vergleich: der allgemeine Verbraucherpreis-Index stieg um nicht einmal 20 Prozent.

Die Preissteigerungen treffen nicht alle gleich: Neue Mietverträge sind noch teurer geworden, gerade ärmere Haushalte, die einen höheren Teil des Einkommens für Grundbedürfnisse wie Wohnen, Heizen und Lebensmittel ausgeben, spüren das schmerzhaft. Sie sind von der Teuerung besonders betroffen: ihre Inflation liegt um mehrere Prozentpunkte höher. Dafür sind sie stärker von Arbeitslosigkeit betroffen, und in höherem Maße auf Sozialleistungen angewiesen, die nicht oder zu wenig an steigende Preise angepasst werden.

Im April steigen die Richtwertmieten, die nicht nur im Altbau gelten. Das betrifft fast eine Million Menschen. Im Jahr 2021 wurde die Anpassung pandemiebedingt ausgesetzt. Mit 5,85 Prozent ist die Erhöhung heuer daher umso heftiger. In Zeiten hoher Inflationsraten sind Mieterhöhungen aber besonders riskant: sie können eine Preis-Spirale in Gang setzen. Denn wenn wir Inflation messen, spielen auch die Mietkosten eine Rolle. Mehr als ein Zwanzigstel des Gesamt-Warenkorbs besteht aus Mieten. Eine Mietpreiserhöhung wirkt sich auf die gesamte Inflationsrate aus. Das bedeutet, die Erhöhung von heuer treibt das allgemeine Preisniveau nach oben – das wiederum die Grundlage für die nächste Indexierung im Jahr 2023 ist. Die Mieterhöhung jetzt sorgt damit wieder für die nächste.
Dabei ist die Mieterhöhung nur deshalb so hoch, weil die allgemeine Inflation durch die Energiepreise nach oben getrieben wird. Wir entschädigen also Vermieter:innen (die in den letzten Jahren von hohen Wertsteigerungen profitieren konnten) für die hohen Energiepreise – obwohl sie davon kaum betroffen sind. Mieter:innen hingegen zahlen doppelt: für die teurere Energie und die davon angestachelte Mieterhöhung.

Umso wichtiger ist die nun kommende Änderung bei den Maklerprovisionen. Mit dem „Bestellerprinzip“ werden zukünftig die Vermieter die Maklerprovision selbst tragen müssen, wenn sie einen beauftragen. Dabei geht es um gar nicht wenig Geld – vor allem für Junge und Familien, die häufiger umziehen. Die meist ausgereizte Höchstsumme von zwei Mieten plus Mehrwertsteuer läppert sich: Haushalte berappen, auf die durchschnittliche Mietdauer gerechnet, jedes Monat bis zu 42 Euro an Maklerprovision. Auch wenn manche befürchten, dass die Makler-Kosten erst recht auf die Mieter überwälzt werden: in der Altbau-Miete mit ihren Höchstsätzen ist das schon rechtlich nicht möglich. Auch Erfahrungen aus Deutschland zeigen, dass das Bestellerprinzip funktioniert. Dringend nötig ist aber eine grundlegende Reform des Mietrechts: Mit der Prämisse, dass das Grundbedürfnis Wohnen in einer sozialen Marktwirtschaft höher bewertet werden sollte als die Realisierung überzogener Renditen.

 

Dieser Text erschien zunächst als Gastkommentar im Kurier.

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