Rechnung als Symbolbild für anhaltende Teuerung
/ 18. Juni 2022

Die Bundesregierung hat vergangen Dienstag das vierte und bislang größte Paket zur Abfederung der Teuerung im heurigen Jahr präsentiert. Allein für 2022 umfasst es 4,8 Mrd. Euro, das sind mehr als 5% der Einnahmen des Staates in diesem Jahr. Zumindest die Größe des Pakets stimmt. Die Nationalbank prognostiziert für das laufende Jahr eine Inflation von 7%, der höchste Wert seit über 50 Jahren. Zwar spüren die Inflation alle Bevölkerungsschichten, jene am unteren Ende der Einkommensverteilung jedoch ganz besonders stark. Sie mussten schon vor der Teuerung jeden Euro zweimal umdrehen. Nun müssen sie sich noch mehr einschränken.

Einmal ist nicht für immer

Die Bundesregierung ist nun aufgewacht und hat reagiert. Im Schnitt gleicht sie den Menschen mit wenig Einkommen die Teuerung aus. Doch wie in den Teuerungspaketen zuvor verteilt sie nur Einmalzahlungen. Sie gibt den Menschen den kleinen Feuerlöscher in die Hand, um das Feuer um sich herum zu löschen. 500 Euro kriegen alle im Oktober, dazu kommen weitere, kleinere Hilfen. Der Teuerungsbrand aber lodert vor sich hin. Die Preise bleiben hoch und steigen weiter. Spätestens nächstes Jahr ist das Löschmittel Einmalzahlung aufgebraucht. Das Feuer bricht dann wieder aus.

Nur mit Einmalzahlungen entlastet die Regierung nicht nachhaltig. Die Sozialleistungen Österreichs sind weiterhin nicht armutsfest. Einer Mindestpensionistin fehlen 170 Euro im Monat, um nicht mehr armutsgefährdet zu sein. Trotz jährlicher Anpassung der Mindestpension an die Inflation. Für Menschen in der Sozialhilfe oder Notstandshilfe sind es sogar knapp 400 Euro. Eine generelle Anhebung über die Armutsgrenze kostet im Jahr 4 Milliarden Euro. Klingt nach viel Geld, doch für alle Teuerungspakete in diesem Jahr gibt die Bundesregierung rund 10 Milliarden aus. Zumindest dieses Jahr wäre die Finanzierung also ein Klacks gewesen.

Ab nächstem Jahr soll auch die Höhe der Familienbeihilfe mit der Teuerung mitwachsen. Das ist ein richtiger Schritt, weil es der anhaltenden Entwertung einen Riegel vorschiebt. Doch der Wertverlust der letzten 20 Jahre bleibt bestehen. Seit damals hat die Familienbeihilfe knapp ein Drittel an Kaufkraft verloren entwertet. Dieser Wertverlust wird somit einzementiert. Besser wäre es also gewesen, vor der jährlichen Aufwertung einen kräftigen Ausgleich für die Verluste aus der Vergangenheit zu beschließen. Die alleinerziehende Mutter spürt den beim Kauf von Lebensmitteln und Kleidung für ihr Kind deutlich. Das Arbeitslosengeld hingegen wird weiterhin nicht an die Inflation angepasst. Wer vor einem Jahr arbeitslos wurde, kann sich heute durch Inflation und geringerer Notstandshilfe um 13% weniger leisten.

Die CO2-Steuer vor dem Abstellgleis?

Der Klimaschutz wird hintan gereiht. Die CO2-Steuer soll kommen, aber erst drei Monate später. Wirtschaftskammer, Industrie, und ÖVP drängen schon auf die nächste Verschiebung, kaum ist die erste Verschiebung gelungen. Dies ist klimapolitisch ein fatales Signal. Dabei ist die Belastung der Haushalte durch die CO2-Steuer ohnehin gering. Der durchschnittliche Haushalt spart sich durch die Verschiebung 5 Euro pro Kopf und Monat. Mittels Klimabonus bekommt aber jeder einzelne von uns 250 Euro im Jahr – viel mehr als genug, um die CO2-Steuer auszugleichen. Wenn die Wirtschaftspolitik in Zukunft die Klimapolitik weiterhin als lästiges, im Notfall zweitrangiges Problem ansieht, bleibt die Erreichung der Klimaziele in weiter Ferne. Der Wohlstandsverlust, der am Ende wartet, ist ein Vielfaches von dem, was wir momentan durch die Inflation erleben. Ein Beispiel: Der Schneeverlust in den Alpen wirkt sich schon auf unseren Nachbarn Italien aus. In Südtirol und der Po-Ebene wird die Obsternte wegen Wassermangels um ein Drittel zurückgehen.

Dauerhaft „Geld zurück“ nur an Besserverdiener und für große Unternehmen

Was bleibt von diesem Paket übrig, sobald das Jahr vorbei ist? Die dauerhaften Teile des Pakets kommen aber bei den Menschen mit mehr Geld an. Mit der Abschaffung der Kalten Progression bekommen künftig insbesondere Haushalte in den oberen zwei Drittel der Gesellschaft ihr Geld sofort zurück – anstatt etwas verspätet bei einer Steuerreform. Bei einer Inflationsrate von acht Prozent erhält ein Haushalt im unteren Einkommensbereich nächstes Jahr rund 50 EUR pro Kopf. Im obersten Bereich ist es das Neunfache, nämlich 450 EUR pro Kopf.

Auf Jahre hinaus fixiert wird auch eine Senkung der Löhne. Die Arbeitgeber müssen künftig weniger Beiträge zur Unfallversicherung leisten. Die Behandlung von Unfallopfern wird somit qualitativ schlechter werden. Es ist in diesem Zusammenhang wohl kein Zufall, dass Österreichs renommiertestes Reha-Zentrum – der Weiße Hof in Niederösterreich – planmäßig 2025 schließt. Auch zum Familienlastenausgleichsfonds tragen Arbeitgeber künftig weniger bei. Der finanziert die Familienbeihilfe. Springt künftig das allgemeine Staatsbudget ein, zahlen sich künftig die Arbeitnehmer selbst ihre Familienbeihilfe. Die klassische Umverteilung nach oben: Geld fließt weg von den Beschäftigten, hin zu den großen Unternehmen im Land. Denn gesenkt werden so die Abgaben für große Firmen mit vielen Mitarbeitern. Indirekt kommt das den Besitzern dieser großen Unternehmen zu gute. Wohl kaum die Bedürftigsten im Land.

Während untere Einkommensschichten nächstes Jahr also wieder um Einmalzahlungen betteln müssen, bekommen die Wohlhabenden erneut einen der Schlüssel zum Staatstresor für ihre persönliche Verwendung überreicht. Ärmere sind nächstes Jahr wieder vom Gutdünken der Regierung abhängig. Für reichere Haushalte wird ein Rechtsanspruch auf dauerhafte Entlastung verankert. Umgekehrt wäre besser.

 

Dieser Text erschien zunächst in der Momentum-Kolumne "Ausgerechnet" bei ZackZack.

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