Strommasten als Symbolbild für Preisdeckel, um den Strompreis zu senken
/ 18. Juli 2022

Die Teuerung klettert hierzulande mit 7,7 Prozent im Mai stetig nach oben. Ein Blick über die Landesgrenzen zeigt: Auch im restlichen Europa ist die Inflation hoch. Aber einigen Ländern gelingt es wesentlich besser, die Teuerung abzubremsen. In Frankreich liegt sie mit 5,8 Prozent ein Stück weit niedriger, im Nachbarland Schweiz deutlich: nur 3,4 Prozent.

Schaut man genauer hin, erkennt man: Jene Länder, die die Teuerung am besten abbremsen, greifen auch in den Energiemarkt ein. Frankreich hat seinen Quasi-Strommonopolisten „Electricité de France“ angewiesen, die Preise am Oktober-Niveau zu fixieren. Die Preiserhöhungen für Haushaltskunden bei Strom und Gas sind somit begrenzt. Zusammen mit Steuersenkungen auf den Endverbrauch senkte das die Inflationsrate um 1,5 bis zwei Prozentpunkte, sagen französischer Wirtschaftsforscher:innen. Auch für Österreich gäbe es zumindest drei Möglichkeiten, die Stromrechnung drastisch zu senken und die Inflation zu bremsen.

Ein großer Teil der Inflation ist importiert. Aber der Preisanstieg beim Strom – der ist zu einem großen Teil hausgemacht. Die Ursache dafür liegt in der Preissetzung am Strommarkt, dem Merit-Order-Prinzip: Das letzte, teuerste, Kraftwerk am Markt, das zur Deckung des Gesamtbedarfs benötigt wird, bestimmt den Strompreis für alle. Es ist meist ein aktuell sehr teures Gaskraftwerk. Auf das Merit-Order-Prinzip haben sich Österreich mit den anderen EU-Ländern politisch verständigt. Genauso lässt es sich aber wieder ändern.

Variante 1: Den tatsächlichen Strommix verrechnen wie die Schweiz

Abschauen könnte man sich dabei etwas von der Schweiz: Schweizer Haushalten wird nämlich der tatsächliche Strommix verrechnet. Erneuerbare Energie, die in der Schweiz extrem gut ausgebaut ist, verbilligt die Stromrechnung deutlich – selbst, wenn es noch Gaskraftwerke braucht. Das Ergebnis: Der Strompreis ist niedriger und nicht an die Schwankungen am internationalen Gasmarkt gekoppelt. Würde auch in Österreich der tatsächliche Strommix verrechnet, könnte die nächste Stromrechnung im Idealfall um bis zu 60 Prozent niedriger ausfallen.

Variante 2: Den Gaspreis deckeln wie Spanien oder Portugal

Den Preisen einen Deckel aufsetzen könnte man auch direkt beim Gas: Spanien und Portugal deckeln den Preis für jenes Gas, das für die Stromproduktion verwendet wird. Auch für Österreich würde ein solcher Preisdeckel die Strompreise deutlich reduzieren. Wird der Gaspreis für Kraftwerke auf 100 Euro pro Megawattstunde Gas gesetzt, reduziert sich der Strompreis um rund 40 Prozent. Niedrigerer Deckel, größerer Effekt.

Allerdings: Das österreichische Stromnetz hängt wesentlich dichter am europäischen als jenes der Iberischen Halbinsel. Prescht Österreich wie Spanien im Alleingang vor, würde der Export des billigen Stroms nach oben schießen. Und die heimische Stromproduktion mittels teuren Gaskraftwerken hochgefahren, um den Bedarf zu decken – klimapolitisch problematisch. Umsetzen könnte man die spanische Variante sofort auf europäischer Ebene. Macht Europa aber nicht mit, müsste sich Österreich eine eigene Lösung ausdenken. Für alle grenzüberschreitenden Stromflüsse sollte der höhere europäische Preis gelten, innerhalb der Landesgrenzen aber der gedeckelte nationale Preis. Für die Details eines solchen Systems ist noch Hirnschmalz nötig. Unmöglich ist es aber keineswegs, sofern die Politik willens ist.

Variante 3: Deckel für den Grundbedarf

Wem die Schweiz oder Spanien zu weit weg ist, der kann auch nur über Österreich nachdenken. Den Haushalts-Grundbedarf an Strom könnte man dafür mit einem Fixpreis deckeln – Verbrauch, der darüber hinausgeht, weiterhin mit dem Marktpreis verrechnen. Der Betrieb alltäglicher Geräte, wie Kühlschrank oder Waschmaschine bleibt leistbar. Wer weit mehr verbraucht, weil er etwa seinen Pool heizt, zahlt auch deutlich mehr. Der Anreiz zum Energiesparen bliebe dadurch erhalten.

Alle drei Varianten können die Stromkosten deutlich reduzieren. Das ist wichtig, denn während Stromkonzerne, die erneuerbar produzieren, aufgrund des Merit-Order-Prinzips momentan enorme Übergewinne einfahren, schultert die Allgemeinheit die Kosten dafür. Nicht nur die Energierechnungen steigen. Als wichtiger Produktionsfaktor steckt Strom in so gut wie jedem Produkt, auch das restliche Leben wird teurer. Strom treibt die Inflation also direkt und indirekt. Eine Lösung muss her.

 

Dieser Text erschien zunächst in der Momentum-Kolumne "Ausgerechnet" bei ZackZack.

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