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/ 6. Mai 2022

Energiekonzerne, wie die OMV oder der Verbund, verdienen am Ukraine Krieg, während für die Menschen im Land das Leben immer teurer wird. Mit Steuern auf die Krisengewinne könnten diese Gewinne an die Menschen zurückgegeben werden. 

Die Energiekosten steigen seit mehreren Monaten. Schon im Sommer 2021 lag der Gaspreis ungewöhnlich hoch, und auch die Treibstoffpreise sind nach einem Preistief während den ersten Monaten Corona-Pandemie wieder deutlich gestiegen. Während anfangs vor allem der Wirtschaftsaufschwung zu einer hohen Nachfrage und damit zu hohen Preisen geführt hat, treiben nun auch noch Unsicherheiten durch den Ukraine Krieg die Preise weiter in die Höhe. Mineralölkonzerne profitieren davon direkt. Die OMV konnte etwa ihre Gewinne vom vierten Quartal 2021 auf das erste Quartal 2022 um fast 40 Prozent erhöhen. Verglichen mit dem Durchschnittsgewinn der 24 davor liegenden Quartalen war der Gewinn im ersten Quartal 2022 sogar viermal so groß.

Die Bundeswettbewerbsbehörde prüft hier momentan sogar mögliche Gewinnabsprachen. Denn auffallend ist, dass sich Rohölpreise und Treibstoffpreise ungewöhnlich von einander entkoppelt haben. Das kann mehrere Gründe haben. So benötigt man für die Verarbeitung von Rohöl zu Treibstoffen etwa auch Gas, das momentan sehr teuer ist. Es ist aber auch möglich, dass Mineralölkonzerne schlicht ihre Gewinnspannen erhöht haben. 

Teures Gas – teurer Strom

Abgesehen von der Mineralölkonzernen machen aber auch Stromerzeuger große Gewinne. Der Verbund konnte im Jahr 2021 beispielsweise seinen Gewinn im Vergleich zum Jahr 2020 um ebenfalls fast 40 Prozent steigern. Die Umsätze gingen auch hier stark nach oben: Der Umsatz im viertel Quartal 2021 lag bei fast EUR 30 Mrd. Zum Vergleich: Im dritten Quartal lag er bei ca. EUR 0,9 Mrd. Der Grund: Die hohen Gaspreise übersetzen sich trotz erneuerbarer Energieerzeugung in höhere Strompreise. Der europäische Strommarkt wurde vor rund 20 Jahren liberalisiert und zusammengeführt. Bei Auktionen von elektrischer Energie gilt dabei das Merit-Order Prinzip. Das bedeutet, dass Strom prinzipiell immer von den günstigsten Kraftwerken geliefert wird. Der Preis für alle Stromlieferungen einer Auktion wird dabei vom teuersten liefernden Kraftwerk bestimmt. Wird wenig Energie benötigt, dann kann der Strombedarf meist von Wasser-, Wind- oder Photovoltaikkraftwerken gedeckt werden. Mit diesen Kraftwerken lässt sich Strom sehr günstig erzeugen. Kann sämtlicher Bedarf durch erneuerbare Stromerzeugung gedeckt werden, dann wird der Preis von einem Kraftwerk, das mit erneuerbaren Energieträgern Strom produziert festgelegt. Strom ist dann günstig. Im Moment ist es allerdings so, dass die erneuerbare Stromerzeugung nicht ausreicht und somit auf Gaskraftwerke zurückgegriffen werden muss. Der Strompreis wird dadurch von einem Gaskraftwerk festgelegt. Nachdem Stromerzeugung mit Gas im Moment aufgrund der hohen Gaspreise sehr teuer ist, ist auch die Stromerzeugung mit Gas sehr teuer, wodurch ein sehr hoher Strompreis gilt. Für Stromproduzenten, die mit erneuerbaren Energieträgern arbeiten, ist dieses Umfeld höchst profitabel. Denn die Stromerzeugungskosten sind für sie nach wie vor niedrig, während sie diesen günstig produzierten Strom sehr teuer verkaufen können. Das Ergebnis sind hohe Gewinne. Tatsächlich war dieser Mechanismus ursprünglich von den Planer:innen des europäischen Energiemarkts durchaus gewollt. Der Gedanke dahinter ist, dass die Stromerzeugung mit erneuerbaren Energieträgern attraktiv sein soll, um den Ausbau von erneuerbarer Stromproduktion zu fördern. Außerdem werden bei zunehmendem Ausbau von erneuerbarer Stromproduktion Gas- und Kohlekraftwerke mehr und mehr aus dem Markt gedrängt – klimapolitisch macht das Sinn. In der jetzigen Situation führt das aber dazu, dass die Gewinne von Stromproduzenten unverhältnismäßig hoch sind, während die hohen Strompreise die Inflation immer mehr befeuern und Regierungen immer mehr Geld in die Hand nehmen müssen, um Haushalte und Unternehmen bei den hohen Preisen zu unterstützen. 

Lösung: Preisdeckel oder Gewinnsteuer

Bei Stromerzeugung könnten die Gewinne schon abgeschöpft werden, bevor sie überhaupt entstehen, nämlich indem man einen Strompreisdeckel auf einen Grundbedarf an Strom einführt. Der Verbund würde somit weniger Umsatz machen, die Haushalte hätten weniger hohe Stromrechnungen. Dadurch, dass nur der Grundverbrauch einen Preisdeckel bekommt, bleibt außerdem ein Anreiz zum Energiesparen erhalten.

Die Alternative dazu ist, Gewinne über eine Sondersteuer der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Eine solche Steuer wäre nicht neu. Solche Sondersteuern gab es in der Vergangenheit schon häufiger - in Kriegs- und Friedenzeiten. In Großbritannien wurden Übergewinne ("Excess Profits") während dem 1. Weltkrieg mit zuerst 50 und dann sogar 80 % besteuert. In den USA betrug die Steuer zwischen 20 und 60 Prozent. Während dem 2. Weltkrieg wurden in den USA Übergewinne sogar mit bis zu 95 % besteuert. Auch Kanada, Frankreich oder Italien haben damals Kriegsgewinne besteuert. Definiert wurden Übergewinne dabei meist als Gewinne, die über den Vorkriegsgewinnen lagen – im Kanada des zweiten Weltkriegs beispielsweise, wenn sie über dem Durchschnitt von 1936-1939 lagen. In Friedenzeiten hatte Großbritannien schon 2x so eine Steuer. 1. Als sich die Regierung erfolgreich Einnahmen von zu billig privatisierten ehemaligen Staatsfirmen zurückholte. 2. Als die Hochzinspolitik 1981 zu riesigen Gewinnen bei Banken führte, während die Arbeitslosigkeit hochschnellte. In der heutigen Energiekrise als Folge des Krieges hat die EU-Kommission in ihrem „Werkzeugkasten“ den Nationalstaaten Optionen aufgezeigt, wie sie die Teuerung bewältigen können. Darunter war auch eine Steuer auf die Gewinne der Energiekonzerne. Dieser Empfehlung gefolgt sind bereits mehrere Länder. In Italien werden Übergewinne von großen Energieunternehmen mit 25 % besteuert werden. Übergewinne wieder definiert als Extra-Gewinne im Vergleich zu den Gewinnen vor der aktuellen Krise. 

 

Wäre so eine Sondersteuer nicht schlecht für Investitionen?

Ein anderer Name für Übergewinnsteuern sind „Glücksfall-“ bzw. „Zufallsgewinn-“ Steuern, aus dem englischen „Windfall“. Was meint das? Weil niemand in der Wirtschaft vorhersehen konnte, dass ein Krieg in der Ukraine kommt, ist es ein außergewöhnliches Ereignis. Dieses Ereignis wurde bei Investitionen nicht eingepreist – es wurden schließlich nicht extra in den letzten Jahren Wasserkraftwerke gebaut, um dann die Profite während dem Ukrainekrieg abzugreifen. Dementsprechend "belohnen" die derzeitigen hohen Gewinne auch keine "guten" Investitionen aus der Vergangenheit. Auch zukünftige Investitionsentscheidungen dürften kaum betroffen sein. Schließlich handelt es sich einerseits um eine Sondersteuer aufgrund einer außergewöhnlichen Entwicklung. Andererseits ist vollkommen klar, dass wir in Zukunft massenhaft erneuerbare Stromerzeugung brauchen und sich deshalb damit immer Geld verdienen lassen wird. Obendrein gibt es auch noch öffentliche Förderungen für den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung. Wichtig wäre aber in jedem Fall, die Gewinnsteuer nicht auf (teil-)staatliche Unternehmen zu beschränken, wie es etwa Bundeskanzler Karl Nehammer vorgeschlagen hat. Denn während bei teilstaatlichen Unternehmen jetzt schon ein Teil des Gewinns in der Form von Dividenden auf die staatlichen Beteiligungen an die öffentliche Hand zurückfließen, gehen bei privaten Unternehmen 100 der Gewinne in private Taschen und stehen so nicht der Allgemeinheit zur Verfügung. 

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